Andreas Kalbitz darf schon am Montag wieder an der nächsten Telefonschaltkonferenz des AfD-Parteivorstands teilnehmen. Das ist die Folge eines gestern ergangenen Urteils des Berliner Landgerichts, das die Annullierung von dessen AfD-Parteimitgliedschaft für unrechtmäßig erklärt hat, bis ein abschließendes Urteil des Parteischiedsgerichts vorliegt. Unterdessen meldete sich auch der Thüringer AfD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Björn Höcke mit einer längeren Erklärung zu Wort.

     Das Gericht bemängelte unter anderem, dass der AfD-Parteivorstand nicht den im Parteienrecht vorgesehenen Weg eines Ausschlussverfahrens gewählt, sondern diesem mit sofortiger Wirkung die Mitgliedsrechte entzogen habe. Angesichts dieses schweren Fehlers nutzte es am Ende dann auch wenig, dass der AfD-Parteivorstand den Staranwalt Joachim Steinhöfel aufgeboten hatte, um seine Sicht der Dinge darzulegen.

    Kalbitz: „Selbstzerstörerischen Spaltungskurs überdenken“

    Andreas Kalbitz äußerte nach der Entscheidung des Berliner Landgerichts gegenüber der Samstagsausgabe des Redaktionsnetzwerks Deutschland: „Ich freue mich über diese rechtsstaatliche Entscheidung. Es obliegt nun Teilen des Bundesvorstandes zu überlegen, einen selbstzerstörerischen Spaltungskurs weiter zu verfolgen, um sich das Lob eines instrumentalisierten Verfassungsschutzes und des politische Gegners zu erheischen oder sich endlich wieder auf politische Sacharbeit für unser Land zu konzentrieren.“

    Nach dem erfolgreichen Eilantrag seines Parteifreunds äußerte sich auch der Thüringer Landes- und Fraktionsvorsitzende Björn Höcke in einem ausführlichen Beitrag auf seinem Facebook-Profil, den COMPACT-Online hier in voller Länge wiedergibt:

    „Andreas Kalbitz ist wieder Mitglied der AfD. Das Landgericht Berlin hat entschieden, daß die Annullierung seiner Mitgliedschaft unrechtmäßig war. Durchgesetzt hatte diese Annullierung der Bundesvorstand unserer Partei, und zwar am 15. Mai mit sieben zu fünf Stimmen bei einer Enthaltung.

    Bereits der Umstand, daß mit Alice Weidel und Tino Chrupalla die Fraktionsvorsitzende im Bundestag und einer der beiden Bundessprecher gegen den Parteiausschluß stimmten, zeigt mir: Wir hatten es von vornherein nicht mit einer glasklaren Faktenlage, sondern mit einer Machtprobe zu tun. Sie wurde maßgeblich von Jörg Meuthen und Beatrix v. Storch angezettelt und durchgesetzt ‒ ohne Wille zu Ausgleich und Einigkeit.

    „Der Inlandsgeheimdienst hat uns aufs Korn genommen“

    Mit Andreas Kalbitz kommt ein Mann zurück, der neben mir der am längsten amtierende Landes- und Fraktionsvorsitzende unserer Partei ist. Kalbitz hat im vergangenen Jahr mit einem Ergebnis von 23,5% seine Fraktion in Brandenburg verdoppeln können und führt einen der Verbände, die nicht durch Querelen und Richtungskämpfe auffallen.

    Wäre es in unserer Partei überall so wie in Brandenburg oder auch in Thüringen, könnten wir alle in Ruhe inhaltlich arbeiten und unsere Strukturen festigen. Stattdessen wird ausgerechnet unseren erfolgreichen Verbänden und Fraktionen zugesetzt: Der Inlandsgeheimdienst hat uns aufs Korn genommen und setzt uns unter Druck. Und leider ist sich die Mehrheit des Bundesvorstands nicht zu schade, diesen parteipolitisch mißbrauchten Verfassungsschutz dort plötzlich ernst zu nehmen, wo es in die parteiinterne Auseinandersetzung paßt.

