Lange vor der BRD erkannte die DDR die Oder-Neiße-Linie als Polens Westgrenze an. Doch auch in der SED wollte man den deutschen Osten zunächst nicht preisgeben. Selbst Wilhelm Pieck sah die deutsche Frage als «noch nicht abgeschlossen» an. Wir erinnern mit unseren neuen Silbermünzen „Deutsche Ostgebiete“ an die alte Heimat. Hier mehr erfahren.
Während die westdeutschen Regierungen noch bis in die 1970er Jahre die Oder-Neiße-Linie nicht als Grenze anerkannten, wollte die DDR mit dem Vertrag von Görlitz vom 6. Juli 1950 der «Staatsgrenze zwischen Deutschland und Polen» eine völkerrechtlich verbindliche Legitimation verleihen, was schon deshalb reichlich grotesk erscheinen musste, weil sich die DDR zur damaligen Zeit selbst nur als Teilstaat betrachtete, also kaum für das ganze Deutschland sprechen und handeln konnte.
Dabei hatte sich auch dort zunächst Widerstand gegen die Gebietsabtretungen an Polen geregt. So formulierte das Zentralsekretariat der SED, vertreten durch Anton Ackermann, Max Fechner, Erich Gniffke und Walter Ulbricht, am 9. August 1946 eine Entschließung, in der es hieß:
«Die SED ist der Hoffnung, dass aus dem neu zu schaffenden Geiste des Friedens und der Demokratie eine Verständigung über die Ostgrenze erfolgen wird. Sie ist gewiss, dass sie mit ihrer politischen Arbeit für die Sicherung der antifaschistisch-demokratischen Entwicklung in Deutschland auch zu einer Lösung der Ostgrenzenfrage im Sinne der Interessen des Volkes beitragen werde.»
Wilhelm Pieck, nach Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 ihr erster Staatspräsident, wurde auf einer Sitzung des Parteivorstandes am 10. September 1946 noch deutlicher:
«Wir sehen diese Frage noch nicht als abgeschlossen an, sondern sind der Meinung, dass das deutsche Volk dazu beitragen soll, einen Teil dieser Gebiete wiederzuerhalten.»
Am 23. September 1946 erklärte Pieck bei zwei Kundgebungen in Guben und Cottbus: «Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands tritt für eine Revision der Ostgrenze ein.» Dies bestätigte später auch die Mecklenburger Landesleitung der SED, die unumwunden forderte, dass «die Ostgrenzenfrage einer Revision unterzogen wird».
Molotows Einspruch
Hatte die Sowjetunion bis dahin die Aufmüpfigkeit ihrer Vasallen ohne Einwände hingenommen, sah sich der sowjetische Außenminister Molotow nun doch genötigt, gegenüber der polnischen Nachrichtenagentur PAP eine Erklärung abzugeben, in der es hieß: «Den historischen Beschluss über die Westgrenze Polens kann niemand erschüttern.»
Doch noch gaben nicht alle deutschen Genossen klein bei. Kurt Bürger, SED-Landesvorstandsmitglied in Mecklenburg, ging vier Tage später auf die inzwischen veröffentlichte Erklärung Molotows mit den Worten ein:
«An unserer Stellungnahme hat sich zu der Ostgrenze nichts geändert. Wir sehen darin keinen Widerspruch zur Molotow-Rede. Molotow hat als Vertreter der Sowjetunion gesprochen, und wir sprechen als eine unabhängige Partei. (…) Nach der Erklärung Molotows hält unsere Partei ihre Ansprüche aufrecht.»
Bereits zwei Tage zuvor hatte sich auch Pieck im zentralen Parteiapparat dahingehend geäußert, dass die Stellungnahme des Moskauer Ministers als Angelegenheit der Sowjetregierung zu betrachten sei. Aufgabe der SED sei es hingegen, die Interessen des deutschen Volkes wahrzunehmen. Helmut Lehmann, der in der SED-Führungsspitze für soziale Fragen zuständig war, veröffentlichte daraufhin im Parteiorgan Die Einheit einen Artikel, in dem sich unter anderem folgende Sätze fanden:
«Unter uns gibt es keinen Menschen, dem die Interessen seines Landes nicht teuer wären. Deshalb weisen wir es als eine Verleumdung zurück, der SED zu unterstellen, sie wolle freiwillig auf die deutschen Ostgebiete verzichten. Dies lässt im Ausland die Hoffnung aufkommen, mit der deutschen Zustimmung diese Gebiete von Deutschland abtrennen zu können. Daher grenzt eine solche Verleumdung an Landesverrat.»
Selbst in den ersten Wochen des Jahres 1947 verlangte die sächsische Parteispitze um Otto Buchwitz und Wilhelm Koenen noch, dass nun die Zeit gekommen sei, die Überprüfung dieser Grenze nach dem Grundsatz der Vernunft vorzunehmen. Als einer der Genossen darauf verwies, dass die Grenzziehung an Oder und Neiße möglicherweise aus militärstrategischen Erwägungen erfolgt wäre, konterte Ministerpräsident Otto Grotewohl mit den Worten: «Strategische Grenzen dieser Art sind beim heutigen Stand der Militärtechnik völlig wertlos, sodass sich daraus kein Grund zu einer Änderung unserer Stellungnahme ergibt.»
Stalins Machtwort
Doch alle Hoffnungen, die in Potsdam gefassten Beschlüsse zur Grenze doch noch zu Fall bringen zu können, zerstoben im selben Jahr während einer Begegnung der SED-Parteispitze mit Stalin in Moskau. Der Diktator im Kreml ließ die deutschen Genossen wissen, dass für die Sowjetunion die Regelung der deutschen Ostgrenze endgültig sei. Als die SED-Vertreter daraufhin von Stalin wissen wollten, ob man nicht wenigstens mit gewissen Korrekturen rechnen könnte, lautete die lakonische Antwort: «Ich fürchte, daraus wird nichts.»
Letztlich musste man sich dem Willen Moskaus fügen. Ministerpräsident Otto Grotewohl erklärte am 12. Oktober 1949, also nur wenige Tage nach Gründung der DDR, dass man die Oder-Neiße-Linie als «eine Friedensgrenze» ansehe, «die ein freundschaftliches Verhältnis zum polnischen Volke ermöglicht».
In einer Antwort an Grotewohl und Pieck zeigte sich Polens Staatschef Boleslaw Bierut – unter dem 1945/46 die berüchtigten Dekrete zur Entrechtung und Enteignung der Vertriebenen erlassen worden waren – äußerst zufrieden und erklärte, dass man die «Errichtung der Deutschen Demokratischen Republik» begrüße, da sie «ein für alle Mal mit der verhängnisvollen und schändlichen Tradition des ”Dranges nach Osten” gebrochen hat und die Oder und Neiße als Grenze des Friedens betrachtet».
Die DDR und Polen nahmen am 18. Oktober 1949 diplomatische Beziehungen auf. Pieck und Grotewohl bekräftigten in einem Antwortschreiben an Bierut vom 2. November 1949 erneut, dass man die Oder-Neiße-Linie als Staatsgrenze anerkenne. Darüber hinaus erklärten sie, dass die SED jeden, «der das Ansinnen einer Revision dieser Grenze stellt, als einen Feind des deutschen und polnischen Volkes und zugleich als Kriegstreiber» ansehe. Formaljuristisch folgte am 6. Juni 1950 eine in Warschau unterzeichnete Deklaration über die Grenzmarkierung zwischen beiden Staaten.
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