Die Oder-Neiße-Linie war nie als Polens Westgrenze vorgesehen. Darauf setzte anfangs auch die deutsche Politik. Vor allem der damalige SPD-Chef pochte auf das Heimatrecht der Vertriebenen, wie auch Michael Hartenstein in seinem Buch „Die Geschichte der Oder-Neiße-Linie“ eindrucksvoll dokumentiert. Hier mehr erfahren.

    Mit dem Londoner Protokoll vom 12. September 1944 hatten die Alliierten die Aufteilung Deutschlands mit Gebietsstand vom 31. Dezember 1937 in mehrere Besatzungszonen beschlossen – mit Groß-Berlin als einer anfangs gemeinsam regierten Vier-Sektoren-Stadt. Die deutschen Ostgebiete, also Ostpreußen, Pommern, Schlesien und Ost-Brandenburg, blieben zunächst ausgenommen.

    Unter fremder Verwaltung

    Seine endgültige Fassung erhielt dieser Teilungsplan mit dem Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945. In der Vereinbarung wurde Ostdeutschland unter polnische beziehungsweise – im Falle des nördlichen Ostpreußens – unter sowjetische Verwaltung gestellt. Wohlgemerkt: Eine Abtretung der Gebiete an Polen war nicht vorgesehen.

    Dazu heißt es im Potsdamer Protokoll:

    „Die Häupter der drei Regierungen stimmen darin überein, dass bis zur endgültigen Festlegung der Westgrenze Polens die früher deutschen Gebiete östlich der Linie, die von der Ostsee unmittelbar westlich von Swinemünde und von dort die Oder entlang bis zur tschechoslowakischen Grenze verläuft, einschließlich des Teils Ostpreußens, der nicht unter die Verwaltung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken in Übereinstimmung mit den auf dieser Konferenz erzielten Vereinbarungen, und einschließlich des Gebietes der früheren Freien Stadt Danzig unter die Verwaltung des polnischen Staates kommen und in dieser Hinsicht nicht als Teil der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland betrachtet werden sollen.“

    Damit war die Oder-Neiße-Linie geboren.

    Warschau behandelte die ihm dadurch unterstellten Gebiete allerdings von Anfang an als „polnisch“ und wollte vollendete Tatsachen schaffen. In seinem an der historischen Wahrheit orientierten Buch „Die Geschichte der Oder-Neiße-Linie“ schreibt der Historiker und Staatsrechtler Michael A. Hartenstein:

    „Einhergehend mit der Vertreibung der deutschen Bevölkerung erfolgte in den Oder-Neiße-Gebieten eine Besiedlung mit Polen. Gleichzeitig gliederte der polnische Staat die Oder-Neiße-Gebiete durch Verwaltungsmaßnahmen in das Staatswesen ein. Mit einem Dekret vom 13. November 1945 wurde für eine Übergangszeit ein Sonderministerium für die ‚wiedergewonnenen Gebiete‘ (…) eingerichtet.“

    Es folgte eine Verwaltungsneugliederung und faktische Übereignungen von Land und Gut der deutschen Bewohner an die polnischen „Kolonisten“.

    Hartenstein stellt in „Die Geschichte der Oder-Neiße-Linie“ fest:

    „Aus den weitreichenden Rechtsakten Polens, durch die die Oder-Neiße-Gebiete trotz des juristischen Vorbehaltes faktisch in den polnischen Staat eingegliedert wurden, ist ersichtlich, dass Polen sich in Konsequenz seiner schon vor Kriegsende gezeigten politischen Haltung auf Dauer in seinen ursprünglich deutschen ‚Verwaltungsgebieten‘ einrichten und diese für immer behalten wollte.“

    Fortan stand für Warschau die Frage nach der internationalen Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als polnische Westgrenze ganz oben auf der Agenda.

    Kein Verzicht: Auch die Unionsparteien setzten sich anfangs vehement für die völkerrechtlich gültigen Grenzen ein. Foto: KAS

    Kampf ums Heimatrecht

    Deutsche Politiker der unmittelbaren Nachkriegszeit waren nicht gewillt, dies hinzunehmen. Das war auch für Kurt Schumacher, den ersten Parteivorsitzenden der SPD in der Nachkriegszeit, eine Selbstverständlichkeit.

