Patriotischer Aufbruch oder Verfestigung der NATO-Ketten? COMPACT-Chefredakteur Jürgen Elsässer macht sich im Editorial der neuen Ausgabe Krieg gegen Deutschland: Von den Bomben auf Nord Stream bis zur atomaren Erpressung Gedanken über die rechten Wahlerfolge in Italien und Schweden. Das Heft kann hier bestellt werden.

    Die neuen Regierungen in Schweden und Italien stellen eine Zäsur in der politischen Nachkriegsgeschichte dar. Schweden beispielsweise galt spätestens ab dem Ende der sechziger Jahre mit der erstmaligen Regierungsübernahme durch den später bei einem Attentat ermordeten linken Sozialdemokraten Olof Palme als Hochburg des Linksliberalismus. Nirgendwo sonst wurde schon während des Kalten Krieges ein alle Lebensbereiche umfassender Wohlfahrtsstaat so massiv ausgebaut wie hier. Auch die Massenzuwanderung setzte hier früher ein als anderswo.

    Polit-Beben in Rom und Stockholm

    Noch vor zehn Jahren wäre es absolut undenkbar gewesen, dass eine irgendwie rechte oder patriotische Partei ansatzweise in der Lage dazu gewesen wäre, auch nur indirekt Einfluss auf die Regierungsbildung in Stockholm zu nehmen. Doch genau das ist nun in diesem Herbst geschehen: Die Schwedendemokraten, die vor 25 Jahren noch eine Splitterpartei waren, die im Null-Komma-Bereich herumdümpelte, erhielten bei den Wahlen vom 11. September dieses Jahres 20,54 Prozent und stiegen zur zweitstärksten politischen Kraft des Landes auf. Sie tolerieren nun die Regierung des rechtsbürgerlichen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson. Der Schwedendemokraten-Chef Jimmie Åkesson ist zum Königsmacher von Stockholm geworden.

    Jimmie Åkesson von den Schwedendemokraten (SD) bei einem Wahlkampfauftritt. Foto: Sune Grabbe | Shutterstock.com

    In Italien ereignete sich bei den Wahlen vom 25. September dieses Jahres sogar ein noch größeres Erdbeben. Die drei als „rechts“ eingestuften Parteien Fratelli d`Italia, Lega und Forza Italia kamen zusammen auf etwa 43 Prozent der Stimmen, das ist der größte Erfolg, den sogenannte rechtspopulistische Parteien überhaupt je nach dem Zweiten Weltkrieg bei einer Parlamentswahl in Europa erzielten. Neue Ministerpräsidentin ist Giorgia Meloni, deren Partei Fratelli d`Italia ihre Wurzeln in der 1946 gegründeten faschistischen Nachfolgepartei Movimento Sociale Italiano (MSI) hat.

    „An den Imperialismus verkauft“

    Ist dies nun der Auftakt zu einem europäischen Völkerfrühling? COMPACT-Chefredakteur Jürgen Elsässer meldet an dieser Theorie begründete Zweifel an. Im Editorial der brandneuen COMPACT-Ausgabe Krieg gegen Deutschland: Von den Bomben auf Nord Stream bis zur atomaren Erpressung schreibt er mit Blick auf Schwedendemokraten und Fratelli d`Italia:

    „Beide Parteien haben nämlich vor dem Triumph an der Wahlurne ihren Patriotismus verraten und sich an den amerikanischen Imperialismus verkauft – militärpolitisch sind sie von der grünsozialistischen Konkurrenz nicht mehr zu unterscheiden. Die Schwedendemokraten votierten im Sommer für den Beitritt ihres Landes zur NATO und stärkten damit den Aufmarsch des Militärpaktes gegen Russland. Meloni wurde im Februar 2021 Mitglied im Aspen-Institut, einem der wichtigsten Thinktanks der amerikanischen Neokonservativen. Im eskalierenden Ukraine-Konflikt machte sie Schluss mit der traditionellen Putin-Freundlichkeit der italienischen Rechten und stellte sich leidenschaftlich hinter das Kiewer Regime, unterstützt sogar die Lieferung schwerer Waffen. Selbstverständlich wird die von ihr geführte Regierung auch die Sanktionen gegen Moskau weiter mittragen.“

    Das Beispiel Franz Josef Strauß

    Ein zweifelsohne wichtiger Punkt, den der COMPACT-Chefredakteur hier anspricht. Dennoch bleibt abzuwarten, wie sich die neuen Regierungen in Rom und Stockholm in den nächsten Jahren machen werden. In Italien sind mit der Forza Italia und der Lega immerhin auch zwei russland-freundliche Parteien an der Regierung beteiligt. Es bleibt allerdings Fakt, dass sich sowohl Åkesson als auch Meloni klar gegen Putin ausgesprochen haben.

