Habemus Papam! Kardinal Robert F. Prevost wurde gestern zum neuen Papst gewählt. Er trägt den Namen Leo XIV. und ist der erste Amerikaner auf dem Stuhl Petri. Doch mit Trump und seiner Politik hat er nicht viel am Hut. Die verborgenen Machtstrukturen und Skandale in der katholischen Kirche nehmen wir in unserer neuen Sonderausgabe „Geheime Geschichte – Von den Pharaonen bis zur Kabale im Vatikan“ unter die Lupe. Hier mehr erfahren.
Gestern Abend stieg weißer Rauch aus dem Schornstein der Sixtinischen Kapelle auf, gut eine Stunde später verkündete Kardinalprotodiakon Dominique Mamberti die lateinischen Worte „Habemus Papam“ („Wir haben einen Papst“) von der Segensloggia über dem Hauptportal der Petersbasilika. Die Wahl der 133 Kardinäle des Konklave war im vierten Wahlgang auf Kardinal Robert F. Prevost gefallen, der sich den Papstnahmen Leo gab und in seiner ersten Ansprache die Gläubigen dazu aufrief, „Brücken durch Dialog zu bauen“.
„Friede sei mit euch allen“, rief er den Menschen entgegen, die sich zu Zehntausenden auf dem Petersplatz versammelt hatten. Friede und Barmherzigkeit – es waren Worte, die in den folgenden Minuten immer wieder fallen sollten. Die Berliner Morgenpost notiert: „Sein Dank gilt seinem Vorgänger Franziskus, dessen Stimme und Segen noch immer nachklängen, so Papst Leo XIV., der den ‚Urbi et Orbi‘-Segen des verstorbenen Papstes an diesem Abend erneuert.“

Und weiter „Anders als Franziskus trägt der neue Pontifex bei diesem ersten Auftritt die rote Mozzetta, den symbolträchtigen Schultermantel, über dem weißen Gewand. Aus seinen Worten, heißt es von Beobachtern, klingt Kontinuität und Verbundenheit mit dem neuen Papst. Seine Wahl wird als Kompromiss betrachtet – und als Signal der Einheit.“
Mit Prevosts Wahl wurde erstmals ein US-Amerikaner zum Oberhaupt der katholischen Kirche mit ihren 1,4 Milliarden Mitgliedern gewählt – ein historischer Moment, der weltweit Aufmerksamkeit erregte. Doch wer ist dieser Mann, der nun als 267. Nachfolger Petri die Geschicke der katholischen Kirche lenkt?
Von Chicago nach Peru
Robert Francis Prevost wurde 1955 als Sohn einer katholischen Familie mit französischen, italienischen und kreolischen Wurzeln in Chicago geboren. Nach einem Mathematikstudium trat er 1977 dem Augustinerorden bei – einem Orden, der sich vor allem durch Spiritualität und Gemeinschaftssinn auszeichnet. 1982 wurde Prevost in Rom zum Priester geweiht und promovierte dort später in Kirchenrecht, was ihm ein tiefes Verständnis der Strukturen der Kurie verlieh.
Die prägendsten Jahre seines Lebens verbrachte der US-Amerikaner in Peru, wo er ab Mitte der 1980er Jahre als Missionar tätig war. Er gründete Pfarreien, leitete ein Priesterseminar und engagierte sich in der Bischofsausbildung. In der peruanischen Diözese Chiclayo, wo Prevost von 2015 bis 2023 als Bischof wirkte, wurde er für seine pastorale Nähe und sein soziales Engagement geschätzt.

„Egal, wie viele Schwierigkeiten er hat, er behält seine gute Laune und seine Freude“, erinnerte sich Pfarrer Fidel Purisaca Vigil, Kommunikationsdirektor der Diözese Chiclayo, an die Zeit des heutigen Papstes in Peru. Seine langjährige Erfahrung in Lateinamerika, wo der Katholizismus tief im sozialen und kulturellen Leben verankert ist, prägte seine Weltsicht und seinen Ansatz, die Kirche als „Volk Gottes“ zu verstehen.