    Vor Studenten in Hamburg sagte Schumacher am 4. September 1946:

    „Lange bevor noch irgendjemand in Deutschland den Mund aufzumachen wagte, haben Sozialdemokraten schon gesagt, dass die Oder-Neiße-Grenze nationalpolitisch und ernährungspolitisch eine Unmöglichkeit ist.“

    Und weiter: „Dieses verwüstete Niemandsland, auf dem kein Halm und keine Ähre wächst, das die Polen weder volklich noch politisch noch organisatorisch auszugestalten in der Lage sind, ist das Terrain, um das wir kämpfen.“

    Vor dem Deutschen Bundestag erklärte Schumacher, der von den Nationalsozialisten ins KZ gesteckt worden war, am 10. März 1950:

    „Die Schaffung des Bonner Grundgesetzes hat diese Auffassung von einem einheitlichen Deutschland, einschließlich der sowjetischen Besatzungszone und einschließlich der besetzten Gebiete östlich von Oder und Neiße, in nichts aufgegeben.“

    Dies bekräftigte er noch mal in einer Rede vom 13. Juni 1950:

    „Die Oder-Neiße-Linie ist ja nicht nur das Problem der deutschen Grenzen, die Oder-Neiße-Linie ist auch das Problem des Rückkehr- und Heimatrechts der Ostvertriebenen, zu dem wir uns bekennen müssen.“

    Und auf einer Kundgebung vor den Messehallen in Berlin am 17. August 1951 erklärte der SPD-Chef unter „stürmischem Beifall“ (laut Protokoll):

    „Keine deutsche Regierung und keine deutsche Partei können bestehen, die die Oder-Neiße-Linie anerkennen. Wir lehnen es ab, uns in die Politik des Nationalverrats und des Verrats an den Menschheitsideen durch die Kommunisten, durch die pseudobürgerlichen Satelliten in der Zone und durch die Sowjets verstricken zu lassen.“

    Auch für CDU, CSU und FDP war damals klar, dass die Ostgebiete nach wie vor als Teil eines gesamtdeutschen Vaterlandes anzusehen sind. Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) teilte den Vertriebenen in einem Aufruf zum Jahreswechsel 1946/47 mit, dass „kein christlich-demokratischer Politiker einen Friedensvertrag unterschreiben wird, in dem die Oder-Neiße-Linie anerkannt wird“.

    Die FDP schloss sich dieser Haltung mit einer Erklärung am 7. Januar 1947 an. Mit dem Gesamtdeutschen Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten gab es in Westdeutschland sogar eine parlamentarisch verankerte Partei für die Interessen der Ostdeutschen.

    Lesen Sie am Sonntag, 14. April, den zweiten Teil dieses Beitrags.

    Enthüllung: In der Endphase des Zweiten Weltkrieges entstand die Oder-Neiße-Linie, ohne von den Alliierten als neue polnische Westgrenze festgelegt zu werden. Erst der Chauvinismus Warschaus und die deutsche Verzichtspolitik ab den 1970 Jahren führte zur Preisgabe des deutschen Ostens, wie der Staatsrechtler und Historiker Michael Hartenstein in seinem Enthüllungswerk „Die Geschichte der Oder-Neiße-Linie“ akribisch belegt. Hier bestellen.

    12 Kommentare

    1. Peter vom Berge am

      Die Oder-Neiße-Linie war nur ein Teil des Kampfes gegen das deutsche Volk.

      Und der Deutsche Wahnsinn ist nur ein Teil des Ergebnisses dieses Kampfes: Manifestierte er sich im 20 Jahrhundert als faschistischer Krieg gegen die Sowjetunion, mutierte er im 21. Jahrhundert zum zynischen "Klima"-Betrug gegen das eigene Volk.

      https://freedert.online/inland/202452-klimaschutzgesetz-verkehrsminister-volker-wissing-droht/

    2. Die deutschen Schleimer und Pudeln der USA, verdienen das sie ihre Gebiete verloren haben. Sie sind in der Falle der Angelsachsen hereingefallen, wie gerade wieder in der Ukraine, lernen nichts daraus und werden wieder Gebiete verlieren. Und nicht vergessen, 3 mal am Tag beten. "Danke Befreier USA, Amen". Die Polen lachen euch täglich aus, ohne Stolz und Würde Schluckt ihr aus. Obwohl ich dafür bin das die Gebiete wieder zu Deutschland gehören sollten, was korrekt wäre. Aber gegen Russland die ihre Gebiete von den Nazis der Ukraine gerade befreien, hetzt ihr wie Besessene. Die USA spielen mich euch Tischtennis nach Belieben.

