Die aktuellen Entwicklungen: Putschgerüchte bestätigen sich nicht, islamistischer Vormarsch auf Hama gebremst, massive russische Luftangriffe auf HTS-Stellungen. Und Nachschub ist unterwegs. Alle Hintergründe bietet „Die USA, Israel und der Nahe Osten“ von Historiker Rolf Steininger. Hier mehr erfahren.
Die Ereignisse in Syrien überschlagen sich auch am dritten Tag der islamistischen Offensive im Norden des Landes. Nachdem die Terroristen von HTS, al-Nusra-Front und Co. bis Samstagmittag (30. November) massiv vorrücken konnten, ist der Vormarsch jetzt gebremst.
In Aleppo kämpfen derzeit kurdische Milizen, YPG und SDF, die eigentlich kein gutes Verhältnis mit der Assad-Regierung haben, gegen die dschihadistischen Kämpfer. Die Streitkräfte von Assad, unterstützt durch iranische und libanesische Truppen, haben sich derweil teilweise nach Hama zurückgezogen – diese wichtige Stadt wird jedoch gehalten, der islamistische Vormarsch konnte gebremst werden.
Aus verschiedenen Richtungen sind derzeit Truppenverstärkungen unterwegs. Der Irak hat angekündigt, alles in seiner Macht Stehende zu unternehmen, um der Regierung von Bashar al-Assad zu helfen, verschiedene lokale Milizen haben sich am Samstag auf den Weg nach Syrien gemacht. Es ist davon auszugehen (wenn auch noch unbestätigt), dass auch aus dem Iran weitere Unterstützung naht. Die Situation scheint sich deshalb zu stabilisieren, möglicherweise beginnt in Kürze eine Gegenoffensive.
Parallel mit der Bündelung weiterer Kräfte zur Verteidigung Syriens hat Russland die Intensität seiner Luftangriffe massiv erhöht, fliegt beinahe ununterbrochen Angriffe auf Idlib, aber auch auf terroristische Stellungen in Aleppo.
Die Bild-Zeitung stellte übrigens fest, dass Russland zum ersten Mal seit 2016 Aleppo bombardiert – natürlich, denn seither wurde Aleppo von den Soldaten Assads gehalten und es gab keinerlei Grund, die Stadt zu bombardieren. Bei einem Angriff auf Idlib soll die Kommandozentrale der Terrororganisation HTS getroffen worden sein, auch Gerüchte über den Tod eines ihrer Anführer kursieren. Möglicherweise hat die islamistische Offensive ihren Zenit erreicht.
Nicht bestätigt haben sich Gerüchte über einen Putschversuch in Damaskus: Die Schusswechsel, die auf den Straßen zu hören waren, galten Aktionen der syrischen Armee gegen Schläferzellen islamistischer Terroristen, die ausgeschaltet wurden.
Was übrigens passiert, wenn diese Islamisten, Nachfolger von al-Qaida und dem IS, ungehindert agieren können, zeigen zahllose grausame Videos, die in sozialen Netzwerken kursieren und auf denen die Erschießung von Gefangenen zu sehen ist, die sich den Islamisten ergeben haben. Solche Terroristen werden in den westlichen Medien übrigens als „Rebellen“ bezeichnet.
Im Laufe der Woche dürfte sich die Situation weiter stabilisieren und erste Rückeroberungen stattfinden, der Zusammenbruch der syrischen Armee scheint vorerst gebremst. Der Krieg in Syrien ist dabei gänzlich anders, als zum Beispiel in der Ukraine, wo monatelang um einzelne Orte gekämpft wird: Durch den schnellen Vormarsch der Islamisten gibt es faktisch keine Sicherung eingenommener Orte, lediglich ein paar Kontrollpunkte werden schnell eingerichtet. Genauso schnell kann die Kontrolle deshalb auch wieder in die andere Richtung wechseln.
Über das aktuelle Geschehen hinaus: Im globalen Spiel der Mächte ist der Nahe Osten eines der Hauptfelder der amerikanischen Politik. Die USA sind die entscheidende Macht in der Region, die von strategischer Bedeutung ist. Der renommierte Historiker Rolf Steininger hat mit „Die USA, Israel und der Nahe Osten“ auf der Basis umfangreicher Akten die erste deutschsprachige Gesamtdarstellung dazu vorgelegt. Ein Werk, das umfassend informiert. Hier bestellen.