Unter Papst Franziskus stieg Prevost in die vatikanische Führungsriege auf. 2023 wurde er zum Leiter des Dikasteriums für Bischöfe, sozusagen der Personalabteilung der Weltkirche, und zum Kardinal ernannt. In dieser Funktion war er für Bischofsernennungen weltweit zuständig, was ihn zu einem der bekanntesten Gesichter im Kardinalskollegium machte. Zugleich war er Präsident der Päpstlichen Lateinamerika-Kommission.
Ein „Mann der Mitte“
Prevost gilt als gemäßigter Reformer – als „Mann der Mitte“, wie viele Medien schreiben –, der den Kurs von Papst Franziskus in vielen Bereichen fortsetzen wird, ohne jedoch die Glaubenssätze der Kirche aufzugeben. So zumindest die Hoffnung all jener, die schon das Pontifikat von Franziskus mit Skepsis begleiteten. Fakt ist: Ein konservatives Rollback dürfte unter Leo XIV. wohl nicht zu erwarten sein.

Besonders deutlich zeigt sich die Kontinuität zu Franziskus in der Unterstützung der umstrittenen Synodalität, einem zentralen Projekt von Leos Vorgänger. Kardinal Prevost betonte wiederholt, dass die Kirche seiner Ansicht nach „transparenter und offener für die Stimmen der Gläubigen sein müsse“ und die Rolle der Laien gestärkt werden solle. „Leo XIV. ist ein starker Befürworter des synodalen Wegs, solange er nicht im Widerspruch zur Lehre steht“, so ein Experte auf X. „Franziskus hat das Projekt einer synodalen Kirche vorangebracht. Das wird man weiterentwickeln“, betonte Kardinal Reinhard Marx gestern in den ARD-Tagesthemen.
Seine Nähe zu Franziskus zeigt sich auch darin, dass Prevost sich mehrfach vehement für sogenannten Klimaschutz aussprach. Der Hauptgeschäftsführer des katholischen Hilfswerks Adveniat, Martin Maier, lobte ihn als „das Gegenteil von Donald Trump“, was zusätzlich auf Prevosts zu Migration und sozialen Belangen gemünzt war. Die Zeit beschrieb den neuen Papst sogar als „so weit ‚links‘, (…) so liberal, dass bis zuletzt kaum ein Vatikanist glaubte, das Kardinalskollegium könnte sich auf einen wie ihn einigen“.
Kritik an Trump und J. D. Vance
Bild notierte gestern: „In einer ersten Reaktion auf die Wahl des ersten amerikanischen Papstes zeigte sich auch US-Präsident Donald Trump ganz euphorisch über den Landsmann. Aber ob das auf Gegenseitigkeit beruht? Fakt ist: Der jetzige Papst hat erst im Februar dieses Jahres, damals noch als Kardinal, scharfe Kritik an Trumps Vize J. D. Vance geübt!“

Konkret geht es dabei um einen X-Post vom 3. Februar, in dem Prevost einen Artikel mit der Überschrift „JD Vance liegt falsch: Jesus verlangt von uns nicht, unsere Liebe zu anderen abzustufen“ teilte. Der von dem Kardinal geteilte Beitrag erschien seinerzeit im National Catholic Reporter veröffentlicht. Darin wurde gegen die Auslegung der katholischen Lehre durch den US-Vizepräsidenten – der selbst Katholik ist – agitiert. Vance hatte damit die Abschiebungspolitik der Trump-Administration verteidigt.
Am 15. April teilte Prevost zudem einen Kommentar, der sich auf ein Treffen Trumps mit dem Präsidenten von El Salvador, Nayib Bukele, bezog. Dabei ging es unter anderem um die Nutzung des Hochsicherheitsgefängnisses Cecot zur Unterbringung von illegalen Migranten, die aus den USA abgeschoben wurden. „Sehen Sie das Leid nicht? Haben Sie kein schlechtes Gewissen?“, hieß es in dem Tweet, den Prevost teilte und der auf einen Beitrag im Catholic Standard, der offiziellen Wochenzeitung der Erzdiözese von Washington, verwies.
Der Spiegel konstatierte denn auch:
„In Rom gibt es eine Enttäuschung für das konservative Lager: Der erhoffte Richtungswechsel nach Franziskus bleibt aus.“
Prevosts Wahl sei eine „Klatsche für Donald Trump und dessen Flüchtlingspolitik“. Ähnlich der Tenor in anderen Medien.
