Verschiedene Nachrichtenportale berichten aktuell über den neuen Plan des US-Präsidenten Donald Trump, das amerikanische Truppenkontingent in Syrien massiv zu reduzieren oder sogar ganz abzuziehen. Nicht nur Israel hat Bedenken, Panik herrscht bei den Kurden: Sie fürchten, binnen kürzester Zeit von Islamistengruppen und pro-türkischen Milizen überrannt zu werden. Diese Vorgänge lassen Erinnerungen an den amerikanischen Rückzug aus Afghanistan aufkommen. Und verdeutlicht einmal mehr, dass die Amerikaner kein zuverlässiger Bündnispartner sind. In der Januar-Ausgabe von COMPACT „Krieg oder Frieden – Deutschland vor der Entscheidung“ zeigen wir, vor welchen geopolitischen Wendepunkten die Welt in den nächsten Wochen steht. Hier mehr erfahren.
Jahrelang hatten die syrischen Kurden mit ihren YPG-Volksverteidigungseinheiten und den Demokratischen Streitkräften Syriens (SDF) gegen Präsident Bashar al-Assad gekämpft. Stets wurden sie vom Westen verhätschelt und aufgerüstet, waren für die Amerikaner ein praktisches Werkzeug, um den US-Zugang zu den syrischen Ölquellen zu sichern. Statt sich in den fast 15 Jahren des Bürgerkrieges mit Assad über eine Stärkung der politischen Autonomie für die Kurdengebiete zu einigen und im Gegenzug die Feindschaft einzustellen, erhofften sich die syrischen Kurden mit Hilfe der USA einen eigenen Staat.

Doch schon nach dem militärischen Sieg über den IS, an dem die Kurden großen Anteil hatten, fielen die Amerikaner ihnen in den Rücken. Und auch jetzt, nachdem islamistische Milizen um Haiʾat Tahrir asch-Scham (HTS) die Macht in Syrien übernommen haben, drohen die Kurden zum großen Verlierer zu werden: Islamistische Gruppen, sowie die Freie Syrische Armee (FSA), die von der Türkei unterstützt wird, bereiten eine Großoffensive auf die Kurdengebiete im Nord-Osten Syriens vor. Schon jetzt kommt es entlang des Euphrats immer wieder zu Zusammenstößen. Die Überlegungen von US-Präsident Donald Trump, seine Truppen aus Syrien abzuziehen, kommen für die Kurden damit zur Unzeit. Doch sie hätten damit rechnen können.
Trump will amerikanische Beteiligung an fremden Konflikten reduzieren
Dass sich die Amerikaner aus Syrien zurückziehen, fügt sich in die Außenpolitik der ersten Amtszeit von Donald Trump, in der auch das US-Abenteuer in Afghanistan beendet wurde. Mit dem Ergebnis, dass die Taliban nach 20 Jahren binnen weniger Wochen die politische Macht zurückerlangte.
So könnte es auch in Syrien geschehen: Die kurdischen Einheiten sind nicht in der Lage, die bisher gehaltenen Gebiete ohne US-Unterstützung (sowohl militärisch, als auch logistisch) zu halten. Insbesondere die Türkei, die verständlicherweise kein allzu großes Interesse an einer starken, der Terrororganisation PKK nahestehenden Autonomieregion an ihrer südlichen Landesgrenze hat, gilt dagegen als wichtigster Unterstützer der FSA, die dementsprechend auf die Hilfe eines NATO-Mitgliedes setzen kann.
Den Kurden wird nur die Integration in das „neue Syrien“ bleiben
Bereits unmittelbar nach dem erfolgreichen Putsch gegen Assad hatte der neue syrische Machthaber Ahmed al-Scharaa, der bis dahin unter seinem Kampfnamen „al Dscholani“ aufgetreten war, angekündigt, keine Milizen zu tolerieren, die nicht direkt dem Staat unterstellt seien. Dies gelte explizit auch für die Kurden. Wenn sich die Amerikaner tatsächlich zurückziehen sollten, wird den syrischen Kurden angesichts der eindeutigen Kräfteverhältnisse daher mittelfristig keine andere Alternative bleiben, als die eigenen Waffen niederzulegen und in der neu formierten Armee Syriens aufzugehen.
Langsam dürfte den Kurden dämmern, dass sie sich wieder einmal auf die falschen Partner verlassen haben: In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) kritisiert der SDF-Kommandeur Mazloum Abdi die Streichung der bisher den Kurden bereitgestellten finanziellen Zuwendungen, die Trump unmittelbar nach seinem Amtsantritt verfügt hatte, scharf. Es sei zu befürchten, dass der Islamische Staat (IS) bald wieder erstarken würde. Tatsächlich haben die Islamisten die Macht aber längst wieder übernommen, als vom Westen hofierte Putschisten, die nun freundlich die Hände der Staatschefs aller Länder schütteln. Verloren haben dagegen die Kurden.
Der Konflikt in Syrien wird uns auch in Deutschland weiter beschäftigten, nicht nur wegen hunderttausender Syrer, die unverzüglich in ihre Heimat abgeschoben werden müssten. In der Januar-Ausgabe von COMPACT „Krieg oder Frieden – Deutschland vor der Entscheidung“ zeigen wir, wie komplex die Situation im Nahen Osten ist. Hier bestellen.