Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron haben heute Nachmittag auf einer Video-Pressekonferenz, die in Paris und Berlin abgehalten wurde, die Auflage eines „Corona-Wiederaufbaufonds“ in Höhe von einer halben Billion Euro verkündet. Das Geld soll offensichtlich in Form von Zuschüssen in die Haushalte der EU-Staaten fließen, womit ein weiteres Tabu gefallen ist. Beobachter befürchten, dass damit das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht ist. Lesen Sie hierzu auch die schonungslose Abrechnung der früheren Kohl-Beraterin Gertrud Höhler mit Angela Merkel, die gerade erschienen ist und die Sie hier bestellen können.

    Kanzlerin Merkel bezeichnete den Fonds, auf den sie sich mit Macron geeinigt hatte, als „einmalige Kraftanstrengung“. Gerade das ist aber nun leider nicht wahr, wenn man bedenkt, dass Deutschland schon vor zehn Jahren den Zahlmeister im Zuge der sogenannten „Euro-Rettung“ spielte und überhaupt schon seit Jahrzehnten der mit Abstand größte Nettozahler der EU ist. Der nun zwischen Merkel und Macron ausgehandelte Fonds soll insbesondere Investitionen in die Digitalisierung und den Gesundheitssektor vornehmen. Außerdem soll damit der auch von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ständig beschworene Green Deal zur Förderung erneuerbarer Energien finanziert werden.

    Der Jackpot geht in den Süden

    Merkel betonte, dass das Geld dorthin fließen soll, wo es notwendig ist. Das bedeutet im Klartext, dass Deutschland praktisch nichts von der halben Billion Euro an Fördermitteln sehen wird, die zwischen der Kanzlerin und Macron ausgehandelt wurden, denn die südeuropäischen Länder werden nun natürlich darauf hinweisen, dass bei ihnen die Pandemie schlimmer gewütet hat als anderswo.

    Zu befürchten ist außerdem, dass selbst diese Einigung zwischen den beiden Regierungschefs zulasten des deutschen Steuerzahlers noch nicht das letzte Wort sein wird. „Wir reden hier über Billionen, nicht über Milliarden“, stellte die neue EU-Kommissionsvorsitzende Ursula von der Leyen schon im vergangenen Monat mit Blick auf den „Corona-Wiederaufbaufonds“ fest. Zuletzt forderte das Europäische Parlament in einer Resolution sogar eine Aufstockung des Wiederaufbaufonds auf die astronomische Summe von zwei Billionen Euro (!), ganz so, als ob das Geld dafür gar nicht von Steuerzahlern erarbeitet werden müsse, sondern einfach so auf der Straße herumliegt. Der Fonds soll nach den Vorstellungen der Straßburger Abgeordneten also das vierzehnfache Volumen (!) des jährlichen Haushalts der EU aufweisen.

    Endgültiger Weg in die Transferunion

    Gleichzeitig sollen aber auch die Auszahlungsmodalitäten verändert werden. Das Geld soll nicht in der Form von Krediten vergeben werden, sondern als direkte Transferzahlung in die entsprechenden Staatshaushalte fließen. Parallel dazu soll die gesetzlich festgeschriebene Obergrenze für die Beitragszahlungen der EU-Staaten in den gemeinsamen Haushalt von 1,2 auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung angehoben werden. Auch hier besteht wohl die Erwartungshaltung, dass die Lasten von einigen nord- und mitteleuropäischen Ländern wie Deutschland, den Niederlanden und Österreich getragen werden, die Gelder dann aber fast ausschließlich in den Süden fließen sollen.

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    Der Ökonom Daniel Stelter kritisiert schon seit längerem, dass die Politik, aber auch seine eigenen Kollegen an den wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten, zu den Lasten schweigen, die Deutschland hier aufgebrummt werden sollen. Im Manager-Magazin vom 22. April stellte er mit Blick auf den geplanten „Wiederaufbau-Fonds“ fest: „Mittlerweile ist von einem Volumen in Höhe von 1.500 Milliarden Euro die Rede und es läuft alles darauf hinaus, dass gemeinsame Tilgungen je nach Wirtschaftskraft vereinbart werden. Übersetzt bedeutet das: Deutschland müsste 29 Prozent der Tilgungen leisten, auch wenn wir aus dem Wiederaufbaufonds nichts erhalten. 435 Milliarden Euro müssten wir dann in den kommenden Jahrzehnten aufbringen und unseren Partnern in Europa faktisch schenken.“

    Italiener und Zyprioten liegen beim Vermögen vorn

    Mit Blick auf Italien, aus dem derzeit die lautesten Stimmen nach deutscher Hilfe kommen, schlägt Stelter vor, dass das Land diesmal über die Erhebung einer Abgabe auf das Vermögen der eigenen Bürger einen Eigenanteil zur Sanierung seines Haushalts bringen müsse. Er selbst räumt aber ein, dass die deutsche Politik wohl eher dazu bereit wäre, eine Vermögensabgabe im eigenen Land gegen die eigenen Bürger durchzusetzen, statt in dieser Frage Druck auf Italien oder andere südeuropäische Länder auszuüben.

    Das ist umso paradoxer, als laut einer Studie der Credit Suisse die Italiener noch vor den Schweizern relativ zum Bruttoinlandsprodukt über die größten Vermögen in Europa verfügen. Dieser Befund wird auch durch zwei Vermögensstudien der Europäischen Zentralbank (EZB) gestärkt, die in den Jahren 2013 und 2016 erschienen sind und zu ganz ähnlichen Resultaten kamen. Die jüngere dieser Studien, die vor vier Jahren erschien, kam beispielsweise zu dem Ergebnis, dass das mittlere Vermögen in südeuropäischen Ländern wie Zypern und Italien bei 170.000 beziehungsweise knapp 150.000 Euro liegt, während der mittlere deutsche Haushalt nur über ein durchschnittliches Nettovermögen von 60.000 Euro verfügt.

    Diese Ungleichgewichte zulasten der Mittel- und Nordeuropäer werden sich nach der heute bekanntgegebenen Einigung zwischen Merkel und Macron in Zukunft wohl nochmals drastisch verschärfen.

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