Die EU-Kommission hat ein Verfahren gegen die Plattform X wegen «Verbreitung illegaler Inhalte» eröffnet. Doch Eigentümer Elon Musk zeigt sich davon unbeeindruckt und präsentiert sich weiter als Retter der freien Rede – und der Menschheit. Das ist auch die Quintessenz der neuen Musk-Biografie von Walter Isaacson. Die Buchsensation des Jahres! Hier mehr erfahren.

    Im September 2018 saß der reichste Mann der Welt in der Show des Podcasters Joe Rogan und lieferte dort ein denkwürdiges Schauspiel. Mit schiefem Grinsen zog Elon Musk an einem zuvor von dem Moderator gedrehten Joint. Eingehüllt in eine Marihuana-Rauchwolke unterhielten sich die beiden über die These, dass Menschen unwissentlich Avatare in der Videospiel-Simulation einer höheren Intelligenz sein könnten. Dabei hatte der Tech-Milliardär die Einladung eigentlich angenommen, um die Zweifel an seiner psychischen Stabilität zu zerstreuen – und nicht, um diese noch zu vergrößern.

    Kurz zuvor hatte Musk der New York Times ein offenherziges Interview gegeben, das Fragen nach seinem gesundheitlichen Zustand aufwarf. Der Technik-Visionär berichtete darin, dass er 120 Stunden in der Woche arbeite und seit dem Jahr 2001 nie Urlaub gemacht habe. Ruhe finde er nur noch mithilfe des Schlafmittels Ambien, das er mit Rotwein mixe. Während des Gesprächs, so berichtete die Zeitung, seien dem Entrepreneur mehrfach die Tränen gekommen. Walter Isaacson, Autor von «Elon Musk. Die Biografie», stellt dazu fest, sein Protagonist habe zu dieser Zeit einen «Fallout», also einen Absturz, erlitten.

    Auf dem Weg in den Orbit: Start einer Falcon-Rakete von SpaceX vom US-Weltraumbahnhof Cape Canaveral im Juli 2023. Foto: imago/USA TODAY Network

    Prometheus unserer Zeit

    Kein Wunder. Der gebürtige Südafrikaner mutet sich ein Schaffenspensum zu, das man nur als übermenschlich bezeichnen kann – und verändert die Welt in einem Ausmaß wie kein anderer. Er leitet mit XAI und Neuralink die beiden ambitioniertesten KI-Firmen der Gegenwart und will mit dem Hyperloop ein Verkehrssystem schaffen, bei dem sich die Passagiere fast mit Schallgeschwindigkeit unter der Erde bewegen.

    Musk hat aus der versponnenen E-Auto-Firma Tesla den mit Abstand wertvollsten Fahrzeughersteller der Welt gemacht. Und als «Raketen-Papa» (Bild) schuf er mit SpaceX ein kommerzielles Raumfahrtunternehmen komplett neuer Art. Dessen Starlink-System dominiert schon jetzt nicht nur das orbitale Internet, sondern wäre auch dazu in der Lage, einen Weltkrieg zu entscheiden. Dabei wurde dieses gigantische Satellitenheer nur als Nebenprodukt eines Konzerns geschaffen, dessen eigentliches Ziel darin besteht, Menschen zum Mars zu bringen.

    Seit der Twitter-Übernahme besitzt das Universalgenie auch noch eine der global größten Social-Media-Plattformen, auf der er den Grundsatz der freien Meinungsäußerung wiederherstellen will. Und als wäre das alles nicht schon aufreibend genug, betätigt sich der Unternehmer, wie es sein Isaacson in «Elon Musk. Die Biografie» ausdrückt, auch noch als «Frankenstein Junior» und erschafft mit dem Optimus gerade den ersten menschenähnlichen Roboter der Welt. «Habt ihr gedacht, ich könnte ein gechillter, normaler Typ sein?», fragte er im Sommer 2021 als Gastmoderator der NBC-Comedyshow Saturday Night Life.

    Die Lektüre der neuen Musk-Biografie macht vor allem eines klar: Der 52-Jährige ist nicht zu vergleichen mit anderen Silicon-Valley-Größen wie Bill Gates oder Steve Jobs, die Produkte entwickelten, die das Leben der Leute bequemer machen sollten. Der SpaceX-Gründer will vielmehr eine neue Stufe der Evolution einleiten und die Menschheit zu dem Status einer interplanetaren Spezies katapultieren. Genie oder Wahnsinniger?

