Brauchen wir weniger Staat und mehr freien Markt? Oder ist der Sozialstaat alternativlos? Ein Debattenbeitrag zu einer rechten Wirtschaftspolitik. Weiterführend: „Geheime Mächte“ – unsere Spezial-Ausgabe zu Great Reset, Neuer Weltordnung und den Wirtschafts- und Finanzakteuren im Hintergrund. Hier mehr erfahren.
_ von Rudolf Seitner
Vor einiger Zeit sorgte eine Aussage von AfD-Chefin Alice Weidel gegenüber Elon Musk für Diskussionen. In ihrem X-Gespräch mit dem Tech-Unternehmer (in deutscher Übersetzung hier ansehen) bezeichnete sie Hitler als Kommunisten, als Sozialisten, also als einen Linken. Die Debatte, die daraufhin entbrannte, kratzte meist nur an der Oberfläche, doch dahinter verbirgt sich im Kern die Frage: Wie hält es die Rechte mit der Wirtschaft?
Mit dem Verweis auf den „linken Hitler“ sollte, so möglicherweise die Intention von Alice Weidel, auch der im patriotischen Lager schwelende Gegensatz zwischen sozialpatriotischen und libertären Ansätzen mittels Bannspruch zugunsten des Libertarismus entschieden werden.
Beim Lesen diverser Beiträge zum Thema hatte ich auch durchaus den Eindruck, dass sich beide Ebenen dieser Diskussion darin ähneln, dass es eigentlich gar keine ernsthafte Diskussion gibt, sondern lediglich einseitige Plattenabspielungen mit vorgefassten Meinungen und kaum Versuche, sich möglichst unvoreingenommen der Wahrheit zu nähern, wie auch immer diese sich schließlich darstellen mag. Dieser Beitrag soll ein erster Anlauf sein, diese Lücke für die Wirtschaftsebene zu schließen.
Der wuchernde Sozialstaat
Unbestreitbar ist: Nach 16 Jahren Merkel und fast vier Jahren Ampel werden die Probleme des Sozialstaates deutlich wie nie zuvor. Dabei sind manche äußeren Bedingungen wie dem extremistischen Ideologem der offenen Grenzen geschuldet, andere sind jedoch als Geburtsfehler zu betrachten. Ohne einem bei manchen Wirtschaftsliberalen anzutreffenden Sozialdarwinismus das Wort reden zu wollen, müssen diese unbedingt angesprochen werden.
Unter Bismarck ursprünglich vor allem entstanden, um unschöne Begleiterscheinungen der Industrialisierung auszugleichen, war der Sozialstaat von Anbeginn mit Nebenwirkungen behaftet, war die soziale Institution der Familie durch Landflucht und Verstädterung bereits schwer in Mitleidenschaft gezogen worden, trug der Sozialstaat zusätzlich seinen Teil dazu bei.

Was jedoch heutzutage ins selbstmörderische Endstadium geführt hat, ist die Tendenz zur Wucherung. Das betrifft nicht nur die Sozialleistungen selbst, sondern auch den zu ihrer Verwaltung eingesetzten Apparat und ebenso die Abhängigkeit vom immer totaleren, freigiebigen Staat. Es gibt Geld für Gefügigkeit in Form der Wahl linker Parteien – diese kaufen sich ihre Stimmen faktisch durch Versprechungen weiterer Geschenke aus dem Steuertopf. Das alles will finanziert werden, und dafür muss natürlich der Steuerzahler herhalten. In Folge lohnt die Arbeit sich immer weniger, und immer mehr Menschen sind auf Sozialleistungen angewiesen – ein Teufelskreis.
Arbeit muss sich wieder lohnen
Durchbrochen werden kann dieser Teufelskreis nur durch eine radikale Umkehr: Arbeit muss sich am Ende wieder lohnen. Kleinere Einkommen müssen steuerfrei werden, Steuern auf Waren und Dienstleistungen müssen gesenkt, andere Abgaben wie die CO2-Steuer und die Rundfunkgebühr, komplett gestrichen werden.
Gegenfinanzieren kann man dies durch Streichung nutzloser bis schädlicher Ausgaben (vor allem für Ideologieprojekte wie Entwicklungshilfe, Migration oder Gender), eine Verschlankung der Verwaltung und die Kürzung der Sozialleistungen – natürlich sind diese formal geringeren Transferleistungen dann zum einen durch die gesunkenen Preise wieder mehr wert, zum anderen sind weniger Menschen darauf angewiesen.

