Gedanken von Jürgen Elsässer nach dem Vortrag von Maximilian Krah vor der AfD-Bundestagsfraktion. Machen Sie sich bitte auch selbst ein Bild: Den Vortrag von Krah können Sie hier ansehen, sein Buch „Politik von rechts“ gibt es hier, die COMPACT-Edition „Sellner“ (mit der Potsdamer Rede) und sein Buch „Remigration“ kann man hier erwerben. Und: Erleben Sie Martin Sellner LIVE auf dem COMPACT-Sommerfest am 9. August. Hier informieren und Tickets buchen.
Ich habe mir den ganzen Vortrag angehört, und er ist auf jeden Fall inspirierend. Maximilian Krah hat sich auch der Invektiven gegen Martin Sellner enthalten – das macht ihn diskutierbar. Eine Vorbemerkung und drei inhaltliche Punkte meinerseits.
Vorbemerkung: Krah ermahnt die AfD dazu, auf deutlichen Abstand zu Sellners Remigrationskonzept zu gehen, da sie sonst verboten würde. Als Nicht-Jurist fällt mir eine endgültige Beurteilung schwer. Fürs erste klingt das plausibel, es muss aber in jedem Fall die ausführliche Begründung des COMPACT-Urteils abgewartet werden. Krah sollte aber dazu sagen, dass das nicht eine Ausgrenzung von Sellner durch die AfD bedeuten darf – im Gegenteil sollte er im AfD-Rahmen genauso Möglichkeiten zur Darstellung seiner Position haben wie im COMPACT-Rahmen.
Nun zum Inhalt. Meine Kurzthese: Weder Krah noch Sellner haben absolut recht, sondern nur recht gegeneinander, und beiden fehlt etwas.
1.) Krah hat Recht in seinem Focus auf politische Forderungen zur Grenzschließung und zum Abstellen der Pull-Faktoren: Abweisen von Flüchtlingen, Abschieben von kriminellen und illegalen Ausländern, viel höhere Anforderungen beim Erwerb der Staatsbürgerschaft, Schluss mit der üppigen Verköstigung von Staatsfremden.
In einigen Präzisierungen geht er dabei über die gegenwärtige Beschlusslage der AfD hinaus, er verfolgt also keinen Kuschelkurs. Diese konkreten politischen Zuspitzungen erscheinen mir sinnvoller als die Radikalinski-Schreierei mit Forderungen nach der Remigration „von Millionen“ inklusive deutschen Staatsbürgern, die nicht von Sellner selbst kommen, aber von seinem Umfeld, das seine Stichworte aufgreift und weitertreibt.
Um den Prozess der Remigration anzustoßen, reichen die Forderungen von Krah vollkommen aus. Ob man diese Forderungen dann unter dem Slogan Remigration subsummiert, wäre davon abhängig, dass man die Begriffsdefinition über Remigration von den Maximalisten zurückerobert. Dazu kann Krah beitragen, in dem er den Begriff mit seinen Forderungen füllt und im übrigen die Kumpeleien mit politischen Zersetzern wie Correctiv beendet, und auch Sellner, indem er maximalistischen Auslegungen des Begriffs durch einen Teil seiner Anhänger widerspricht. Das würde dem Streit die Schärfe nehmen – denn die aktuelle Polarisierung nützt nur dem Gegner.
2.) Krah hat unrecht in seiner Vision von einem Binnen-Ethnopluralismus. Er sieht den Staat als ethnisch neutrales Dach für verschiedene Volksgruppen, wobei die deutsche die stärkste wäre. Das läuft auf eine Libanonisierung Deutschlands hinaus, mit allen Folgen, die man in dieser einst schönen „Schweiz der Levante“ besichtigen kann.
Dagegen hat Sellner mit dem Ruf nach Remigration recht, jedenfalls wenn man darunter ganz sachlich versteht, dass der Trend der letzten zehn Jahre umgekehrt werden soll: Dahin, dass mehr Nicht-Deutsche das Land verlassen als neue hineinströmen; dahin, dass Deutschland wieder deutscher wird – ohne ethnischen Reinheitsfantasien anzuhängen.
Viele Migranten werden diesen Weg begrüßen, denn das Deutschland, in das sie einst kamen und das sie lieben gelernt haben, bekämen sie dann ja zurück. Diese Migranten sind keine Staatsbürger zweiter Klasse, sondern in vielerlei Hinsicht ein notwendiger und begrüßenswerter Teil des deutschen Volkes, da sie bei Missständen ihre Klappe mutig aufmachen und nicht, wie viele deutsche Michels, lieber kuschen.
3.) Krah ist mit seinem Binnen-Ethnopluralismus ein strikter Gegner der Homogenisierung des Staatsvolkes, da er das staatliche Diktat in puncto Gender, Öko, Schuldkult usw. fürchtet, also die Regenbogen-Homogenisierung. Aber es ist auch eine andere Homogenisierung möglich, die Krah als Konservativer nicht denken kann, nämlich die Homogenisierung des Volkes im Prozess einer (friedlichen) Revolution.
Wenn Abstammungsdeutsche und Migranten gemeinsam gegen das Regime kämpfen – gegen die offenen Grenzen, gegen Gender, gegen den Schuldkult, gegen Ausbeutung und Krieg –, dann bildet sich in diesem Kampf eine neue Einheit heraus, die nicht der Staat erzwingt, sondern die in der Gesellschaft wächst. Das kämpfende Volk übernimmt dann im Idealfall die Macht im Staat.
Sellner, der im Unterschied zu Krah ein Revolutionär ist, kann diese Möglichkeit ebenfalls nicht denken, denn sein revolutionäres Subjekt ist verengt auf deutsch-national, daher auch sein Fokus auf Remigration. Remigration nach Punkt 1.) und 2.) bleibt eine sinnvolle Forderung, aber sie kann nicht im Zentrum stehen, da sie sonst die Kampfeinheit mit pro-deutschen Migranten erschwert, und anders ist der – friedliche! – Sturz des Regimes nicht vorstellbar. Die Hauptlosung sollte also „Souveränität Deutschlands“ und nicht „Remigration“ sein.
Machen Sie sich bitte auch selbst ein Bild: Maximilian Krahs Buch „Politik von rechts“ gibt es hier, die COMPACT-Edition „Sellner“ (mit der Potsdamer Rede) und sein Buch „Remigration“ kann man hier erwerben.