    Wunderkind und Workaholic

    Schon in der Kindheit zeigte sich Musks außergewöhnlicher Charakter. Geboren wird er am 28. Juni 1971 in der südafrikanischen Hauptstadt Pretoria als erstes von drei Kindern eines Maschinenbauingenieurs und eines aus Kanada stammenden Models. Mit zwölf Jahren schließt er sein erstes erfolgreiches Geschäft ab, indem er das Videospiel Blastar programmiert und es für rund 500 Dollar an ein Unternehmen verkauft.

    Ein Jahr später beschäftigt er sich schon mit Schopenhauer, Heidegger und Nietzsche. Vor allem aber prägen ihn drei der legendärsten Science-Fiction-Autoren. Er verschlingt den Roman The Moon Is a Harsh Mistress von Robert A. Heinlein. Es geht um eine Strafkolonie auf dem Mond, die von einem mit Ironie und Bewusstsein ausgestatteten Super-Computer namens Mike beherrscht wird.

    Zu viel Meinungsfreiheit: Die EU-Kommission hat die vormals Twitter genannte Plattform X auf dem Kieker, droht sogar mit Abschaltung. Foto: imago/NurPhoto

    Eine Offenbarung ist für ihn zudem die Foundation-Trilogie von Isaac Asimov. In der Geschichte werden unter anderem die fundamentalen Gesetze der Robotik aufgestellt. Sie sollen dafür sorgen, dass die Maschinen sich nicht gegen die Menschen wenden können. Douglas Adams‘ Sci-Fi-Groteske Per Anhalter durch die Galaxis, in der die Erde für den Bau einer intergalaktischen Umgehungsstraße abgerissen wird, facht seine Ängste vor dem Ende der Menschheit und ihres Heimatplaneten weiter an. Dieses apokalyptische Grundgefühl ist bis heute sein wichtigster Antrieb geblieben und löst permanent ein «zwanghaftes Zur-Rettung-Eilen» aus, wie Isaacson es formuliert.

    Der junge Elon ist eine Leseratte, die ganze Einträge in der Encyclopædia Britannica seines Vaters auswendig lernt. Gleichzeitig wird er im Südafrika der Achtziger gezwungenermaßen zu einem Straßenkämpfer. Es ist diese doppelte Prägung seiner Persönlichkeit, die später maßgeblich zu seinem Erfolg als Unternehmer beitragen, ihm aber auch den Ruf der Empathielosigkeit einbringen soll – eine Fehleinschätzung.

    Und da ist sein Vater Errol, zu dem der Sohn zwei Jahre nach der Scheidung der Eltern 1979 zieht. Der Patriarch verhält sich abwechselnd großzügig und grausam zu seinem Filius. Als dieser einmal so heftig auf dem Schulhof verprügelt wird, dass er mehrere Tage im Krankenhaus verbringen muss, wird er nach der Entlassung von seinem Dad nicht etwa getröstet, sondern bekommt eine Standpauke, wie Isaacson in «Elon Musk. Die Biografie» berichtet.

    Gute Kumpels: Elon Musk und Kanye West am 1. Juli 2020 in Manhattan. Foto: Twitter/Screenshot/@kanyewest

    Elons Umzug zu den kanadischen Verwandten seiner Mutter im Jahr 1989 gleicht daher einer Flucht. Allzu lange hält es ihn jedoch nicht im Land des roten Ahornblatts. Ihn zieht es ins Silicon Valley, dem kalifornischen Eldorado aller Technik-Enthusiasten und Computer-Freaks. Gemeinsam mit seinem Bruder Kimbal gründet er 1995 in Palo Alto das Unternehmen Zip2.

    Das Start-up produziert eine Art frühe Form von Google Maps. Musk erweist sich von seinen ersten Arbeitsjahren an bis zum heutigen Tag als genialer Programmierer und Ingenieur, aber auch als Workaholic, der sich mit fast selbstzerstörerischer Intensität seinen Projekten widmet. Dabei versteht er es, sich selbst und seine Marken zum Mythos zu machen.

    Im Jahr 1999 kauft der damals noch bedeutende Computerhersteller Compaq Zip2 für 307 Millionen US-Dollar als Ergänzung für seine eigene Suchmaschine Altavista. Das ist die damals größte Übernahme in der Tech-Branche. Über Nacht wird Musk zum Multimillionär und gönnt sich als Hobby erst mal einen Formel-1-Wagen von McLaren. Nur drei Jahre später wird Ebay auf den von ihm, Peter Thiel und Max Levchin aufgebauten Web-Bezahldienst Paypal aufmerksam – und ersteht das Unternehmen für 1,5 Milliarden US-Dollar.