Solche Rezepte sind natürlich grundsätzlich bekannt, sie umzusetzen ist aber eine Frage politischen Willens. Ein Punkt, der in der Debatte selten eine Rolle spielt, ist jener der Menschenwürde. Ein Mensch ist, was er aus sich macht, und neben der allgemeinen Würde eines jeden Menschen gibt es eine individuelle Würde, die er durch Freiheit und Eigenverantwortung gewinnt. Eine Abhängigkeit vom Steuergeldverteiler Staat mag für manche vorübergehend unumgänglich sein, als Dauerzustand bedeutet sie Unfreiheit und einen Verzicht auf persönliche Höherentwicklung.
Der freie Markt
Der Staatsapparat seinerseits wird immer fetter und mächtiger – und er greift nicht nur durch Umverteilung als Sozialstaat in das Wirtschaftsleben ein, sondern auch immer mehr durch Ideologieprojekte wie sogenannten Klimaschutz oder Quotenregelungen. Hinzu kommt die kontinuierlich gesunkene intellektuelle und charakterliche Qualität des politischen Personals, wodurch der Staat auch in Aufgabenbereichen scheitert, die er lange zumindest halbwegs solide erfüllt hat, etwa im Bildungswesen, im Verkehrswesen oder im Grenzschutz.
Aufgrund all dieser offenkundigen Probleme werden zusehends Stimmen lauter, die einer Ideologie das Wort reden, nach der der Markt absolut frei sein müsse, private Initiative immer gut und staatliche Eingriffe immer schlecht seien. Die unter Rechtsliberalen verbreitete Ansicht, Hitler müsse wegen seiner Eingriffe in das Wirtschaftsleben ein Linker gewesen sein, ist dafür symptomatisch. Dabei soll dieser Punkt hier gar nicht weiter diskutiert werden; das Thema erweist sich bei einer genaueren Betrachtung der verschiedenen Facetten als durchaus komplex und reich an Widersprüchen – nur vor einer einseitigen und verkürzten Betrachtungsweise sei gewarnt.

Als Fazit des beschriebenen Scheiterns des staatlichen Interventionismus wird von Libertären also der freie Markt als Allheilmittel angepriesen. Der Staat habe sich als prinzipiell übergriffig und des Wirtschaftens unfähig erwiesen, nun solle der Markt übernehmen; der Marktglaube ersetzt den Staatsglauben. Es sei betont, dass dies nicht alles falsch sein muss! Wenn etwa der argentinische Präsident Javier Milei durch Abschaffung der Mietpreisbindung den Effekt erzielt, dass tatsächlich mehr und günstigere Wohnungen zur Verfügung stehen, ist dies durchaus auf Anwendbarkeit hierzulande zu prüfen.
Wirtschaft und Woke-Agenda
Aber geht diese Rechnung auf? Ist oder bleibt ein freier Markt ohne durch politische Zielsetzungen motivierte staatliche Intervention wirklich so frei? Was, wenn einzelne Akteure der Wirtschaft so mächtig werden, dass sie sich ihrerseits nach Belieben in die Politik einkaufen können und so Bedingungen schaffen lassen, die den Großen nützen und potenzielle Aufsteiger am Boden halten, ihre einmal gewonnene wirtschaftliche Macht nun auch politisch abzusichern? Um das zu veranschaulichen ein paar Beispiele.

