Die Woken lassen nichts unversucht, um den Kindern Weihnachten zu verderben. Sechs Werke des Schriftstellers Dr. Seuss sind ins Visier geraten – dem Vater des knuffigen Grinch wird Rassismus vorgeworfen. Fliegt der grüne Zottel bald aus dem Programm? Auch diese Kinderbücher gefallen den Linken nicht: In „Arminius“, „Theodor Körner“ und „Gottfried von Bouillon“ wird den Kleinen gesunder Patriotismus in Form von spannenden Heldengeschichten vermittelt. Alle drei Werke gibt es hier.

    Theodor Seuss Geisel alias Dr. Seuss, Aufnahme von 1952. | Foto: Al Ravenna, CC0, Wikimedia Commons

    Der Kinderbuchautor Dr. Seuss (eigentlich Theodor Seuss Geisel) hat in den USA ungefähr denselben Stellenwert wie bei uns Astrid Lindgren (Pippi Langstrumpf) und Otfried Preußler (Die kleine Hexe). Mit Letztgenannten teilt der 1904 in Springfield (Massachusetts) geborene und 1991 in La Jolla (Kalifornien) verstorbene Schriftsteller und Cartoon-Zeichner nun auch das Schicksal, ins Räderwerk der sogenannten Cancel Culture geraten zu sein.

    Wir erinnern uns: Bei Pippi Langstrumpf ging es darum, dass Lindgren mit Wörtern wie „Negerkönig“ oder der Beschreibung des fiktiven Taka-Tuka-Landes angeblich rassistische Stereotype, die „kolonialem Denken“ entsprungen seien, perpetuiert habe. In den neueren Auflagen des Klassikers wurde deswegen beispielsweise aus dem „Negerkönig“ (der übrigens ein weißer ist, nämlich Pippis Vater) ein „Südseekönig“.

    Ähnlich war es bei der Kleinen Hexe: Auch in Preußlers Erzählung tauchen keine „Negerlein“, „Chinesenmädchen“ und „Türken“ beim Fasching mehr auf. Ob der nun verwendete Begriff „Messerwerfer“ unbedingt besser ist, sei einmal dahingestellt…

    Riesige Fangemeinde

    Schon seit geraumer Zeit wird seitens der Woken auch Dr. Seuss gegen geschossen. Der US-Schriftsteller ist hierzulande vor allem durch seinen Grinch bekannt. Die Geschichte von dem grünen Zottelwesen, das den Leuten von Whoville das Weihnachtsfest verderben will, später aber eines Besseren belehrt wird, wurde zweimal verfilmt: einmal als Spielfilm (2000) mit Jim Carrey in der Titelrolle, einmal als Animationsfilm (2018) mit der Stimme von Otto Waalkes in der deutschen Synchronisation.

    Um den Grinch geht es zwar in den woken Debatten nicht, dafür um sechs andere Bücher von Dr. Seuss, nämlich And to think that I saw it on Mulberry Street, If I ran the Zoo, McElligot’s Pool, On beyond Zebra!, Scrambled Eggs Super! und The Cat’s Quizzer. In all diesen Werken, die amerikanische Kinder – und sicherlich nicht nur weiße – schon seit Jahrzehnten von ihren Eltern vorgelesen bekommen, sollen sich angeblich rassistische und diskriminierende Passagen befinden.

    Dabei hat der Kinderbuchautor in den USA eine riesige Fangemeinde, zu der nicht zuletzt auch Ex-Präsident Barack Obama gehört. Noch 2015 schwärmte dieser in einer Rede im Weißen Haus von Erzählungen wie The Cat in the Hat oder The Sneetches, die ihn zu einem besseren, empathischeren Menschen gemacht hätten. Dr. Seuss hat fast 60 Bücher geschrieben und illustriert. Auf Deutsch erschienen unter anderem Der Elefant im Vogelnest und Der Katz mit dem Latz.

