Was wird uns das neue Jahr bringen? Kann Trump wirklich eine Wende Richtung Frieden bringen oder setzen sich Kriegstreiber durch? Entscheidende Tage, Wochen und Monate liegen vor uns. Das aktuelle COMPACT-Magazin „Krieg oder Frieden“ analysiert, was diesbezüglich Sache ist. Hier mehr erfahren.

    Es hat sich viel verändert in den vergangenen Jahren. Bis zur Wiedervereinigung schliefen die Geister der Vergangenheit. Die Bundeswehr musste nicht für die Amis in Vietnam bluten, die Nationale Volksarmee nicht für die Russen in Afghanistan. Dann zogen wir im Dienste einer Neuen Weltordnung wieder hinaus, schossen und bombten in Jugoslawien und am Hindukusch, spielten Friedenswächter in Afrika. Gehversuche eines Bonsai-Militarismus, muss man im Nachhinein sagen.

    Geschichte reimt sich

    Denn erst mit der „Zeitenwende“ von Olaf Scholz im Februar 2022 erwachte die Bestie von Neuem: 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr – und unsere besten Tötungsmaschinen für die Ostfront. 2024 sah man Leoparden-Panzer in Gefechten vor Kursk – so wie Tiger 1943. Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich.

    Doch immer noch gab Washington den Ton an. Jetzt, mit dem neuen Mann im Weißen Haus, böte sich die Chance zum Ausstieg aus der Eskalation. Aber wir erleben derzeit eher das Gegenteil, dass nämlich der europäisch-deutsche Imperialismus an Stelle des weichenden Amerika die Führung übernimmt – Karthagos dritter Anlauf.

    Der Tiefe Staat, der in Washington Bastionen räumen muss, bereitet die Weltbrandstiftung ersatzweise mit Provokateuren in London, Brüssel und Berlin vor. Ziel: Den offenen Krieg NATO gegen Russland noch zu entfesseln, bevor sich Trump mit Putin einigen kann. Der Sekundenzeiger auf der Armageddon-Uhr rückt unerbittlich vor. Jederzeit kann etwas passieren, das die Welt in den Abgrund reißt. Insofern stehen wir am Beginn eines Schicksalsjahres.

    Fälschungen und Inszenierungen

    „Das erste Opfer im Krieg ist die Wahrheit“, lautet ein vielzitiertes Bonmot. Aber es stimmt gar nicht: Die Wahrheit stirbt lange vor dem Krieg, sonst gelänge es gar nicht, ihn zu entfesseln. Die Yankees begründeten ihren Kriegseintritt in Vietnam mit dem Tonkin-Zwischenfall, den Angriff auf Jugoslawien mit dem Racak-Massaker, die Aggressionen gegen Afghanistan und den Irak mit 9/11 – allesamt Fälschungen und Inszenierungen, die ihre eigenen Geheimdienste und Militärs gefingert hatten.

    Und wer erinnert sich nicht an die Waffenstillstandsgespräche in Istanbul Ende März 2022, als sich die Vertreter Kiews und Moskaus schon auf eine Lösung verständigt hatten, die den aktuellen Friedensplänen von Trump gleicht? Dann aber wurden hunderte Leichen in Butscha arrangiert, und die zarten Hoffnungsknospen erfroren. Am 9. April 2022 traf der britische Premier Boris Johnson unangemeldet in Kiew ein und „wies Selenski an (…), keine Zugeständnisse an Putin zu machen“ (Guardian, 28.4.2022).

    Für die erneute Inszenierung eines Kriegsvorwandes wird aktuell der Boden bereitet. „Wladimir Putin beabsichtigt als Vergeltung für die Unterstützung der Ukraine ‚massenhaft Opfer‘ in Europa“, titelte die Londoner Zeitung Express Anfang Dezember. Und im Telegraph sekundierte Keir Giles vom führenden Thinktank Chatham House: „Es muss uns betroffen machen, dass Russland Ereignisse mit massenhaft Opfern in Europa in Erwägung zieht, was durch den Flugzeug-Anschlag bewiesen wird.“ Express: „Damit bezog sich Herr Giles auf den Flugzeugabsturz in der Nähe von Vilnius, Litauen.“

    Im Zweifel war es Putin

    Dabei ging es um einen im Landeanflug verunglückten DHL-Transporter, der Crash forderte ein Todesopfer. Das Gerücht über den russischen Geheimdienst als Verursacher war zuerst vom CDU-Bundestagsabgeordneten Roderich Kiesewetter gestreut worden. Express musste aber selbst einräumen, „dass Litauen abstritt, dass das der Fall war“.

    Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Obwohl die litauische Regierung, die in puncto Russlandfeindlichkeit zu den aggressivsten in Europa gehört, die Verwicklung Moskaus dementierte, tauchte diese Behauptung als „bewiesen“ Tage später wieder in der britischen Presse auf und wird als Beleg dafür genommen, dass Putin weitere Anschläge mit „massenhaft Opfern“ plant… Was wäre erst passiert, wenn auch die Behörden in Vilnius eine mögliche Rolle des FSB angedeutet hätten?

    Kiesewetter, der schon im Februar 2024 gefordert hatte, „den Krieg nach Russland (zu) tragen“, war ohne den geringsten Beweis bereit, den Vorfall zur weiteren Eskalation zu nutzen. „Sollte es sich herausstellen, dass der Absturz der Maschine am Montag durch einen Brandsatz verursacht wurde, müssten die NATO-Staaten nach Artikel 4 des Bündnisvertrages Konsultationen vornehmen und gegebenenfalls öffentlich machen, dass wir in die Nähe eines Spannungsfalls kommen”, so Kiesewetter.

    Ähnlich hysterisch wurde ein weiterer Vorfall Anfang Dezember hochgejazzt. „Russisches Schiff schießt bei Bundeswehr-Einsatz“, meldeten die Frankfurter Rundschau und in ähnlicher Diktion viele weitere Medien. So wurde der Eindruck eines quasi-militärischen Zwischenfalls erweckt. „Im Ostseeraum eskalieren die Spannungen zwischen Russland und dem Westen“, skizzierte die NOZ das künftige Schlachtfeld. Tatsächlich handelte es sich um ein vergleichsweise harmloses Geschehen: Ein russischer Öltanker war – warum eigentlich? – von einer Bundeswehr-Fregatte verfolgt worden. Von dort stieg ein Hubschrauber auf, der dem Tanker gefährlich nahe kam. Daraufhin feuerte die Besatzung – nein: nicht mit scharfer Munition, sondern mit Signalraketen.

    Solche Geschichten werden in der Berichterstattung unter dem Stichwort „hybride Kriegsführung“ zusammengefasst – eine Wundertüte, in die die Propaganda alles packen kann, was im Lande schief läuft, von abstürzenden DHL-Fliegern über einstürzende Brücken bis hin zum flächendeckenden Stromausfall: Im Zweifelsfall ist immer Putin schuld.

    Gebastelter Kriegseintritt

    Cedric Bierganns, Experte für Sicherheitspolitik und Bundeswehr bei der Konrad-Adenauer-Stiftung, skizzierte im Focus Mitte März 2024, wie man daraus schnell einen Kriegseintritt basteln könnte: „Wenn sich eine ausländische Macht, insbesondere Russland, für einen Angriff entscheiden sollte, würde diese Macht wohl auf eine hybride Kriegsführung setzen. Das bedeutet, dass zunächst massenhaft Fake News verbreitet würden. Das führt in diesem Szenario dazu, dass sich eine angenommene politische Spaltung in Deutschland vertieft. Im weiteren Verlauf bröckelt auch das Vertrauen in die NATO. Hybride Angriffe auf kritische Infrastrukturen nehmen zu. Hacker greifen etwa Kraftwerke zur Stromversorgung an. Es kommt zu Ausfällen. Der Bundestag tritt zusammen. Der Verteidigungsfall soll ausgerufen werden.“

    Man beachte: Zum letzten Mal wurde in Deutschland der „Verteidigungsfall“ am 1. September 1939 ausgerufen. „Seit 5.45 Uhr wird zurückgeschossen“, hieß es damals.

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