    Das liegt nicht zuletzt daran, dass die beiden Politiker Parteien angehören, die traditionell NATO-freundlich eingestellt sind. Gerade eine Giorgia Meloni wird als Regierungschefin aber auch weit über die Grenzen ihrer Parteiideologie hinausdenken müssen, wenn sie – was sie sicherlich anstrebt – als große Politikerin in die italienische Geschichte eingehen will.

    Eine Briefmarke aus dem Jahr 1995 mit dem Konterfei von Franz Josef Strauß. Foto: Olga Popva I Shutterstock.com.

    Erinnern wir uns: Ein Franz Josef Strauß galt schließlich auch als der strammste Kalte Krieger der alten Bundesrepublik. Später wurde der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef dann als erster deutscher Politiker vom chinesischen Staatschef Mao Ze Dong empfangen. 1987 steuerte er als Pilot seine Cessna eigenhändig nach Moskau, um dort den KPdSU-Generalsekretär Michail Gorbatschow zu treffen. Für eine von ihm eingeläutete Wende in der Ostpolitik blieb ihm dann allerdings wegen seines frühen Todes im Jahr 1988 keine Zeit mehr.

    Die Episode zeigt allerdings, dass man die Lebensleistung von Politikern erst nach dem Ende ihrer Karriere beurteilen kann. Auch Giorgia Meloni und Jimmie Åkesson könnten für positive Überraschungen gut sein. Enorm wichtig ist natürlich aus patriotischer Sicht, dass beide Politiker auf dem Feld der Innenpolitik die Massenzuwanderung beenden wollen. Giorgia Meloni hat beispielsweise schon angekündigt, die italienischen Häfen möglicherweise für Migrantenboote blockieren zu lassen.

    „Alles treibt auf einen Weltkrieg zu“

    COMPACT-Chefredakteur Jürgen Elsässer ist in der Einschätzung dieser Frage wesentlich pessimistischer. Er schreibt in seinem Editorial der brandneuen COMPACT-Ausgabe Krieg gegen Deutschland: Von den Bomben auf Nord Stream bis zur atomaren Erpressung:

    „Die gesamte Rechte hat sich in der Russland-Frage gespalten. (…) Alles treibt auf einen Weltkrieg zu. Kann sich die AfD dem Sog, der Meloni erfasst hat, entziehen?“

    Die Rechte also im Klammergriff eines „unüberwindbaren Antagonismus“ (Jürgen Elsässer), der dazu beiträgt, der Welt ein letztes nukleares Armageddon zu bescheren? Es kann auch wesentlich besser kommen, gerade dann, wenn sich die Realpolitiker in der neuen schwedischen und italienischen Regierung darauf besinnen, dass es ohne einen Ausgleich mit Russland weder wirtschaftliche Prosperität noch echte Sicherheit auch für ihre Nationen geben wird. Gerade Politiker, die der politischen Rechten zugeordnet werden, haben nämlich häufig ein feines Gespür für historische Chancen und geopolitische Konstellationen. Es ist gar nicht einmal so unwahrscheinlich, dass sie eines Tages die Avantgarde für eine Wiederversöhnung mit Russland bilden werden.

    Lesen Sie diese ganze Editorial von Jürgen Elsässer sowie die Beiträge über die Situation Deutschlands im Würgegriff der Westmächte  in der aktuellen COMPACT-Ausgabe Krieg gegen Deutschland: Von den Bomben auf Nord Stream bis zur atomaren Erpressung. Das Heft können Sie HIER oder durch das Anklicken des Banners unten bestellen.

    18 Kommentare

    1. jeder hasst die Antifa am

      Man kann nur hoffen das Salvini sich in dieser Regierung durch setzt und dem Schlepperunwesen den Garaus macht.

