Der Pontifex in Rom hat den Iran, Israel und die internationale Staatengemeinschaft zu „Verantwortung und Vernunft“ aufgerufen. Dabei unterließ er einseitige Schuldzuweisungen. Was die Welt vom neuen Mann auf dem Heiligen Stuhl zu erwarten hat, lesen Sie in unserer Juni-Ausgabe mit dem Titelthema „Der letzte Papst“. Die Kirche zwischen Himmel und Hölle. Hier mehr erfahren.
Angesichts des anhaltenden Krieges zwischen Israel und dem Iran hat Papst Leo XIV. einen dringenden Appell an beide Konfliktparteien gerichtet, Verantwortung und Vernunft walten zu lassen, um einen dauerhaften Frieden zu schaffen. In einer Ansprache im Petersdom während einer Sonderaudienz zum Heiligen Jahr am vergangenen Sonnabend forderte das Oberhaupt der katholischen Kirche den Iran, Israel sowie die internationale Gemeinschaft auf, Wege der Versöhnung zu beschreiten und die nukleare Bedrohung zu bannen.
Die Sache des Friedens unterstützen
In seiner Ansprache erklärte der Papst:
„In dieser heiklen Zeit möchte ich einen erneuten Appell an Verantwortung und Vernunft richten. Die Situation in Iran und in Israel hat sich gravierend verschlimmert. Niemand sollte jemals die Existenz eines anderen bedrohen. Es ist die Pflicht aller Länder, die Sache des Friedens zu unterstützen, Wege der Versöhnung einzuleiten und Lösungen zu fördern, die Sicherheit und Würde für alle garantieren. Das Engagement für eine sicherere Welt, frei von nuklearer Bedrohung, muss durch respektvolle Begegnung und aufrichtigen Dialog fortgesetzt werden, um einen dauerhaften Frieden zu schaffen, der auf Gerechtigkeit, Brüderlichkeit und dem Gemeinwohl beruht.“
Die jüngsten Spannungen zwischen Israel und dem Iran begannen in der Nacht auf Freitag, den 13, Juni, mit einer großangelegten israelischen Offensive, die Medienberichten zufolge vor allem gegen das iranische Nuklearprogramm und militärische Ziele gerichtet war.
Nach Angaben des israelischen Militärs feuerte der Iran in der Nacht auf Samstag Dutzende Raketen auf Israel als Vergeltung, was zu erheblichen Schäden und Verlusten führte. Israel, die einzige Atommacht der Region, intensivierte daraufhin die Angriffe auf Teheran, wobei unter anderem Öldepots und ein Gebäude des iranischen Verteidigungsministeriums getroffen wurden.
Vatikan wahrt Neutralität
Experten sehen in der Ansprache eine Fortsetzung der Friedensbemühungen des Vatikans. Muriel Asseburg, Nahostexpertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin, kommentierte laut der katholischen Tagespost:
„Der Papst vermeidet bewusst eine Parteinahme und fokussiert sich auf die universelle Verantwortung für Frieden. Dies ist besonders relevant, da die nukleare Aufrüstung des Irans von Israel als existenzielle Bedrohung wahrgenommen wird.“
Die italienische Zeitung Il Messaggero schreibt: „Papst Leo XIV. setzt ein starkes Zeichen in einer Region, die von Misstrauen und Gewalt geprägt ist. Sein Aufruf zur Vernunft ist ein Versuch, die Spirale der Eskalation zu durchbrechen.“
Der Papst als Vermittler
Leo XIV., der erste US-amerikanische Papst, knüpft mit seiner Ansprache an die Friedensinitiativen seines Vorgängers Franziskus an. Bereits am 11. Mai hatte er bei seinem ersten Sonntagsgebet auf dem Petersplatz einen umfassenden Friedensappell ausgesprochen – und dabei wörtlich gesagt: „Nie wieder Krieg!“ Sein aktuelles Engagement im Nahostkonflikt wird von verschiedenen Seiten als Versuch angesehen, den Heiligen Stuhl als neutrale Vermittlungsstelle zu etablieren.
Der Vatikan hat eine lange Tradition in der Friedensdiplomatie, gerade auch mit Blick auf den Nahen Osten. So lud Papst Franziskus 2014 den israelischen Staatschef Shimon Peres und den Palästinenserpräsidenten Mahmoud Abbas zu einem gemeinsamen Gebet in den Vatikan ein, um den Frieden zu fördern. Leo XIV. scheint diesen Ansatz fortzuführen, indem er betont, dass Frieden nur durch Dialog und gegenseitigen Respekt erreicht werden kann.
Deeskalation und Dialog
Der jetzige Appell des Papstes ist ein klares Signal für Deeskalation und Dialog in einer Region, die von Konflikten geprägt ist. Seine Forderung nach Verantwortung und Vernunft sowie sein Aufruf zu einem respektvollen Dialog spiegeln die Dringlichkeit wider, die Spirale der Gewalt zu durchbrechen.
Ob seine Worte Gehör finden, bleibt angesichts der tief verwurzelten Feindschaften und geopolitischen Interessen ungewiss. Dennoch unterstreicht der Vatikan mit diesem Aufruf seine Rolle als moralische Instanz in einer krisengeschüttelten Welt.
Was hat die Welt vom neuen Mann auf dem Heiligen Stuhl zu erwarten? Das erfahren Sie in unserer Juni-Ausgabe mit dem Titelthema „Der letzte Papst“. Die Kirche zwischen Himmel und Hölle. Hier mehr erfahren.