    Zum dritten Mal in unserer sehr jungen Parteigeschichte will also einer unserer Bundessprecher Teile der Partei mundtot machen oder sogar aus der Partei drängen. Er redet nicht nur von Spaltung, er will gegen den Mehrheitswillen spalten.

    „Unsere Partei darf keine Altpartei werden“

    Er behindert und zerstört dabei unsere an der Basis und an unseren vielen Millionen Wählern ausgerichtete, sehr erfolgreiche Arbeit. Außerdem läßt er sich von CDU-Leuten und Staatsmedien erläutern, welche AfD erwünscht oder geduldet wäre.

    Das muß ein Ende haben. Wir brauchen endlich einen arbeitsfähigen und vor allem einigenden Bundesvorstand, der dafür Garant ist, daß unsere Partei so breit aufgestellt und vielschichtig bleibt, wie wir sie kennen. Unsere Partei darf keine Altpartei werden!

    Ich setze deshalb auf Inhalte und auf die Basis: auf unsere vielen tausend Mitglieder, die ganz bestimmt nicht zur AfD gefunden haben, um nur noch zu beklatschen, was ‚weiter oben‛ ausgekungelt wird. Ihnen muß in Zukunft die Möglichkeit gegeben werden, mittels Mitgliederentscheid destruktive Bundesvorstandsmitglieder abwählen zu können. Was wir brauchen, ist Volksnähe, ist ein Bekenntnis zur solidarischen Leistungsgemeinschaft, ist Kompromißlosigkeit, wo unser Volk verraten und verkauft werden soll und Kompromißbereitschaft dort, wo Politik und Gesellschaft ehrlich und ebenso kompromißbereit mit uns zusammenarbeiten wollen.

    Wir müssen eine Alternative sein und bleiben. Dieser Auftrag steht bereits in unserem Namen. Wir wollen eine alternative Politik für unser Land. Das gelingt nur, wenn wir zusammenhalten und alternative Wege gehen. Das sind wir uns und unserer Parteibasis schuldig.

    Wir dürfen nicht zur jüngsten Altpartei werden!“

    Der 5. Februar dieses Jahres war der große Tag von Björn Höcke: Er war der Königsmacher, der den zwischenzeitlichen FDP-Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich ins Amt brachte. Dass ausgerechnet er, der vielgeschmähte „völkische Radikale“, die erste große realpolitische Veränderung durchsetzte, und CDU/FDP ausgerechnet ihn als Partner akzeptierten, bedeutet einen enormen Prestigegewinn für den Eichsfelder. Das zeigt: Klare Kante zahlt sich aus, Opportunismus ist für die Katz. Es wird Zeit, sich mit dem auseinanderzusetzen, was Höcke wirklich will – und nicht mit dem Zerrbild, das die Lügenpresse von ihm gezeichnet hat. Die COMPACT-Edition „Höcke. Reden, Interviews, Tabubrüche“ gibt im Originalton seine wichtigsten Wortmeldungen aus den letzten fünf Jahren wieder. Hier bestellen.

    Der AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen, der den Rauswurf von Andreas Kalbitz maßgeblich vorangetrieben hatte, bezeichnete das Gerichtsurteil hingegen als „eine Art Gnadenfrist“. Damit macht er es sich aber etwas zu einfach. In seinen Abwägungsprozess bezog das Gericht nämlich auch ein, dass Kalbitz zwei eidesstattliche Versicherungen vorlegte, in denen er beteuerte, weder in der „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) noch in ihrer Vorgängerorganisation Mitglied gewesen zu sein. Sein Rechtsanwalt Andreas Schoemaker konnte außerdem eine entsprechende eidesstattliche Versicherung des früheren HDJ-Bundesführers Sebastian Räbiger vorlegen, der die Angaben von Andreas Kalbitz bestätigte.

    Es ist nur schwer vorstellbar, dass diese Dokumente in der im kommenden Monat anstehenden Verhandlung des Bundesschiedsgerichts keine Rolle spielen werden.

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