Man hat in der Familiengeschichte von Alice Weidel gegraben – und einen NS-belasteten Großvater gefunden. Grund genug für den Mainstream, eine neue Kampagne gegen die AfD-Chefin zu starten. Wie sie wirklich tickt, lesen Sie in unserer November-Ausgabe mit dem Titelthema „Alle gegen Eine – Wie Alice Weidel trotzdem Kanzler werden kann“. Mit 5-seitigem Exklusiv-Interview. Hier mehr erfahren.
Es rauscht im Blätterwald: Die Welt am Sonntag will herausgefunden haben, dass der Großvater von Alice Weidel, der Jurist Hans Weidel (1903–1985), im Dritten Reich nicht nur Mitläufer war, sondern Karriere gemacht hat. Der Spiegel fasst die Recherchen des Springer-Blattes zusammen:
„Der NSDAP war Hans Weidel 1932 beigetreten, kandidierte im März 1933 als Stadtverordneter und wurde laut der Recherchen ‚Fraktionsführer der NSDAP‘. Mitglied der SS war Weidel ausweislich von Dokumenten ab Januar 1933. Zugleich stieg er zum Kreisgruppenführer des Nationalsozialistischen Rechtswahrerbundes auf. Dieser verstand sich als ‚Hüter und Wahrer von völkischen Lebensgesetzen‘ und propagierte den ‚Kampf gegen das Judentum im Recht‘. Insgesamt gehörte Weidel zehn verschiedenen NS-Organisationen an.“
Seine Beförderung zum Oberstabsrichter im Jahr 1944 soll laut Welt am Sonntag über das Führerhauptquartier gelaufen sein, gezeichnet von Adolf Hitler höchstpersönlich. Dieser war oberster Gerichtsherr der Militärjustiz. Die ihm unterstellten Richter sollen laut Forschungsergebnissen der Historikerin Claudia Bade etwa 50.000 Todesurteile verhängt haben, von denen 20.000 auch vollstreckt worden seien.
Gegen Hans Weidel wurde laut den Recherchen zwar nach dem Zweiten Weltkrieg ermittelt – 1948 sowie 1977 und 1979 –, alle Verfahren seien jedoch im Sande verlaufen, heißt es in dem Bericht der Welt am Sonntag „Unstrittig ist indes“, schreibt das Blatt, „dass Weidel miterlebte, wie sein jüdischer Anwaltskollege Walther Zweig schikaniert und mit Berufsverbot belegt wurde“.
Und weiter: „Um dem KZ zu entgehen, flüchtete dieser 1938 mit seiner Familie ins Exil nach Afrika. Seine Tochter, Stefanie Zweig, wurde sehr viel später weltberühmt. Die Verfilmung ihres autobiografischen Bestsellers ‚Nirgendwo in Afrika‘ erhielt sogar einen Oscar.“
Weidel überrumpelt
Alice Weidel ließ gegenüber den Welt-Journalisten durch einen Sprecher erklären, sie habe von der Karriere ihres Großvaters im Dritten Reich nichts gewusst: „Aufgrund familiärer Dissonanzen, gab es weder Kontakt zum Großvater, der bereits im Jahr 1985 starb, noch war er Gesprächsthema in der Familie.“ Den Vorwurf, die AfD würde die NS-Zeit ausblenden oder verharmlosen, wies Weidel, die beim Tod ihres Opas sechs Jahre alt war, zurück.
Dies hielt die Springer-Journalisten nicht davon ab, auch Weidels Vater in die Sache hineinzuziehen. Auf der Website der Welt kann man lesen:
„Die Brückenfigur zwischen Opa und Enkelin ist ihr Vater: Gerhard Weidel. Im Januar 1939 in Oberschlesien geboren, mit sechs die Flucht nach Ostwestfalen. Dort kommen seine drei Kinder zur Welt. Dort gründet Alice Weidels Vater 1972 eine Handelsvertretung für Büromöbel. Um 2000 ziehen er und seine Frau ins idyllische Überlingen am Bodensee.