Fragwürdige Rolle im Missbrauchsskandal
Theologisch und innerkirchlich gibt es allerdings auch klare Grenzen, die Prevost nie überschritten hat. Besonders deutlich wird dies bei der Frage der Frauenordination. Bei der Weltsynode 2023 warnte er vor einer „Klerikalisierung von Frauen“ und betonte, dass Frauen bereits „vielfältige zentrale Rollen in der Kirche“ hätten. Diese Haltung enttäuschte progressive Kreise, die auf eine Öffnung der Kirche für Frauen in Weiheämtern gehofft hatten.
In Fragen der Sexualmoral unterstützte Prevost zwar die pastorale Begleitung gleichgeschlechtlicher Paare, wie sie in Franziskus’ Dokument „Fiducia Supplicans“ gefordert wird, hielt jedoch stets an traditionellen Ansichten zur Homosexualität fest. „Diese Balance zwischen pastoraler Offenheit und doktrinärer Treue macht ihn zu einem Mann der Mitte, der weder die konservativen noch die liberalen Flügel vollends zufriedenstellt“, notierte dazu ein Kommentator auf der Plattform X.
Das bisherige Wirken von Kardinal Prevost blieb also nicht frei von Kritik. Konservative warfen ihm vor, sich zu eng an Franziskus’ sogenannten Reformkurs zu binden, prangerten dies als „globalistisch-progressive Ideologie“ an. Vor allem seine Unterstützung der Synodalität und seine Personalpolitik als Leiter des Dikasteriums für Bischöfe stießen auf Widerstand in traditionalistischen Kreisen. Ein X-Nutzer befürchtete gestern, dass Leo XIV. „die Säuberung von Konservativen“ im Vatikan fortsetzen könnte.
Zudem gibt es Vorwürfe, dass Prevost in seiner Zeit in Chicago und als Bischof in Chiclayo Missbrauchsfälle nicht konsequent verfolgt habe. Der Kardinal und die Diözese Chiclayo wiesen diese Anschuldigungen zurück, doch sie bleiben ein Schatten auf seiner Laufbahn. Die Kontroverse könnte seine Autorität in einer Kirche belasten, die nach wie vor mit der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals ringt.
Hoffnung der Liberalen
Liberale Kreise in der katholischen Kirche setzen große Hoffnungen in Papst Leo XIV. Die Präsidentin des Zentralkomitees deutscher Katholiken (ZdK) lobte den neuen Pontifex als „politisch versiert, international vernetzt und bestens informiert über die katholische Kirche in Deutschland“. ZdK-Vizepräsident Thomas Söding betonte, dass Prevost sich „bestens mit dem Synodalen Weg in Deutschland auskennt“.
Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) forderte von neuen Papst sogleich „tiefgreifende strukturelle Reformen“, darunter die „Beteiligung aller Geschlechter an allen Ämtern“ und die „theologische Anerkennung vielfältiger Lebensentwürfe“. Leos Betonung der Einheit der Kirche und seine diplomatische Natur deuten jedoch eher darauf hin, dass er Kompromisse suchen wird, statt allzu polarisierende Reformen voranzutreiben.
Die Wahl des Namens Leo ist jedenfalls symbolträchtig. Der letzte Papst mit diesem Namen, Leo XIII. (1878–1903), war ein „politischer Papst“, der die Kirche aus der Isolation führte und mit der Enzyklika „Rerum Novarum“ die katholische Soziallehre begründete. „Dem Vorgängerpapst Leo XIII. gelang es, den Kulturkampf zu beenden, weshalb er als besonders diplomatisch galt“, erklärte dazu der Theologe Michael Hochgeschwender.
Alejandro Moral, Generalprior der Augustiner und langjähriger Freund von Prevost, betonte in einem Interview mit Vatican News, dass Leo XIV. „sofort von Gerechtigkeit, Frieden und Brücken zwischen allen sprach, von Synodalität“. Manche deuten dies so, dass der neue Pontifex künftig als pragmatischer Vermittler auftreten wolle. Für eine weitere Bewertung ist es allerdings noch viel zu früh. Man darf gespannt darauf sein, wo der neue Papst seine ersten Akzente setzen wird.
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