Viel Sinn für Kunst und schöne Frauen: Bayerns König Ludwig I. war erzkonservativ, aber ein Schwerenöter. Die Affäre mit einer verruchten Tänzerin kostete ihn den Thron. Eine Ausstellung in Regensburg würdigt nun den umstrittenen Monarchen. Mehr über die verbotene Liebelei zwischen Ludwig und Lola lesen Sie in COMPACT-Geschichte „Verschwörungen und Skandale – Mätressen, Morde Machteliten“ von Historiker Jan von Flocken. Hier mehr erfahren.
Kunstsinnig, hellenophil, hochgebildet: So ist König Ludwig I. von Bayern (1786–1868) in die Geschichte eingegangen. Er träumte davon, die Residenzstadt München mit prächtigen Bauten in ein „Isar-Athen“ zu verwandeln, förderte die landestypischen Trachten, ließ Eisenbahnen bauen und gilt durch seine Hochzeit mit Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen 1810 als Begründer des Oktoberfests, das bis heute jedes Jahr Millionen aus aller Welt nach München lockt.
Zur ganzen Wahrheit gehört jedoch auch, dass der Monarch ein penibler Sturkopf und Franzosenhasser war, zudem erzkatholisch und zutiefst autoritär – die Pressefreiheit fürchtete er wie der Teufel das Weihwasser. Anders als sein Vater Maximilian I. war Ludwig kein Herrscher, der die anderen Konfessionen in seinem Reich, Protestanten oder Juden, nicht förderte, sondern nur im Wortsinn tolerierte. Am Ende sollte ihn die Affäre mit einer heißblütigen Tänzerin zu Fall bringen – der Wittelsbacher war also auch echter Skandalkönig.

Anlässlich des 200. Jubiläums seiner Thronbesteigung lädt die Bayerische Landesausstellung zu einer besonderen Schau ein: „Ludwig I. – Bayerns größter König?“ heißt die Ausstellung, die noch bis zum 9. November 2025 im Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg zu sehen ist.
Neben zahlreichen seltenen Exponaten gibt es dort auch spektakuläre Medieninstallationen und interaktive Elemente. Am Eingang: ein computeranimiertes Porträt Ludwigs, das sich verändert – von jugendlich hoffnungsvoll zu runzlig-reuevoll. Durch die Räume dringen Blasmusik, Industriegeräusche, das Flirren einer Spindel am Webstuhl, und Schauspieler plaudern als Zeitzeugen über Politik – freilich vom Band. Außerdem ist ein großer Festumzug geplant. Ein reichhaltiges Programm also.
Ein „Dipferlscheißer“ auf dem Thron
Doch wer war dieser König, der so viele Widersprüche in sich vereinigte? Ludwig I. wurde 1786 in Straßburg geboren. Dort war sein Vater Maximilian als Kommandeur eines Regiments und später als Oberst der französischen Armee stationiert. Als Kronprinz galt der Junior noch als liberaler Hoffnungsträger. Bayern war nach den Napoleonischen Kriegen pleite, Ludwig I. schwor bei seiner Thronbesteigung 1825 der Verfassung die Treue.
Doch statt seine Minister oder das Parlament zu stärken, wollte er alles selbst machen – ein Mikromanager par excellence. Seine Regentschaft war eine wahre Achterbahnfahrt: Er modernisierte Bayern wirtschaftlich, mobilisierte Kapital, baute Fabriken und reduzierte Militärausgaben. Ludwig förderte die Industrialisierung und ließ sogar Klöster wiederaufleben, um Bildung und Gesundheitswesen voranzubringen.
Besonders stolz war er auf seine Bauprojekte, die München zu einer Kunstmetropole machten. Die Glyptothek, die Alte Pinakothek, die Ludwigstraße, das Siegestor und die Bavaria-Statue – das alles entstand unter seiner Ägide. Und der Regensburger Dom? Den ließ Ludwig endlich fertigstellen. Historikerin Marita Krauss beschreibt ihn in der Süddeutschen Zeitung treffend: „Er war ein individualisierter Mann mit sehr gutem Kontakt zu seiner inneren Welt und zu seinen Emotionen, mit der Fähigkeit zur ehrlichen und ungeschönten Introspektion.“

Der Monarch führte Tagebücher, schrieb tausende Briefe – allein 3.000 an die Marchesa Marianna Florenzi – und notierte seine Träume. Ein emotionaler Poet auf dem Thron! Auf der anderen Seite unterdrückte er demokratische Bestrebungen und stärkte den Katholizismus. Der sogenannte Kniebeugestreit – eine Debatte um Rituale der Kirche – sowie die Begrenzung evangelischer Kirchenbauten sorgten für Spannungen.
