Rudolf Steiner wird oft als entrückter Intellektueller und Esoteriker abgetan. Dabei war der Begründer der Anthroposophie alles andere als ein weltfremder Spinner. Gerade seine sozialreformerischen Ideen sind ein wahrer Fundus für die Opposition: Er wollte die Parteienherrschaft brechen und lehnte jegliche Einschränkung der Geistesfreiheit ab. Weiterführend empfehlen wir das Buch Faszination Rudolf Steiner an. Eine Einführung in sein Leben und Werk. Hier mehr erfahren.
Mit Rudolf Steiner ist es so wie mit Friedrich Nietzsche: An ihm scheiden sich die Geister. Befürworter und Gegner stehen sich oft unversöhnlich gegenüber. Das hat im Fall von Steiner seit Beginn der Corona-Krise noch einmal an Fahrt aufgenommen. Doch woran liegt das?
Vor allem daran, dass sich unter Steiners Anhängern überproportional viele Impfskeptiker, Maßnahmenkritiker und angebliche Verschwörungstheoretiker finden. Im Querdenker-Lager sind Anthroposophen eine feste Größe – die Corona-kritische Partei Die Basis hat Steiners Modell der sozialen Dreigliederung sogar in ihr Rahmenprogramm aufgenommen. Tatsächlich können sich heutzutage vor allem Oppositionelle auf seine Gedanken berufen.
Auch in der deutschsprachigen Wikipedia tobt ein Kampf um die Steiner-Deutungshoheit. Linksliberale und „Anti-Schwurbler“ agieren dabei oft ziemlich billig und bezweifeln, dass man Steiner, den Peter Sloterdijk den „größten mündlichen Philosophen des 20. Jahrhunderts“ nannte, überhaupt als solchen bezeichnen könne. Schließlich fehlten ihm dazu die entsprechenden akademischen Weihen.
„Jesus Christus des kleinen Mannes“
Tatsächlich war Steiner von Hause aus Naturwissenschaftler. An der Technischen Hochschule in Wien studierte er Ende des 19. Jahrhunderts Mathematik, Chemie, Physik, Geologie und noch ein paar andere Nebenfächer. Später edierte er die naturwissenschaftlichen Schriften Goethes, die sein Denken maßgeblich beeinflussten.
Und doch sind etwa Steiners „Philosophie der Freiheit“ (1894) und viele andere Schriften und Aufsätze durchaus Werke, die den österreichischen Universalgelehrten (er beschäftigte sich auch sachkundig mit Pädagogik, Architektur, Landwirtschaft und allerlei anderen Disziplinen) als Philosophen auszeichnen.
Steiner war aber nicht nur Intellektueller, der am Schreibtisch Ideen ausbrütete. Er war auch Praktiker und trieb viele Entwicklungen aktiv voran. Der „Jesus Christus des kleinen Mannes“, wie Kurt Tucholsky Steiner spöttisch nannte, war schließlich auch ein leidenschaftlicher Sozialreformer – und gerade hier wird das systemoppositionelle Potenzial seiner Lehre deutlich.
Organische Ordnung
Im Zentrum von Steiners Reformansatz steht das Konzept der sogenannten Dreigliederung des sozialen Organismus. Der Vater der Anthroposophie lehnte den mechanischen „Einheitsstaat“ ab und befürwortete eine organische Ordnung aus drei voneinander getrennten Elementen: Rechtsleben (inklusive Politik), Wirtschaftsleben (Produktion, Handel und Konsum) sowie Geistesleben (inklusive Bildungswesen, Kultur und Religion).
Die Prinzipien der Französischen Revolution „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ betrachtete er grundsätzlich als richtig, betonte jedoch, dass jeder dieser Werte nur in einem der drei Bereiche der sozialen Ordnung Anwendung finden dürfe, da der „soziale Organismus“ ansonsten erkranke.
Den Begriff der Freiheit ordnete Steiner dem Geistesleben zu, den Begriff der Gleichheit dem Rechtsleben und den Begriff der Brüderlichkeit dem Wirtschaftsleben. Jedes dieser drei sozialen Glieder solle, so Steiner, „in sich zentralisiert sein; und durch ihr lebendiges Nebeneinander- und Zusammenwirken kann erst die Einheit des sozialen Gesamtorganismus entstehen“.
Brechung der Parteienherrschaft
Soll heißen: Gleichheit könne es nur vor dem Gesetz geben, aber nicht in der Wirtschaft oder der Bildung. Freiheit sei das oberste Prinzip im Geistesleben, im Wirtschafts- oder Rechtsleben aber fehl am Platze. Und Brüderlichkeit müsse in der Wirtschaft herrschen, nicht jedoch in Politik oder Wissenschaft. Das wäre weder Kapitalismus noch Sozialismus, sondern ein dritter Weg, der sich – darauf legte Steiner großen Wert – geistesgeschichtlich am deutschen Idealismus orientieren soll.
Mit diesem Modell wollte Steiner für eine Entflechtung der gesellschaftlichen Bereiche sorgen, mit der es in der Tat die Wucherungs- und Verfilzungserscheinungen des heutigen politischen Systems gar nicht gäbe: Keine politische Indoktrination an Schulen, keine juristischen Schranken in der Wissenschaft, kein Einfluss der Politik auf Wirtschaftsunternehmen (und andersherum!).
Keine Auftragsforschung für Konzerne, keine Gleichmacherei im Bildungswesen, kein Gender Mainstreaming, keine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit, keine Politiker in Aufsichtsräten, keine staatlich subventionierten Energien, keine Masseneinwanderung unter dem Vorwand des „Fachkräftemangels“ – und keine politische Klasse, die sich den Staat zur Beute machen kann.
Genau diese – im besten Sinne – alternativen Ideen Steiners sind es, die schon zu seiner Zeit von den Herrschenden als Gefährdung ihrer Macht, ihrer Pfründen und ihres Einflusses angesehen wurden. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Die in der Corona-Krise aufgeflammte Debatte über Rudolf Steiner und seine Lehre zeigt, dass Denken und Wirken des berühmten Begründers der Anthroposophie aktueller denn je sind. Für viele Querdenker, Impf-Kritiker, Patrioten und Gegner des Great Reset ist Steiner ein Leitstern.
Der Anthroposoph und Akademie-Leiter Axel Burkart führt mit seinem Buch Faszination Rudolf Steiner in die Ideen und das Werk des Universalgelehrten ein und erklärt auch für Laien verständlich dessen Weltbild. Biografisches Hintergrundwissen und Bezüge zum Zeitgeschehen machen die Schriften Steiners nachvollziehbar und eröffnen ein faszinierendes Gedankengebilde, das unser Leben bis heute beeinflusst.
Wer verstehen will, warum der Mainstream so sehr gegen Steiner und seine Anhänger hetzt, muss dieses Buch gelesen haben. Hier bestellen.