    3. Kurt Schumacher war damals deutlich nationaler als Konrad Adenauer, der eigentlich nur seine rheinische Republik mit Westbinding an Frankreich und die USA haben wollte…

    4. Kurt Schumacher starb schon 1952, Albrecht Müller, Werner Rügemer und Gerhard Schröder leben noch, aber ansonsten steht die rote Farbe nur noch für Blut, grenzenlosen Krieg, Landesverrat und Tod.

    5. Rechtskatholik am

      Schumacher ist ein interessanter Kopf. Er wollte damals eine Art rechte Sozialdemokratie mit christlich-abendländischer Grundlage. Also Politik für den kleinen Mann, aber national und wertkonservativ. Keine schlechte Idee, sie ist aber nie zur Ausführung gekommen. Vielleicht kann sich die AfD die eine oder andere Anregung von dieser Linie der Sozialdemokratie holen. In jedem Fall kann sie sich stärker auf Schumacher berufen als die heutige SPD, die ihn ja im Grunde canceln müsste.

    6. Spionageabwehr am

      Die Zeit ist gekommen,
      an die ganzen Schieflagen in Europa zu erinnern

      Von den Weltkriegskomplizen USA, GB, Russland geschaffen.
      Die alte Ententante von 1914, die "Alliierten" von 1939.

      Rochade: Gerade zieht der Turm Russland gegen => Europa, nach West. In Kürze wohl der König USA nach Ost gegen => China.

      Europa und China.
      Die neue polnische Regierung ist im Gegensatz zur alten PIS ganz vernünftig.
      Mit etwas Glück renkt sich alles wieder ein.

    7. Der Beobachter am

      Dr. Kurt Schumacher, der wirklich große Sozialdemokrat, der braune und rote Nazis gleichermaßen bekämpfte und nicht zuletzt eine Abneigung gegen pseudodemokratische und pseudochristliche Politiker hegte, die sich willfährig nach 1945 den "Alliierten" anbiederten und von denen unterstützt wurden. Für ihn war es Frevel, wenn deutsche Politiker deutsche Interessen ignorierten. Entsprechend wurde er, der im KZ inhaftiert war, von Kommunisten propagandistisch zudem extrem verleumdet wurde, auch von CDU/CSU oder FDP behandelt, die nach 1945 ff. viele braune Nazis und später, nach 1990, viele DDR-Blockflöten in ihren Reihen hatten. Heute kennen die meisten Sozis, da bildungsfern, den Namen Kurt Schumacher nicht einmal. Ohne ihn hätte sich eine gesamtdeutsche (kommunistische) SED herausgebildet, die Vereinigung von KPD und SPD wäre auch in den damaligen Westzonen Realität geworden. Und er war der einzige politische Vertreter nach Kriegsende, der aufgrund seiner Vita deutsche Interessen gegenüber Amis, Briten, Franzosen und Sowjets gleichermaßen deutlich und mutig vertreten konnte und auch vertrat! Angesicht der Politik der aktuellen SPD dürfte Kurt Schumacher im Grab rotieren!

      • "Braune Nazis", oha! Aber Schumacher war in der Tat ein deutscher Patriot im Gegensatz zu Adenauer mit seiner einseitigen Westbindung. das ist ganz typisch für die CDU-Transatlantiker wie auch Merz und Konsorten…

    8. Wirklich sehr interessant ! Diese Fakten waren mir bis jetzt nicht bekannt.

      Aber glaubt jemand ernsthaft, das heutige Parteienvolksverräterkartell würde noch für deutsche Interessen mit damaliger Vehemenz eintreten ? Das darf man nicht mal träumen.
      Und dann noch eine feministische Bockarbeiterin im AA, die keinen einzigen Satz geradeaus sprechen kann und unter akutem Bildungsnotstand leidet ? Gott hilf !!

    9. Mal ne blöde Frage.
      Wer Polen sagt sagt damit doch auch Vatikan?
      Oder etwa nicht?

    10. Wiederholungen gefallen nicht, aber Tick for Tack : Die Einzigen, welche tatsächlich die Macht hatten, Ostdeutschland an Polen zu verschenken waren die Russen und die haben es getan, sind also die Verantwortlichen, Punkt, aus.