Selbst um die Rechtschreibung kümmerte sich der König. Am 20. Oktober 1825 dekretierte Ludwig: Bayern wird fortan nur noch mit „y“ geschrieben. Grund: Weil’s griechischer klingt. Richard Loibl, Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte in Regensburg, nennt ihn liebevoll einen „Dipferlscheißer“ – was man andernorts „Korinthenkacker“ nennt. Der Monarch schrieb tausende Signaten (Randnotizen) zu allem Möglichen, von der Beamtenkleidung bis zur Prägung historischer Taler.
Große Erfolge, peinliche Fehlschläge
Keine Frage: Ludwig war ein Baumeister mit Visionen: Der Ludwig-Donau-Main-Kanal, eine 173 Kilometer lange Wasserstraße mit 100 Schleusen, sollte Schiffe von der Nordsee zur Donau bringen. Begonnen 1836, verschlang das Projekt ein Vermögen – und scheiterte kläglich. Loibl nennt es eine „kapitale Fehlinvestition“, weil Dampfschiffe zu groß waren und Eisenbahnen effizienter.
Letztere lehnte der König zunächst ab – „Aufgehn wird die Erde in Rauch, so steht es geschrieben, was begonnen bereits, überall rauchet es schon …“, zitiert ihn die Bayerische Staatszeitung. 1835 wurde die erste Bahnlinie Nürnberg-Fürth ohne ihn eröffnet, doch dann ließ er die Ludwig-Süd-Nord-Bahn von Lindau nach Hof in elf Jahren Errichten. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) meint: „Großes Kino, großes Temperament und große Leistung.“

Die fesche Lola
Zum Verhängnis wurde Ludwig schließlich eine Liebelei mit einer Tänzerin. Lola Montez ihr Name. „Bayerns immerhin schon 60-jähriger verliebte sich so heftig in sie, dass er ihr ein prunkvolles Palais in München kaufte, was beiden hinfort als Liebesnest diente. Völlig hingerissen schwärmte Ludwig über die ‚schöne, Kenntnisse besitzende, geistreiche Herzensgüte habende Südländerin‘“, schreibt Historiker Jan von Flocken über die Tänzerin in COMPACT-Geschichte „Verschwörungen und Skandale“.
Vielleicht wäre der Monarch etwas vorsichtiger gewesen, hätte er das Vorleben seiner Favoritin gekannt. Die angeblich aus dem spanischen Sevilla stammende Lola Montez hieß nämlich in Wirklichkeit Marie Dolores Eliza Gilbert und wurde 1821 in Sligo (Irland) als Tochter eines schottischen Offiziers geboren.
„Seit 1842 trieb sie sich in halb Europa umher und sammelte Liebhaber wie andere Briefmarken. Der Komponist Franz Liszt teilte das Bett ebenso mit ihr wie der Romancier Alexandre Dumas der Ältere oder der Thüringer Fürst Heinrich von Reuß-Ebersdorf“, so von Flocken.
Weiter heißt es in COMPACT-Geschichte „Verschwörungen und Skandale“ über die Irin:
„1843 wechselte sie nach einer Tanzausbildung in Madrid und Sevilla ihre Identität und nannte sich künftig Maria de los Dolores Porrys y Montez (kurz Lola Montez). Sie gab sich als Tochter einer verbannten spanischen Adelsfamilie und Witwe eines hingerichteten Rebellen aus. Im Juni 1843 erfolgte im Londoner Her Majesty‘s Theatre ihr Debüt als Tänzerin. Wie ein Augenzeuge berichtete, bewegte sie sich nach den damaligen Regeln des Balletts zwar mäßig, sorgte aber aufgrund ihres blendenden Aussehens, ihrer erotischen Ausstrahlung und ihres ungeheuren Temperaments für Aufsehen.“
Durch ihre äußere Erscheinung – laut Zeitungsbericht „das schwarze Haar wie die Ranken des Geißblatts, ihre tiefblauen Augen ungezähmt und wild, ihr Mund wie eine Granatapfelknospe“ – konnte sie durchaus als echte Spanierin gelten.