    Für seine Beteiligung erhält Musk 200 Millionen Dollar. Seitdem kümmert sich das Wunderkind nur noch um die ganz großen Visionen. Ihm gelingt in den folgenden Jahrzehnten das Unvorstellbare: Gleich zwei der von ihm geführten Firmen stoßen in den Kreis der wertvollsten Unternehmen der Welt vor. Die Lektüre von «Elon Musk. Die Biografie» macht auf eine fast körperlich schmerzhafte Weise deutlich, wie sehr die Entwicklung von Tesla und SpaceX einer Passion glich, die nur der Leidensmann Musk zum Erfolg führen konnte.

    Die ersten drei Raketen seiner Weltraumfirma stürzen ab, einen vierten Crash hätte der zum Milliardär aufgestiegene Technik-Enthusiast finanziell fast nicht überlebt. Die Entwicklung eines Elektroautos für den Massenmarkt entwickelt sich ebenso zu einer regelrechten Streckfolter, immer wieder reißen seine Ingenieure die aberwitzig eng gesteckten zeitlichen Vorgaben ihres Chefs. Heute aber ist der Fahrzeughersteller, der Giga-Fabriken in Schanghai, dem US-Bundesstaat Nevada sowie im Osten Brandenburgs betreibt, eine regelrechte Gelddruckmaschine.

    Stiegen zusammen in den Kaninchenbau: Musk mit seiner Ex-Freundin, der Musikerin Claire Boucher alias Grimes. Foto: imago/MediaPunch

    Kein Transhumanist

    Während der Party zu seinem 42. Geburtstag kommt es dann laut «Elon Musk. Die Biografie» zu einem für den Unternehmer traumatischen Erlebnis. Der bei der Feier anwesende Google-Gründer Larry Page spricht über die Arbeit der von seinem Konzern erworbenen KI-Firma Deepmind. Als Musk Bedenken wegen einer zu schnellen Entwicklung der Technologie äußert, wirft sein Gegenüber dem Gastgeber vor, ein «Speziesist» zu sein, dem etwas am Erhalt der Gattung Homo sapiens liege.

    Diese aber sei künftig gar nicht mehr nötig. Entsetzt antwortet der Tesla-Gründer: «Ja, absolut, ich bin pro Menschheit. Ich mag die Menschheit, verdammt noch mal.» Nein, ein Transhumanist ist Musk nicht!

    Seit diesem Vorkommnis befindet sich der ohnehin schon von Auslöschungsängsten Getriebene im absoluten Alarmzustand. Künstliche Intelligenzen sollen, so sein Credo, nicht als politisch korrekter Chatbot daherkommen, sondern echtes Erkenntnisstreben nach dem Wesen des Universums entwickeln. Außerdem sollen sie immer freundlich gegenüber ihren Schöpfern eingestellt sein – und ihn niemals beherrschen.

    Dieses Themenfeld wie auch die Weiterentwicklung der mittlerweile in X umgetauften Plattform Twitter dürfte Musk als seine derzeit wichtigsten Aufgaben begreifen. Ruhe wird es auch in Zukunft nicht für ihn geben, stattdessen weiter sehr viel Arbeit. In einem im vergangenen Jahr gegebenen Video-Interview äußerte er: «Ich bin mir nicht sicher, wie viele Leute tatsächlich ich sein möchten. Das Ausmaß, mich selbst zu quälen, ist, ehrlich gesagt, Next Level, sehr groß.»

    Wie tickt Musk wirklich? In «Elon Musk. Die Biografie» enthüllt Autor Walter Isaacson Seiten des X-Eigentümers, die bislang kaum jemand kannte. Warum hat er der Woke-Blase den Kampf angesagt – und welche Überraschungen können wir noch von ihm erwarten? Dieses Werk klärt umfassend auf. Die Buchsensation des Jahres! Hier bestellen.

    Ein Kommentar

    1. Wöchentlich 120 Stunden "Arbeit" , seit 22 Jahren ohne Urlaub, drogensüchtig , euer Held ist ein armes Schwein. Aber die frohe Kunde für euch lautet : Man kann ein Idiot sein und trotzdem Milliardär werden. Wie schön, nicht ?