Sind Selenskis Stunden im Amt gezählt? Das nahende Treffen zwischen Trump und Putin könnte zu seinem politischen Ende führen. Wir wagen schonmal einen Nachruf… Sichern Sie sich die in diesen Stunden so wichtige Druschba-Medaille in Silber, nur erhältlich bei COMPACT. Hier mehr erfahren.

    Wir erinnern und als Selenskis größten Mediencoup: Der TV-Komiker spielte einen populistischen Superpräsidenten und kandidierte anschließend selber für dieses Amt.

    Schon früh waren Filmbiografien von Herrschern wichtiger Bestandteil politischer Propaganda. Während der Stummfilmzeit entstanden Kinostreifen, die das Leben einstiger Machthaber in populärer Erzählform auf die Leinwand brachten. Oft genug, um einen Gründungsmythos zu errichten oder national-geschichtliche Wurzeln zu verklären.

    Man erinnere an das sechsstündige Heldenepos Napoleon (1927) oder an John Fords Der junge Mr. Lincoln (1939), in dem der US-Präsident Engagement für Unterdrückte zeigt: Als frischgebackener Anwalt erstreitet er vor Gericht den Freispruch eines Unschuldigen. Sergej Eisensteins Iwan der Schreckliche (1944) porträtiert den gleichnamigen Zaren als begnadeten Kämpfer für ein Russisches Reich. Jedoch blieb das Genre politischer Biopics nicht in der Vergangenheit stehen: Autokraten wie Stalin oder (heutzutage) Erdogan ließen und lassen bereits zu Lebzeiten aufwendige Selbstdarstellungen kurbeln: propagandistische Bestätigung und Idealisierung ihrer Herrschaft.

    Selenski macht es andersherum…

    In der Ukraine versuchte 2015 Wolodymyr Selenski eine neue Variante. Die lautete: erst das Biopic, dann die politische Macht. In der Serie Diener des Volkes spielte der Komiker den fiktiven Ideal-Präsidenten Wassyl Holoborodko – und wurde später selbst ins höchste Staatsamt gewählt.

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenski 2018 bei einem Besuch in Berlin. Foto: photocosmos1 I Shutterstock.com.

    Selenski war zugleich Ideengeber und Produzent des Projekts. In der Ukraine hatte die Serie enormen Erfolg (20 Millionen Zuschauer), drei Staffeln wurden gedreht. Der deutsch-französische TV-Sender Arte, der den Diener des Volkes schon im Programm hatte, schreibt in seiner Ankündigung: „Die Erfolgsserie, die Selenski zum Präsidenten machte.“

    Zwar ist der Ukrainer nicht der erste Filmstar, der als Staatschef endet. Bereits Ronald Reagan agierte als Western-Held, Gangster und Liebhaber in B-Movies der 1930er bis 1960er Jahre, bevor die US-Wähler ihn 1980 ins Weiße Haus brachten. Einem Mann mit Cowboy-Image traute man Standhaftigkeit während des Kalten Krieges zu. Aber Reagan hatte niemals die Rolle eines Staatschefs gespielt.

    Der idealistische Tollpatsch

    Selenski hingegen verkörperte auf dem Bildschirm den Posten, den er auch in der Wirklichkeit anstrebte: einen Präsidenten, der das Volk vor den Eliten schützen will. Ein wirklicher „Diener des Volkes“, der außerdem als netter, tollpatschiger Privatmensch die Publikumsgunst im Sturm erobert.

    Der Charakter des idealistischen Tollpatsches ist seit Jahrzehnten populär. Die Figur des Wassyl Holoborodko erinnert unmittelbar an Hollywood-Klassiker wie Mr. Smith geht nach Washington (1939), in dem der Titelheld (James Stewart) als einfacher, ehrlicher Mann aus dem Volke plötzlich ins US-Machtzentrum gelangt.
    Das Politpersonal verspottet ihn, wirft ihm Steine in den Weg, bringt ihn beinahe zu Fall. Aber im Finale, mit einer ergreifenden Marathonrede, setzt sich Smith (beziehungsweise das Gute) doch durch.

    Das ist genau der Stoff, aus dem auch Diener des Volkes gemacht ist: Die erste Folge startet auf einem Balkon über dem Maidan-Platz. Ein Oligarchen-Trio prostet sich mit Schampus zu. Präsidentschaftswahlen stehen vor der Tür. Nach wenigen Sätzen weiß man: Diese drei Dunkelmänner bestimmen den Ausgang. Aber die Zyniker sind von der eigenen Macht gelangweilt. Einer schlägt vor: Machen wir ein Experiment. Lassen wir das Volk doch mal wirklich entscheiden. Verzichten wir auf Manipulation. Wie wäre das? – Die beiden anderen sind begeistert: Das Volk wirklich entscheiden lassen? Was für ein Wagnis! Was für ein Thrill!

    Überraschende Wende

    Schauplatzwechsel. Der Geschichtslehrer Wassyl Holoborodko poltert lautstark gegen die korrupte Regierung. Ein Schüler filmt ihn heimlich, lädt das Video bei Youtube hoch. Es drohen Sanktionen oder gar Jobverlust. Bis dahin nahm niemand den gutmütigen Trottel ernst, seine Familie schon gar nicht.

    Dann die Überraschung: Im ganzen Land honorieren Bürger seine Ehrlichkeit im geleakten Video, die Schüler veranstalten ein Crowdfunding – und plötzlich findet sich der Pädagoge im Präsidentenamt wieder. Das internationale Establishment reagiert panisch.

