Dank der Archäogenetik wurden viele neue Erkenntnisse über die Frühgeschichte der Menschen gewonnen. Doch leider wird mit dieser Wissenschaft auch massiv Schindluder betrieben. In seinem Buch „Archäogenetische Irrwege“ rückt unser Autor die Falschdarstellungen gerade und präsentiert einen wissenschaftlich fundierten Gegenentwurf zum Ablauf der Frühgeschichte Nordeuropas. Hier mehr erfahren.

    _ von Dennis Krüger

    Die moderne Forschung macht es möglich: Dank der Archäogenetik, der auf die Vorgeschichte spezialisierten Sparte der Erbgutforschung, wissen wir heute viel mehr über unsere Vorfahren, als noch vor einigen Jahrzehnten. Zum Beispiel, dass jeder Europäer einige Prozent seines Erbgutes dem Neandertaler verdankt. Oder dass neben dem Neandertaler und dem Homo sapiens noch sehr lange eine dritte Menschenart existierte: der Denisovaner, der in Ostasien beheimatet war.

    Darstellung eines Neandertalers im National History Museum in London. Foto: IR Stone | Shutterstock.com

    Durch die Archäogenetik erfahren wir aber auch Dinge, die lange Zeit als unplausibel und unwahrscheinlich galten. Etwa dass die Europäer vor 5.000 Jahren noch dunkelhäutig waren. Dabei ist es keineswegs eine oft unterstellte Abneigung gegen die Vorstellung, dass unsere Vorfahren eine dunklere Hautfarbe hatten, als vielmehr der gesunde Menschenverstand, der die Grundlage des Zweifels an dieser Aussage bildet. Sollten unsere Vorfahren über Jahrtausende in einem sonnenarmen Klima mit dunkler Haut nicht nur überlebensfähig gewesen, sondern dem Neandertaler sogar überlegen gewesen sein?

    Reizwort Rasse

    Seltsamerweise sind es gerade die kontroversen Schlussfolgerungen der Archäogenetik, die zumeist fast deckungsgleich mit Behauptungen sind, die schon vor dem Zeitalter der Genetik von Vertretern der politischen Korrektheit aufgestellt worden waren. Vor allem in Bezug auf die Begriffe Volk und Rasse, die linken Aktivisten schon lange ein Dorn nicht nur im Auge waren. Da traf es sich doch gut, dass ihre lange Zeit nicht ernst genommenen Behauptungen nun vermeintlich wissenschaftlich erwiesen wurden.

    Die Zeitschrift National Geographic etwa frohlockte angesichts der angeblichen Tatsache, dass die Genetik, „das Konzept der Rasse zum Gespött“ mache:

    „Die Merkmale der normalen menschlichen Variation, die wir nutzen, um große, soziale Kategorien der Rasse zu definieren – zum Beispiel schwarz, asiatisch oder weiß – sind meist Dinge wie Hautfarbe, morphologische Merkmale oder Haartextur. Die sind alle biologisch kodiert. Aber wenn man sich die kompletten Genome von Menschen aus aller Welt ansieht, stellen diese Unterschiede nur einen winzigen Bruchteil der Unterschiede zwischen einzelnen Menschen dar. Zum Beispiel gibt es innerhalb Afrikas mehr genetische Diversität als auf der ganzen restlichen Welt zusammen. Wenn man jemanden aus Äthiopien mit jemandem aus dem Sudan vergleicht, unterscheiden sie sich genetisch wahrscheinlich mehr voneinander als von jedem anderen Menschen der Welt.“

    Dass jene so lange gepriesene Archäogenetik, wie sie eigene ideologische Überzeugungen stützt, unzweifelhaft eine genaue Zuordnung eines Menschen nicht nur zu einer Rassegruppe, sondern sogar zu teilweise eng verwandten Völkern ermöglicht, wird in der Regel ausgespart. Umso eifriger werden wiederum Behauptungen der Archäogenetik verbreitet, welche die phänotypischen Merkmale unserer Vorfahren betreffen, die ja, zumindest der Behauptung jener Linksideologen zufolge, eigentlich gar keine Rolle spielen sollten.

    Stonehenge: Das berühmte, vor über 4.000 Jahren errichtete Ringheiligtum in England. Foto: Operarius, CC BY 3.0, Wikimedia Commons

    Dieses Tabu gilt offenbar nur dann, wenn politisch unliebsame Botschaften transportiert werden. Dass die Europäer vor 5.000 Jahren, zu einer Zeit als in Stonehenge die ersten Steine positioniert wurden und an den Küsten des Kontinentes gewaltige Steingräber errichtet wurden, vollkommen dunkelhäutig waren, wurde dagegen regelrecht zelebriert.

    Ideologie statt Wissenschaft

    Tatsächlich aber sind die eifrigen Journalisten von Zeit und Co. einer Ente aufgesessen, die von eifrigen Ideologen innerhalb der Archäogenetiker-Zunft erfunden worden war. Doch warum konnte diese Falschdarstellung bis heute fortleben?

    Das hat mehrere Gründe: Zum einen liegt diese Aussage auf der erwünschten ideologisch-politischen Linie des Zeitgeistes. Wer die These der Dunkelhäutigkeit unserer jungsteinzeitlichen Vorfahren in Frage stellt, macht sich verdächtig, dem linken Zeitgeist kritisch gegenüber zustehen, möglicherweise sogar selbst ein „Nazi“ zu sein.
    Zum anderen ist die Archäogenetik selbst ein sehr komplexes Feld, auf dem jeder Laie leicht ins Straucheln geraten kann. Jeder nicht-Genetiker meidet also auf Grund der Gefahr, sich als Nichtfachmann auf einem fachfremden Gebiet angreifbar zu machen.

    Dabei zeigt schon ein oberflächlicher Blick auf die Beweise für die Maixmalpigmentierung der jungsteinzeitlichen Europäer, dass die These nicht stimmig ist. Denn wenn, wie neuerdings behauptet, die Hellfärbung der Haut dadurch entstand, dass einstige Jäger-Populationen zum Ackerbau übergingen und dadurch ihren Vitamin-D-Bedarf nicht mehr über die Jagd decken konnten, stellt sich die Frage, warum dieser Prozess nicht überall auf der Welt gleichmäßig verlief?

    Warum sind die Bauern Afrika, in Mittel- und Südamerika oder in weiten Teilen Asiens nicht deutlich heller als ihre jagenden Vorfahren? Und selbst in Afrika unterschieden sich überwiegend vom Ackerbau lebende Populationen nicht signifikant von solchen, die vornehmlich auf die Jagd setzen. Auch zeitlich passt die These nicht ins Bild. Den die Genetiker selbst haben errechnet, dass die Entstehung der beiden primären Genmarker, die für helle Haut verantwortlich gemacht werden, bereits vor mehr als 12.000 Jahren abgeschlossen gewesen sein muss – also einige Zeit bevor der Frühmensch seinen Speer gegen die Sense eintauschte.

    Lesen Sie morgen den zweiten Teil dieses Beitrags.

    Weiterführend: In seinem Buch „Archäogenetische Irrwege“ rückt unser Autor die Falschdarstellungen gerade und präsentiert einen wissenschaftlich fundierten Gegenentwurf zum Ablauf der Frühgeschichte Nordeuropas. Hier mehr erfahren.

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