Mit einer großen Wahlrechtsreform wollte die Ampel den Bundestag verkleinern, sowie die Wahlabläufe fairer gestalten. Zwar flog dem eilig – und ohne Einbindung der Opposition – verabschiedeten Gesetz bereits ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes um die Ohren, mit dem die Grundmandatsklausel wieder in Kraft gesetzt wurde, doch ansonsten hat das neue Wahlgesetz bestand. Erstmals könnte sich eine kuriose Situation ereignen: Großstädte in den östlichen Bundesländern und in Bayern werden möglicherweise nicht mehr durch die Gewinner der Direktwahlkreise im Bundestag vertreten sein. In COMPACT-Spezial „Die Altparteien – Wie sie uns belügen und betrügen“ geben wir einen Ausblick auf die Bundestagswahl und zeigen, wie das Parteienkartell um seine Macht kämpft. Hier mehr erfahren.

    Wer einen Wahlkreis als Direktkandidat gewinnt, sollte eigentlich sicher in den Bundestag einziehen – dieser Grundsatz galt über viele Jahrzehnte. Doch nachdem der Bundestag durch Überhang- und Ausgleichsmandate immer größerer wurde, erfolgte im neuen Wahlgesetz eine Korrektur und schon jetzt steht damit fest, dass der neue Bundestag nur noch aus 630 Abgeordneten bestehen wird. Überhangmandate, bei denen eine Partei mehr Direktwahlkreise gewonnen hat, als ihr über die jeweilige Landesliste über das Zweitstimmenergebnis der Partei Sitze zugestanden hätten, gibt es nicht mehr. Und auch keine Ausgleichsmandate, mit denen die prozentuale Relation, die durch zu viel gewonnene Überhangmandate einer Partei entstanden ist, ausgeglichen wurde. Zukünftig zählt für die Sitzbemessung ausschließlich das Zweitstimmenergebnis der Partei im jeweiligen Bundesland. Das klingt zunächst unspektakulär, doch beim zweiten Blick wird deutlich: Durch das neue Wahlgesetz werden einige Regionen, vor allem Großstädte, stark benachteiligt. Betroffen sind davon die östlichen Bundesländer (ohne Berlin), in denen sich ein flächendeckender AfD-Sieg bei den Direktwahlkreisen abzeichnet, sowie Bayern, wo die CSU fast alle Direktwahlkreise gewinnen dürfte.

    Für die Reihenfolge des Bundestagseinzugs zählt das Prozentergebnis im Wahlkreis

    Wenn eine Partei somit durch flächendeckende Siege in den Direktwahlkreisen mehr Mandate gewinnt, als ihr über die Zweitstimme zustehen, fallen Sitze weg. Sprich: Obwohl ein Direktwahlkreis gewonnen wird, ziehen nicht alle Wahlkreissieger sicher ein. Für die Reihenfolge ist das prozentuale Ergebnis im jeweiligen Kreis relevant – wer beispielsweise seinen Wahlkreis mit 45 % gewinnt, dürfte das Ticket nach Berlin sicher gebucht haben, wer jedoch mit 22 % in einer umkämpften Region nur knapp vorne liegt, geht wahrscheinlich leer aus. Gerade die Großstädte, in denen es oft mehr Kandidaten und intensivere Wahlkämpfe gibt, werden in aller Regel nicht mit astronomischen Ergebnissen gewonnen, sondern knapp. Bei der vergangenen Bundestagswahl reichten in einzelnen Großstadt-Wahlkreisen sogar Ergebnisse knapp unter 20 %. Die Folge ist jedoch, dass ein Großstadt-Wahlkreissieger, der für den Erfolg vermutlich hart arbeiten musste, am Ende nicht nach Berlin kommen wird, da die Landesliste der Partei in der Konstellation flächendeckend gewonnener Direktwahlkreise ebenfalls nicht greifen wird.

    Für die meisten Bundesländern im Westen der Republik dürfte das Problem dagegen nicht relevant sein: Hier gewinnt nicht eine Partei flächendeckend, sondern die Direktwahlkreise verteilen sich (nach aktuellen Umfragen vor allem auf CDU und SPD) auf mehrere Parteien, so dass weniger Direktmandate gewonnen würden, als der Partei über ihr Zweitstimmenergebnis zustünden. Dann würde jeder Wahlkreis, auch wenn er nur hauchdünn und mit niedrigem Ergebnis gewonnen wird, in diesem Bundesland regulär einziehen. Grundsätzlich stellt sich jedoch die Frage, ob das neue Wahlgesetz wirklich durchdacht ist oder der neue Bundestag hier zur Korrektur schreiten sollte.

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