Die Oder-Neiße-Linie war anfangs nicht als Polens Westgrenze vorgesehen. Darauf setzte zunächst auch die Politik in der BRD. Vor allem der erste SPD-Vorsitzende nach dem Krieg pochte auf das Heimatrecht der Vertriebenen. Wir erinnern mit unseren neuen Silbermünzen „Deutsche Ostgebiete“ an die alte Heimat. Hier mehr erfahren.

    Mit dem Londoner Protokoll vom 12. September 1944 hatten die Alliierten die Aufteilung Deutschlands mit Gebietsstand vom 31. Dezember 1937 in mehrere Besatzungszonen beschlossen – mit Groß-Berlin als einer anfangs gemeinsam regierten Vier-Sektoren-Stadt. Die deutschen Ostgebiete, also Ostpreußen, Pommern, Schlesien und Ost-Brandenburg, blieben zunächst ausgenommen.

    Unter fremder Verwaltung

    Seine endgültige Fassung erhielt dieser Teilungsplan mit dem Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945. In der Vereinbarung wurde Ostdeutschland unter polnische beziehungsweise – im Falle des nördlichen Ostpreußens – unter sowjetische Verwaltung gestellt. Wohlgemerkt: Eine Abtretung der Gebiete an Polen war nicht vorgesehen.

    Dazu heißt es im Potsdamer Protokoll:

    „Die Häupter der drei Regierungen stimmen darin überein, dass bis zur endgültigen Festlegung der Westgrenze Polens die früher deutschen Gebiete östlich der Linie, die von der Ostsee unmittelbar westlich von Swinemünde und von dort die Oder entlang bis zur tschechoslowakischen Grenze verläuft, einschließlich des Teils Ostpreußens, der nicht unter die Verwaltung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken in Übereinstimmung mit den auf dieser Konferenz erzielten Vereinbarungen, und einschließlich des Gebietes der früheren Freien Stadt Danzig unter die Verwaltung des polnischen Staates kommen und in dieser Hinsicht nicht als Teil der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland betrachtet werden sollen.“

    Damit war die Oder-Neiße-Linie geboren.

    Warschau behandelte die ihm dadurch unterstellten Gebiete allerdings von Anfang an als „polnisch“ und wollte vollendete Tatsachen schaffen. In seinem Buch „Die Geschichte der Oder-Neiße-Linie“ schreibt der Historiker und Staatsrechtler Michael A. Hartenstein:

    „Einhergehend mit der Vertreibung der deutschen Bevölkerung erfolgte in den Oder-Neiße-Gebieten eine Besiedlung mit Polen. Gleichzeitig gliederte der polnische Staat die Oder-Neiße-Gebiete durch Verwaltungsmaßnahmen in das Staatswesen ein. Mit einem Dekret vom 13. November 1945 wurde für eine Übergangszeit ein Sonderministerium für die ‚wiedergewonnenen Gebiete‘ (…) eingerichtet.“

    Es folgte eine Verwaltungsneugliederung und faktische Übereignungen von Land und Gut der deutschen Bewohner an die polnischen „Kolonisten“.

    Hartenstein stellt fest: „Aus den weitreichenden Rechtsakten Polens, durch die die Oder-Neiße-Gebiete trotz des juristischen Vorbehaltes faktisch in den polnischen Staat eingegliedert wurden, ist ersichtlich, dass Polen sich in Konsequenz seiner schon vor Kriegsende gezeigten politischen Haltung auf Dauer in seinen ursprünglich deutschen ‚Verwaltungsgebieten‘ einrichten und diese für immer behalten wollte.“

    Fortan stand für Warschau die Frage nach der internationalen Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als polnische Westgrenze ganz oben auf der Agenda.

    Kein Verzicht: Auch die Unionsparteien setzten sich anfangs vehement für die völkerrechtlich gültigen Grenzen ein. Foto: KAS

    Kampf ums Heimatrecht

    Deutsche Politiker der unmittelbaren Nachkriegszeit waren nicht gewillt, dies hinzunehmen. Das war auch für Kurt Schumacher, den ersten Parteivorsitzenden der SPD in der Nachkriegszeit, eine Selbstverständlichkeit.

    Vor Studenten in Hamburg sagte Schumacher am 4. September 1946 „Lange bevor noch irgendjemand in Deutschland den Mund aufzumachen wagte, haben Sozialdemokraten schon gesagt, dass die Oder-Neiße-Grenze nationalpolitisch und ernährungspolitisch eine Unmöglichkeit ist.“

    Und weiter: „Dieses verwüstete Niemandsland, auf dem kein Halm und keine Ähre wächst, das die Polen weder volklich noch politisch noch organisatorisch auszugestalten in der Lage sind, ist das Terrain, um das wir kämpfen.“

    Vor dem Deutschen Bundestag erklärte Schumacher, der von den Nationalsozialisten ins KZ gesteckt worden war, am 10. März 1950:

    „Die Schaffung des Bonner Grundgesetzes hat diese Auffassung von einem einheitlichen Deutschland, einschließlich der sowjetischen Besatzungszone und einschließlich der besetzten Gebiete östlich von Oder und Neiße, in nichts aufgegeben.“

    Dies bekräftigte er noch mal in einer Rede vom 13. Juni 1950:

    „Die Oder-Neiße-Linie ist ja nicht nur das Problem der deutschen Grenzen, die Oder-Neiße-Linie ist auch das Problem des Rückkehr- und Heimatrechts der Ostvertriebenen, zu dem wir uns bekennen müssen.“

    Und auf einer Kundgebung vor den Messehallen in Berlin am 17. August 1951 erklärte der SPD-Chef unter „stürmischem Beifall“ (laut Protokoll):

    „Keine deutsche Regierung und keine deutsche Partei können bestehen, die die Oder-Neiße-Linie anerkennen. Wir lehnen es ab, uns in die Politik des Nationalverrats und des Verrats an den Menschheitsideen durch die Kommunisten, durch die pseudobürgerlichen Satelliten in der Zone und durch die Sowjets verstricken zu lassen.“

    Auch für CDU, CSU und FDP war damals klar, dass die Ostgebiete nach wie vor als Teil eines gesamtdeutschen Vaterlandes anzusehen sind. Der christdemokratische Bundeskanzler Konrad Adenauer teilte den Vertriebenen in einem Aufruf zum Jahreswechsel 1946/47 mit, dass „kein christlich-demokratischer Politiker einen Friedensvertrag unterschreiben wird, in dem die Oder-Neiße-Linie anerkannt wird“.

    Die FDP schloss sich dieser Haltung mit einer Erklärung am 7. Januar 1947 an. Mit dem Gesamtdeutschen Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten gab es in Westdeutschland sogar eine parlamentarisch verankerte Partei für die Interessen der Ostdeutschen.

    Ostpreußen, Pommern, Schlesien und das Sudetenland – unvergessen! Mit unseren neuen Silbermünzen „Deutsche Ostgebiete“ erinnern wir an die alte Heimat und das Schicksal der Heimatvertriebenen. Hier mehr erfahren.

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