    2. Wolfgang Eggert am

      Die Nationalsozialisten unter Hitler hatten mit ihren Volkssozialistischen Präferierungen (die ein sozial-gesellschaftlicher Weg waren) mit Marxismus herzlich wenig zu tun, waren aber auch keine Freunde des RaffKapitalismus. Der Faschismus in der UA begründet sich weniger in der Abneigung gegen den Marxismus als vielmehr in Erfahrungen des Hungerholocausts, der keine Zwangsläufigkeit einer gescheiterten Wirtschaftsideologie sondern satanische Absicht war. Pinochet war, das ist diesmal richtig erkannt, blütenreich rechter US-Faschismus, der General war schließlich auch ohne Umwege von den Amerikanern eingesetzt und folgte den "Empfehlungen" der jxxxxxxxxx Chicago Boys. Peron folgte, auf Autarkie bauend, dem NS-Vorbild des dritten Wegs: "nicht Marx, nicht Yankees"

        • Wolfgang Eggert am

          das ist eine erwiderung auf den weiter unten befindlichen kommentar von martin (dort war er auch vor seiner freischaltung platziert) ua ist das kürzel für die ukraine

    3. Gut so, dass es auch bei COMPACT etwas unterschiedliche Ansichten zu manchen Themen gibt, wenn auch nicht im Grundsätzlichen. Die von JE beschriebene Situation kann man zwar durchaus als eine gelungene Momentaufnahme bezeichnen. Aber wie wird sich die Sache weiter entwickeln? Auch der kalte Krieger F.-J. S. hatte hatte letztlich einen ganz guten Draht nach Moskau und Ostberlin. Ich denke hier auch an seinen späteren Nachfolger Södolf, der zunächst im K(r)ampf gegen Corona markige Töne anschlug, jetzt aber meint, man solle doch zur Normalität zurückkehren und sich dabei auch nicht von dem Gemecker Karl Klabauterbachs beirren lassen.

      Auch Populismus hat letztlich etwas mit Realismus zu tun. Man kann nur hoffen, dass letterer schlielich die Oberhand gewinnt.

    4. Hilfeeee! Oberflächlich – rational ist diese Besessenheit ja nicht zu erklären. Wahrscheinlich ist JE die Wiedergeburt eines Stalingrad-Kämpfers. ( Ob auf deutscher oder russischer Seite ist egal . Auch für die Russen war es kein Honigschlecken. Sie siegten zwar , verloren aber doppelt so viele Soldaten wie die Deutschen .) Wie sonst kann jemand , der lange nach dem Krieg geboren wurde , traumatisch fixiert immer wieder predigen "Versöhnung mit Russland", "Ausgleich m.R.", "nie wieder gegeneinander hetzen [ !] lassen….. " u.Ä. Manno, wenn die Russen bleiben ,wo sie sind, gibt es gar kein Problem.

    5. Bodhisatta969 am

      Nein Herr Elsässer, sie haben nicht ihren Patriotismus verraten. Die europäische Rechte hat eben erkannt, dass man mit der Unterstützung Russlands keine Stimmen gewinnen kann. Sie tun das Beste für ihr eigenes Land. Mir hingegen geht die Ukraine so wie Russland am ….vorbei. Mit dieser "Nazipropaganda" und "Faschistenpropaganda" der Russen macht man sich eben keine Freunde. So wie der GEZ Mainstream ukrainische Propaganda verbreitet, verbreitet Compact russische Propaganda. Kann man beide nicht mehr ernst nehmen. Ein "Riesenreich" wie Russland kann nicht einmal ein Land wie die Ukraine besiegen. Der Ausgang dieses Krieges ist völlig offen.

      • "Ein "Riesenreich" wie Russland kann nicht einmal ein Land wie die Ukraine besiegen".
        Die Ukraine wäre längs platt, wenn die USA und andere NATO- Mitgliedstaaten (und Nichtmitgliedstaaten) die Ukraine , nicht massivst mit Waffen un Geld unterstützen würden. Von vielen Söldnern und anderen Kombattanten mal ganz abgesehen.Die USA führt in der Ukraine einen Stellvertreterkrieg, der von langer Hand geplant,vorbereitet und eingefädelt wurde.Selensky als inszenierter Freiheitskämpfer , könnte auch Hollywood entsprungen sein. Kriege zu inszenieren und als Befreiung um zu deuten, war schon immer eine Spezialität der USA um ureigenste Interessen durch zu setzen.

        • Ändert nichts daran, daß dein Heimatland in der Ukraine eine erbärmliche Vorstellung gibt, selbst dann , wenn die Ukrainer bis an die Haarspitzen mit modernsten Waffen vollgepumpt wären. Was sie nicht sind, weil diese Waffen nirgends in ausreichender Anzahl existieren.

