Der Sarrazin-Parteiausschluss ist nicht zuletzt Ausdruck eines jahrzehntelangen Linksrucks der SPD. Kaum einer der Politiker, die die Sozialdemokraten in den Nachkriegsjahrzehnten prägten, hätte heute noch Platz in der einstigen Arbeiterpartei. Auch im aktuellen Parteiausschlussverfahren wurde Sarrazin einmal mehr mit dem Rassismusvorwurf überzogen. In seinem neuesten Buch Die Dekonstruktion der Rasse klärt der Anthropologe Andreas Vonderach darüber auf, wie die hochgradig ideologisierten Sozialwissenschaften zunehmend einen Kampf gegen die Naturwissenschaft führen. HIER bestellen!

    Der SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hatte gestern seinen großen Tag. Triumphierend verkündete er, dass das von der SPD schon seit mehr als einem Jahrzehnt angestrebte Ausschlussverfahren gegen Thilo Sarrazin nun endlich erfolgreich war. „Das Kapitel Thilo Sarrazin ist für uns beendet. Er wird künftig seine rassistischen, seine antimuslimischen Thesen nicht mehr unter dem Deckmantel einer SPD-Mitgliedschaft verbreiten können“, ließ der SPD-General wissen.

    Große Aufregung über die Kopftuchmädchen

    Schon 2009 hatte es ein erstes Ausschlussverfahren gegen Sarrazin gegeben, nachdem der damalige Bundesbank-Vorstand in einem Interview mit der Zeitschrift Lettre International von „Kopftuchmädchen“ gesprochen hatte. Ein Jahr später, nach dem Erscheinen von Thilo Sarrazins Buch Deutschland schafft sich ab, richtete der SPD-Parteivorstand sogar einen eigenen Arbeitsstab ein, um den früheren Berliner Finanzsenator aus der Partei herauszubekommen. Diesmal störte man sich an bestimmten bevölkerungspolitischen Thesen des Autors, die als „rassistisch“ eingestuft wurden.

    In dem parteiinternen Verfahren wurde Sarrazin von dem ehemaligen Hamburger Ersten Bürgermeister Klaus von Dohnany verteidigt. Es endete mit einer Einstellung, nachdem Sarrazin erklärt hatte, dass es „insbesondere nicht meiner Überzeugung , Chancengleichheit durch selektive Förderungs- und Bildungspolitik zu gefährden; alle Kinder sind als Menschen gleich viel wert“.

    Auf Sarrazin soll Palmer folgen

    Die SPD-Parteilinke schäumte damals wegen des Ausgangs des zweiten Verfahrens und gab zu erkennen, dass damit das letzte Wort für sie noch nicht gesprochen sei. Diese Gruppe darf sich nach dem gestrigen Tag nun bestätigt fühlen. Bemerkenswert war sicherlich, dass sich das dritte Verfahren ausschließlich auf Thesen Sarrazins aus dessen 2018 erschienenen Buch Feindliche Übernahme: Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht stützte, die vom SPD-Parteivorstand einmal mehr als rassistisch bewertet wurden. Sarrazin beklagte hingegen, dass man ihm in dem Verfahren kein einziges konkretes Zitat aus dem Buch habe nennen können, das als falsch oder rassistisch einstufbar gewesen wäre (nach der Werbung weiterlesen).

    Kaum war gestern die Nachricht über den SPD-Parteiausschluss von Thilo Sarrazin über den Ticker gelaufen, da kam die Forderung auf, nun auch Boris Palmer aus den Grünen auszuschließen. Palmer, seit zwölf Jahren Oberbürgermeister von Tübingen, zeigt in seinem neuen Buch anhand vieler konkreter Beispiele – von Umweltpolitik bis Wohnungsbau, von Verkehrsplanung bis Integration, von innerer Sicherheit bis zur Schaffung von Arbeitsplätzen – wieso in der Politik heute so oft das Wunschdenken regiert, nicht die Analyse der Fakten. Zugleich bietet er Vorschläge, wie die Wirklichkeit wieder zur Grundlage politischen Handelns werden kann. HIER bestellen oder zum bestellen auf das Banner unten klicken!

    Außerdem warf der frühere Berliner Finanzsenator den Richtern vor, dass sie voreingenommen gewesen wären. Deshalb will Sarrazin nun den Rechtsweg beschreiten und notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen – hier drängt sich der Vergleich mit dem früheren AfD-Politiker Andreas Kalbitz auf. Bezeichnend war auch, dass nach dem zumindest parteischiedsgerichtlich erfolgreichen Ausschluss Sarrazins aus der SPD sofort ähnliche Stimmen mit Blick auf Boris Palmers Grünen-Mitgliedschaft laut wurden.

    Ist diese SPD den Gang vor das Gericht wert?

    Der gestrige Tag bestätigte im Grunde genommen aber nur, was man ohnehin schon wusste: In der heutigen SPD hätte auch ein Politiker wie Helmut Schmidt, der 1981 noch die Auffassung äußerte, dass Deutschland nicht mehr Ausländer verdauen könne, weil es sonst „Mord und Totschlag“ gebe und der die multikulturelle Gesellschaft als „Illusion von Intellektuellen“ bezeichnete, keinen Platz mehr. Thilo Sarrazin sollte sich überlegen, ob er wirklich den Rechtsweg beschreiten möchte oder ob der Ausschluss aus dieser SPD nicht eher ein Ruhmesblatt darstellt.

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