Der König dankt ab
Im Oktober 1846 traf die Femme fatale in München ein und nahm Quartier im Goldenen Hirschen in der Theatinerstraße. Schon drei Tage später bekam sie eine Audienz bei König Ludwig I. Dann folgte das aufsehenerregende Debüt im Hoftheater. Der bayerische Monarch, der attraktive Frauen so sehr liebte, dass er für sie extra eine „Schönheitengalerie“ in seinem Schloss aufgestellt hatte, war Lola sexuell völlig verfallen und überschüttete sie mit Geschenken – sie wurde seine Mätresse.
Ende 1846 erwarb der König für sie ein Palais in der Barerstraße und übernahm auch die Renovierungskosten in Höhe von 20.000 Gulden, heute etwa drei Millionen Euro. Im Gegenzug schenkte sie ihm eine von dem Bildhauer Johannes Leeb angefertigte Nachbildung ihres rechten Fußes aus Alabaster. Ludwig I. küsste das Kunstwerk, wenn ihn die Sehnsucht nach der Tänzerin übermannte.
Ludwig adelte seine Mätresse schon bald zu einer Gräfin von Landsfeld und bezahlte sie aus Staatskassen. Lola mischte sich in Politik ein, was zu Unruhen führte. Karikaturen zeigten Ludwig als Hampelmann, das Volk tobte. In der Märzrevolution 1848 brach alles zusammen: Studenten demonstrierten, Ludwig floh – angeblich sagte er: „Ich gehe, weil ich nicht mehr kann“ – und dankte ab. Sein Abschiedswort:
„Auch vom Throne herabgestiegen schlägt glühend mein Herz für Bayern, für Teutschland.“
Er übergab die Amtsgeschäfte an seinen Sohn Maximilian II., lebte fortan in Nizza, schrieb Gedichte und starb 1868. Und seine frühere Mätresse? „Nach 1848 setzte Lola Montez ihr abenteuerliches Leben fort, ging 1851 in die USA und zeigte dort mit großem Erfolg am New Yorker Broadway ihren berühmten Spinnentanz. Auf anderen Bühnen führte sie Passagen ihrer sehr fantasievollen Memoiren auf“, so von Flocken in COMPACT-Geschichte „Verschwörungen und Skandale“.
Aus der Zeit gefallen
Die Landesausstellung „Ludwig I. – Bayerns größter König?“ im Regensburger Haus der Bayerischen Geschichte gibt natürlich auch dieser amourösen Episode, die das Ende der Regentschaft des Monarchen besiegelte, breiten Raum. Am Ende wird klar: Der alte König passte – seiner unbestreitbaren Erfolge zum Trotz – nicht mehr so recht in die neue, nachrevolutionäre Zeit.
So finden Besucher denn auch am Ausgang der Ausstellung ein Altersporträt des Monarchen, das Franz von Lenbach malte. Es zeigt Ludwig I. als einen verhärmt dreinschauenden Mann – was treffender kaum sein könnte. Aber war er wirklich Bayerns größter König, so auch die Frage im Titel der Schau? Darüber dürfen die Besucher bis zum 9. November am Ende der Ausstellung abstimmen.
Kabale und Triebe: In COMPACT-Geschichte „Verschwörung und Skandale“ lässt Historiker Jan von Flocken noch einmal die größten Aufreger unserer Geschichte Revue passieren: Die Herrschaft der Wiedertäufer, Skandal um Gräfin Cosel, der Fall Jud Süß Oppenheimer, der Eulenburg-Skandal, die Affäre Nitribitt und vieles mehr. Deutsche Skandal- und Kriminalgeschichten vom Feinsten. Hier bestellen.