Ein linker Cartoonist warnt vor der baldigen Machtergreifung der AfD und erhält für seine gratismutige Zeichnung den Deutschen Karikaturenpreis in Gold. Ein Armutszeugnis für die deutsche Kulturszene, die Satire im Sicherheitsmodus präsentiert. Wir zeigen Ihnen in unserer Oktober-Ausgabe „Spaß-Guerilla von Rechts“, dass die Rechten mehr Sinn für Humor haben als die linke Kulturschikeria. Hier mehr erfahren.
Der Deutsche Karikaturenpreis – von der Sächsischen Zeitung und dem Weser-Kurier vergeben – wird gern als Vorzeigebeispiel der gezeichneten Freiheit verkauft. Bleistifte als Speerspitzen der Demokratie, Zeichenblätter als letzte Bollwerke gegen die wohlstandsverwahrlosende Langeweile. Doch man könnte meinen, dass die ausgezeichneten Werke in erster Linie lieber sichere Themenfelder bedienen – dort, wo Applaus bereits garantiert ist.
Die Karikatur „Abwarten“ ist ein Paradebeispiel dieser neuen Sicherheitssatire: Haltung anstatt Risiko. Und trotzdem, oder gerade deswegen, wurde dieses vermeintliche Meisterwerk mit dem Hauptgewinn ausgezeichnet. Der Künstler Piero Masztaler hatte bereits für Eulenspiegel, die Lübecker Nachrichten, den Spiegel und die Jugendzeitschrift Bravo gezeichnet. Für sein Werk erhielt er jetzt den „Geflügelten Bleistift“ in Gold, verbunden mit einem Preisgeld von 4.000 Euro.

„Ebenso mutig wie nötig“
In der Karikatur sind zwei Personen zu sehen, die mit gefesselten Händen an einer Wand sitzen. Hinter ihnen stehen zwei bewaffnete Figuren in dunkler Kleidung, deren Armbinden grafisch an historische Kennzeichen aus der NS-Zeit erinnern – allerdings mit der Aufschrift „AfD“ anstelle eines Hakenkreuzes. Der Mann äußert sinngemäß, man hätte sich vielleicht stärker für die Demokratie engagieren sollen. Die Frau bittet ihn daraufhin, erst einmal abzuwarten.
Die Jury begründete ihre Entscheidung mit den Worten: „Es ist der wohl bitterste Witz der neueren Geschichte und der Gegenwart, dass viele Autokraten durch mehr oder weniger freie Wahlen an die Macht gekommen sind. Piero Masztalerz treibt mit dem Entsetzen darüber Scherz. Das ist ebenso mutig wie nötig und in seiner Klarheit absolut preiswürdig. “
Doch „Abwarten“ liefert jene Sorte Satire, die erst anklopft, ob der Konsens zu Hause ist, bevor sie einen Strich aufs Papier setzt. Die Zeichnung sagt nicht: „Passt auf, die Geschichte könnte sich wiederholen.“ Sie sagt: „Ich will gefallen – und das bitte um jeden Preis.“
Die Kunst wartet
Statt Mut zur Debatte serviert sie nur den Nachweis, dass der Cartoonist weiß, wo die rote Linie liegt. Hier wird nicht gewarnt, sondern sich ins bequeme Nest gesetzt. Dort, wo gesellschaftlicher Konsens längst betonhart ist, wird federleicht drauflos gekritzelt. Risiko? Nullkommanull.
Der Preis adelt jene Kunst, die gar nichts mehr aufs Spiel setzt – außer die Möglichkeit, das eigene Publikum irgendwann zu langweilen.
Die Jury nennt es „mutig“. Doch wer nur dorthin zielt, wo niemand zurückschießt, kämpft nicht. So verkommt Satire zum moralischen Begleitorchester: musikalisch korrekt, inhaltlich erwartbar, immerfort im Takt des Zeitgeists. „Abwarten“ – der Titel passt am Ende besser, als es die Zeichnung beabsichtigt: Die Kunst wartet. Auf den Moment, in dem sie sich wieder traut, wirklich unbequemen Widerstand zu leisten.
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