Der Vater ist nicht nur eine private Brückenfigur der Generationen, er ist auch eine politische. Wie seine Tochter wird Gerhard Weidel früh Mitglied der AfD, im Februar 2014, mit 75 Jahren, und übernimmt zeitweise den Vorsitz des Kreisverbandes Bodensee. Vater und Tochter treten für die AfD in Gasthäusern oder an Infoständen auf – die Tochter bereits als Mitglied des Bundesvorstands und Vorsitzende der Bundesprogrammkommission der Partei.“
Immerhin räumt die Welt am Sonntag ein: „Familiengeschichten wie diese gibt es viele in Deutschland.“ Oberlehrerhaft fährt sie dann aber fort: „Von Interesse ist der Umgang mit ihnen. Vor allem dann, wenn es sich um eine so exponierte Politikerin wie Alice Weidel handelt. Sie ist designierte Kanzlerkandidatin einer Partei, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft ist.“ Was das eine mit dem anderen zu tun haben soll, bleibt das Geheimnis der journalistischen Wühlmäuse.
Déjà-vu-Erlebnis
Die Kampagne gegen Weidel ähnelt jener gegen ihren Parteifreund Maximilian Krah im Mai dieses Jahres. Damals wurde der AfD-Politiker von der italienischen Tageszeitung La Repubblica gefragt: „Sie haben gesagt, die Deutschen sollten stolz auf ihre Vorfahren sein. Auch wenn es SS-Offiziere waren?“ Krah sagte daraufhin, es käme darauf an, was sie getan hätten. Doch der Reporter ließ nicht locker: „Die SS-Leute waren Kriegsverbrecher.“
Daraufhin sagte Krah Folgendes: „Man muss die Fehler individuell bewerten. Am Ende des Krieges gab es fast eine Million SS-Angehörige, auch Günter Grass war in der Waffen-SS. Die Verwandten meiner Frau waren Deutsche, die in Ungarn lebten. Sie hatten die Wahl, sich bei der ungarischen Armee oder bei der SS zu melden. Hätten sie sich als Deutsche zur ungarischen Armee gemeldet, so wussten sie aus dem Ersten Weltkrieg, wäre das ein Todesurteil gewesen.“
Und weiter: „Unter den 900.000 SS-Leuten waren auch viele Bauern: Es gab sicherlich einen hohen Prozentsatz an Kriminellen, aber nicht alle waren kriminell. Ich werde nie sagen, dass jeder, der eine SS-Uniform trug, automatisch ein Verbrecher war.“
Eine solche Aussage hatten vor Krah schon bundesdeutsche Größen wie Konrad Adenauer oder Franz Josef Strauß getätigt. Dennoch wurden anschließend Kübel voll Dreck über den damaligen AfD-Spitzenkandidaten zur Europawahl ausgeschüttet. Leider war damals auch die AfD-Bundesspitze um Alice Weidel und Tino Chrupalla nicht bereit, sich schützend vor ihren Parteifreund zu stellen. Er wurde später sogar von der Delegation der AfD im EU-Parlament ausgeschlossen und dann nicht in die Rechtsfraktion ESN aufgenommen.
Krahs Großvater
Zuvor war bereits bekannt geworden, dass der Großvater des AfD-Politikers, der Mediziner Dr. Martin Krah, im Dritten Reich hohe Funktionen innehatte. Er soll laut Recherchen von ZDF Frontal und dem Spiegel Mitglied der NS-Ärzteschaft sowie freiwillig für die Hitlerjugend tätig gewesen sein.
Außerdem brachten sie Maximilian Krahs Großvater in Verbindung mit der Reichspogromnacht 1938. Damals brannte in Martin Krahs schlesischem Wohnort Hindenburg (heute Zabrze) eine Synagoge. „Auch Mitglieder der NSDAP waren an dieser ‚Judenaktion‘ beteiligt“, so das ZDF – ohne freilich belegen zu können, dass Krahs Opa auch mitgemacht hätte.
Nun steht Alice Weidel im Zentrum einer Kampagne wegen ihres SS-Großvaters. Es bleibt zu hoffen, dass die AfD-Spitze sich diesmal schützend vor die Angegriffene stellt. Schließlich ist die 45-Jährige designierte Kanzlerkandidatin ihrer Partei für die Bundestagswahl 2025. Vielleicht sollte man mal in den Familiengeschichten der BRD-Journalisten und etablierten Politiker graben – da findet sich bestimmt auch so manche Nazi-Leiche im Keller.
Lassen Sie sich nicht beirren: Wie die AfD-Chefin wirklich tickt, lesen Sie in unserer November-Ausgabe mit dem Titelthema „Alle gegen Eine – Wie Alice Weidel trotzdem Kanzler werden kann“. Mit 5-seitigem Exklusiv-Interview! Hier bestellen.