    Afrikaner im Bastrock, Chinesen mit Stäbchen

    Doch selbst Fürsprecher wie Obama helfen wenig, wenn denunziatorische Abhandlungen wie „The Cat is out of the Bag: Orientalism, Anti-Blackness, and White Supremacy in Dr. Seuss’s Children’s Books“ im Umlauf sind. Die aus dem linksliberalen akademischen Milieu stammenden Autoren können darin nicht dick genug auftragen: Nahezu alle Bücher von Dr. Seuss, behaupten sie, bildeten eine „weiße Vorherrschaft“ und maskuline Dominanz ab, da 98 Prozent aller auftauchenden Charaktere weiß und männlich seien. Die zwei Prozent der „People of Color“ in den Geschichten seien ausschließlich „in untertänigen, exotisierenden oder entmenschlichten Rollen dargestellt“.

    Drei Beispiele, die die Autoren anführen: In If I Ran the Zoo werden zwei afrikanische Eingeborene im Bastrock dargestellt, in And to Think That I Saw It on Mulberry Street sieht man Chinesen mit schmalen Augenschlitzen und Essstäbchen in der Hand und in McElligot’s Pool wird, ganz schlimm, „Eskimofisch“ serviert.

    Eine der beanstandeten Seiten aus „I Ran the Zoo“ (1950). | Foto: Repro COMPACT

    Mit ihrem Artikel haben die Autoren eine Debatte in den USA losgetreten, in deren Verlauf nicht nur ein Lehrerverband die inkriminierten Bücher von Dr. Seuss aus dem Unterrichtskanon strich, sondern vor wenigen Tagen auch der Nachlassverwalter und Verlag der Schriften, Dr. Seuss Enterprises, erklärte, die oben genannten sechs Bücher künftig nicht mehr zu publizieren. „Diese Bücher stellen Menschen auf eine Art und Weise dar, die verletzend und falsch ist“, heißt es in einer Erklärung des Unternehmens. Die Entscheidung sei bereits im vergangenen Jahr gemeinsam mit Experten getroffen worden.

    Von wegen Rassist

    Doch war Dr. Seuss tatsächlich ein böser Rassist? Wohl kaum! In seiner Erzählung The Sneetches geht es um gelbe Vögel, von denen einige einen Stern auf dem Bauch haben. Diese werden von ihren Artgenossen ohne Stern zunächst verächtlich gemacht und ausgegrenzt. Schließlich sehen die Vögel jedoch ein, dass alle Sneeches gleich viel wert sind und die gleichen Rechte haben sollten. Die Geschichte wird als Parabel gegen Antisemitismus und Rassendiskriminierung gelesen.

    Andreas Platthaus, Literaturredakteur der FAZ und Comic-Experte, findet die Vorwürfe gegen Dr. Seuss nicht nur deswegen haltlos. „Das sind ganz sicher keine rassistischen Bücher“, so Platthaus gegenüber dem Deutschlandfunk. Es gebe in den sechs Büchern, die aus dem Verkehr gezogen werden, „keine einzige Darstellung, die in gewisser Weise etwas Verletzendes mit den Figuren vorhätte“. „Das sind alles hochsympathische Figuren, die da auftreten. Sie sind aber eben nach bestimmten ethnografischen Stereotypen gearbeitet.“ Der vor 30 Jahren gestorbene Autor habe halt mit „Identitätsdiskursen“ noch nicht viel zu tun gehabt, so Platthaus süffisant.

    Vielleicht ist es nur eine Frage der Zeit, ob findige Kulturwächter auch beim Grinch irgendetwas Verwerfliches oder vermeintlich Rassistisches ausmachen. Mit entsprechender Böswilligkeit und Interpretationsfreudigkeit dürfte das heutzutage kein Problem sein. Ob der miesepetrige, aber im Grunde herzensgute Zottel die Kinder diesseits und jenseits des großen Teiches auch weiterhin an Weihnachten erfreuen darf, bleibt abzuwarten.

    Von den Woken gehasst, von Kindern geliebt: In den empfehlenswerten Kinderbüchern „Arminius“, „Theodor Körner“ und „Gottfried von Bouillon“ wird den Kleinen gesunder Patriotismus in Form von spannenden Heldengeschichten vermittelt. Alle drei Werke gibt es hier.

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