Auch wenn mittlerweile in Teilen der Wirtschaft eine Abkehr von der Woke-Agenda zu beobachten ist, hatte es seinen Grund, warum nicht zuletzt globale Kapitalisten diese unterstützten. Neben dem Aspekt der Entwurzelung und der Erschaffung des zur Identitätslosigkeit optimierten Konsumenten-Golems könnte auch ein anderer Punkt eine Rolle gespielt haben: Für Riesenkonzerne sind verpflichtende Gender-Beauftragte und Antirassismus-Schulungen Peanuts, für Kleinunternehmen können dies durchaus ernsthafte Belastungen sein.
Dass die Agenda, wie es derzeit aussieht, am Scheitern ist, liegt wohl kaum am mangelnden schlechten Willen, sondern an der Unfähigkeit des Regenbogen-Personals und – hier hat der Markt trotz der geballten Macht woker Konzerne und linker Politik die gewünschte Wirkung gehabt – am Ausbleiben der Kundschaft. Allerdings ist immer zu unterscheiden, ob es sich um grundlegende oder, wie etwa bei Kinofilmen, eher verzichtbare Güter handelt.
Big Pharma und das Große Geld
Ein Wirtschaftsteilnehmer, der gerne und massiv in das politische Geschehen weltweit eingreift, ist Bill Gates. Besonders gezeigt hat sich das im Fall von Corona. Nicht nur in einem Land, sondern weltweit hat sich der Microsoft-Gründer in die Politik eingekauft, die Weltgesundheitsorganisation maßgeblich geprägt, Ärzte und Medien quasi bestochen, um sein Narrativ der Todesseuche zu verbreiten und die Gentherapien, in die er gerade rechtzeitig investiert hatte, als Lösung anbieten zu können.
Dabei war der freie Markt durch diese koordinierte Initiative von Big Pharma weitgehend ausgeschaltet. Nicht nur wurden, wie mittlerweile selbst ein Mark Zuckerberg eingeräumt hat, kritische Stimmen zensiert, also der Meinungsmarkt durch die Politik, aber letztlich auf Weisung von Konzernen, eingeschränkt, sondern es wurde auch ein Unternehmer, der es wagte, einen im Vergleich zu den gefährlichen Vektor- und mRNA-Präparaten harmlosen Corona-Impfstoff anzubieten – der Medizinprofessor Winfried Stöcker – vom Markt ausgeschlossen und zudem zu einer hohen Geldstrafe verurteilt.

Auch einen weltweit operierenden Giga-Konzern wie Blackrock, der sich linksextreme Grüne ebenso wie opportunistische CDU-Politiker in die Tasche steckt, um die Politik in seinem Sinne zu gestalten, kann man wohl kaum als von positivem Gestaltungswillen beseelten Akteur des Wirtschaftslebens bezeichnen. Der Schwarze Felsen hat über Jahre hinweg die Klima-Agenda gefördert und somit der produktiven Wirtschaft schwer geschadet. Mittlerweile scheint bei Larry Fink & Co. ein Umdenken stattzufinden, was daran liegen könnte, dass man die energieintensive KI als neues Geschäftsfeld entdeckt hat, wofür Flatterstrom keine günstigen Voraussetzungen bietet. Ob dies zu einer Diversifizierung und Belebung der Märkte führt, bleibt abzuwarten.
Selbst ein Elon Musk, dem man durchaus seine Begabungen und positiven Visionen zugestehen darf und der mit Twitter-Übernahme und AfD-Lob unbestreitbar zu einer Belebung einer erstarrten Debatte beigetragen hat, profitierte trotz seiner libertären Gesinnung von einem staatlichen Dirigismus zugunsten der E-Mobilität und zulasten der (tatsächlich weit umweltfreundlicheren) Benziner und Diesel. Dass E-Autos auf einem wirklich freien Markt in Europa gegen Verbrenner überhaupt eine Chance gehabt hätten, darf getrost bezweifelt werden.
Geradezu legendär ist schließlich die Macht der US-amerikanischen Notenbank Federal Reserve, entstanden 1913 aus einem Zusammenschluss privater Bankiers, nicht zuletzt mittels Bestechung von Abgeordneten. Der Einfluss dieser Institution, die ungedecktes Geld druckt, auf die US-Politik und folglich auch auf das Weltgeschehen kann wohl kaum überschätzt werden. Hätte eine solide Alternativwährung eine Chance? Oder ein Versuch staatlicherseits, wieder eine gedeckte Währung einzuführen?
Lesen Sie morgen den zweiten Teil dieses Beitrags.
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