      • COMPACT: Okay, Sie sind ab heute der alte/neue Troll hier. Dann wissen Sie ja, dass Ihre Meinungsfreiheit sich auf politische Meinungsäußerung, nicht aber auf Rumpöbeln bezieht.

        • Fischer's Fritz am

          @ COMPACT
          Sonderbar. Ich kann in dem vorstehenden Kommentar von Irlmaier weder eine "Troll"-Eigenschaft noch irgendeine Pöbelei herauslesen. Aber vielleicht bin ich in Ihrer Wahrnehmung auch nur ein Troll und gelegentlicher Pöbler?

      • Die Russen sind ein gutes Stück näher an der Gerechtigkeit und Wahrheit dran als der gesamte Westen! In der Ukraine hat man die russische Sprache und die russische Kultur verboten, was man sehr wohl als "nationalsozialistisch" und rechtsextrem deuten kann. Man will offensichtlich die Russen in der Ukraine aussortieren oder dazu zwingen lupenreine Ukrainer zu werden. Wenn die Ukraine besiegt werden soll, dann müssen die Russen rücksichtsloser vorgehen und sehr viele zivile Opfer in Kauf nehmen. Es macht den Eindruck als wolle Rußland sich nur mit den Ostgebieten der Ukraine begnügen. In den westlichen Medien gab es keinen Aufschrei, wie gegen den Irak oder Libyen vorgegangen wurde. Aber was die Ukraine betrifft, werden die Medien nicht still bleiben das Gemetzel in der Ukraine nach einem Sieg der Russen ewig in Erinnerung zu bringen.

      • Russland könnte die Ukraine in wenigen Tagen besiegen, auch ohne Atomwaffeneinsatz, aber um den Preis entsetzlicher, völliger Zerstörung der gesamten Infrastruktur. Das ist aber nicht im russischen Interesse.

    6. Wolfgang Eggert am

      Ein gelungener "Ja, aber-Beitrag". Der italienische Faschismus kann von Deutsch-Empfindenden, selbst wenn sich diese noch so sehr rechtsaussen positionieren, nicht problemlos begrüßt werden, wegen der bekannten Übergriffigkeiten in Südtirol. Zudem haben auch "deutsche Faschisten" zu bedenken, daß ihre Bewegung historisch mit und für Angloamerika Kriege besorgt hat, diese mögen begründet und gerecht gewesen sein, sie mögen vermeintlich unwiderbringliche Chancen im Gepäck gehabt haben, aber die führten durch den Verrat der Förderer in die Katastrophe, in welcher die Feindbilder der nationalen Sozialisten sich dann bereichern konnten. Das wird auch diesmal so sein. Schlimmer noch als beim letzten Mal

      • Bodhisatta969 am

        Ist ja auch logisch, dass italienische Faschisten Südtirol nicht einfach hergeben. Und dass die Nationalsozialisten von irgendwem auf höherer politischer Ebene aus dem Ausland gefördert wurden, halte ich für eine "Verschwörungstheorie".

      • Der italienische Faschismus kann von Rechten, nicht nur auf Deutsche beschränkt, nicht begrüßt werden, da er seine weltanschaulichen Wurzeln, genau wie der deutsche NS, im Sozialismus hat. Faschismus von rechts erleben wir in der UA, welcher seinen Ursprung in der tiefen Abneigung gegen den Bolschewismus hat. Er verwendet nur die gleichen Symbole. Faschismus rechter Prägung gab es in Chile und Argentinien (Pinochet, Peron), sowie in Japan.

        • Wolfgang Eggert am

          Das ist eine ANTWORT an MARTIN. Bitte HIER stehen lassen
          Die Nationalsozialisten unter Hitler hatten mit ihren Volkssozialistischen Präferierungen (die ein sozial-gesellschaftlicher Weg waren) mit Marxismus herzlich wenig zu tun, waren aber auch keine Freunde des RaffKapitalismus. Der Faschismus in der UA begründet sich weniger in der Abneigung gegen den Marxismus als vielmehr in Erfahrungen des Hungerholocausts, der keine Zwangsläufigkeit einer gescheiterten Wirtschaftsideologie sondern satanische Absicht war. Pinochet war, das ist diesmal richtig erkannt, blütenreich rechter US-Faschismus, der General war schließlich auch ohne Umwege von den Amerikanern eingesetzt und folgte den "Empfehlungen" der jxxxxxxxxx Chicago Boys. Peron folgte, auf Autarkie bauend, dem NS-Vorbild des dritten Wegs: "nicht Marx, nicht Yankees"