    Ein Tross von Imageberatern dreht Holoborodko durch die Mühle, verpasst ihm Lagerfeld-Klamotten, eine Uhr, „wie Putin sie trägt“, und besprüht ihn mit edlem Parfüm. Man schießt Promo-Fotos im Atelier, auf denen der Frischgewählte mit Medizinern, Arbeitern und Kindern posiert.

    Druschba-Medaille: Für den Frieden. Für jeden Kriegsgegner ein Muss! Bestellen unter compact-shop.de

    Bei Probestunden für staatsmännisches Auftreten darf er einem Putin-Double die Tür weisen. Alle privaten Schulden werden ihm erlassen. Doch Holoborodko spürt die Einengung, die Zwänge seines Amtes. Ihm droht ein Marionetten-Dasein an goldenen Fäden. Aber der tapfere Geschichtslehrer widersteht, sabotiert die Inszenierung der Macht: Auf einer Pressekonferenz, bei der Fragen und Antworten vorgefertigt waren, lässt er spontane Einwürfe zu. Bei der Antrittsrede legt er das Skript beiseite, wendet sich stattdessen direkt ans Publikum.

    Lincoln und der Philosoph

    In Bezug auf historische Referenzgrößen ist die Serie nicht kleinlich. Eines Nachts tröstet der Geist Abraham Lincolns den unsicheren Novizen: Auch er, Lincoln, habe zu Anfang keinerlei Selbstvertrauen besessen, aber später die Sklaven in den Südstaaten befreit. Eine solche Aufgabe warte auch auf ihn. Aber, so wendet der Angesprochene ein, in der Ukraine gebe es doch keine Sklaverei. Oh doch, korrigiert Lincoln: Ist es etwa keine Sklaverei, wenn die Bevölkerung sich den Rücken krumm arbeitet – zum Wohle der Eliten? Befreie die! – Aber wie? – Sei nur du selbst.

    Anderes Beispiel: Im Traum sieht Holoborodko den antiken Philosophen Plutarch in einer Diskussion mit dem Historiker Herodot über die Zukunft der Ukraine: Wie sei es möglich, dass ein an Bodenschätzen so reiches Land zahlungsunfähig sei? Die Antwort lautet: wegen Korruption und ungerechter Verteilung. – Es dürften solche Sätze gewesen sein, die der Serie von mancher Seite den Vorwurf der „Ukrainophobie“ eingebracht hat. Aber die zitierten Geistesriesen bestätigen lediglich das Regierungsprogramm, das der volksnahe Superpräsident am Ende auch einlöst: Einigung des Landes und Verhinderung der Finanz-Katastrophe.

    Die Nachricht von seinem Wahlsieg verpasst Selenski als Film-Präsident beinahe, weil er auf dem Lokus hockt. Foto: Screenshot Youtube

    Tatsächlich war es für das ukrainische Publikum fast unmöglich, den späteren Präsidentschaftskandidaten Selenski nicht mit seiner Holoborodko-Rolle zu assoziieren. Zumal der Name von Selenskis Partei und der Serientitel identisch sind: Diener des Volkes. Verwechslung unbedingt erwünscht. Selbst das Geburtsjahr von Film-Charakter und Darsteller sind gleich. Viele Selenski-Wähler haben in Wahrheit den fiktiven Wassyl Holoborodko ins Amt gehoben. Zumal die dritte Staffel mit ihrem triumphalen Ende erst kurz vor der Präsidentschaftswahl 2019 ausgestrahlt wurde – Werbung zur besten Sendezeit, die kein anderer Kandidat hatte.

    Dem Helden dämmert’s

    Am Ende der dritten Staffel, in dem der Superpräsident alle Versprechen einlöst, ist die anfängliche Komik längst dem Pathos gewichen. Nach der Oligarchenjagd widmet er sich der Geopolitik. Die Ukraine ist laut Serie nämlich weltweiter Rekordhalter bei der Aufteilung in Einzelstaaten. Die haben sich in autonome Republiken, Monarchien und – im Falle der Krim – sogar in ein Emirat verwandelt.

    Holoborodko will die Einigung, verzichtet aber auf Druck, Erpressung oder Schmiere. Nein, vielmehr durch raffinierte Wirtschafts- und Steuerpolitik, Investitionen in Start-ups und Nachhaltigkeit fördert er die Zusammenarbeit und Annäherung der Separatistenstaaten. Wiedervereinigung und Wirtschaftswunder verschmelzen zu einem Erfolgsprojekt.

    Wer glaubt, jetzt sei es doch genug, kennt Holoborodko schlecht. Sein nächstes Vorhaben: Die Ukraine soll eigene Satelliten in den Weltraum schießen. Er reist nach Brüssel (die Ukraine ist inzwischen Mitglied der EU), wo man ihm eine Abfuhr erteilt: nix Weltraum. Sein Land solle sich mit Landwirtschaft begnügen. Zumal die Ukraine hoch verschuldet sei… Dem Helden dämmert, dass die EU der erträumten Souveränität nicht förderlich ist (das krasse Gegenteil zu Selenskis späterer Politik).

    Im Finale verspricht er dem Volk, die Ukraine werde keine „zweitklassige Nation“ bleiben, sondern ihre Schulden bezahlen und bald in der ersten Liga spielen. Im Abspann erfährt das Publikum, dass dem Shootingstar die Tilgung des Schuldenbergs bereits nach einem Jahr gelang. Danach ging es nur noch bergauf.

    Kommt der Frieden, wenn Selenski geht? Setzen Sie ein Zeichen und sichern Sie sich gleich unsere Druschba-Medaille zur Freundschaft mit Russland. Hier bestellen.

    Kommentare sind deaktiviert.