Die CSU in Bayern verliert zunehmend die jungen Menschen, die AfD wird stärker und stärker. Das geht aus einer Umfrage unter Minderjährigen hervor. Strukturen aus Filz und Korruption könnten sich also bald auflösen. COMPACT hat den bayerischen Schwarzen im Sonderheft „Die Altparteien“ ein eigenes Kapitel gewidmet. Hier mehr erfahren.
Es war eine ebenso aufwendige wie üppige Erhebung, die der Bayerische Jugendring im Freistaat Anfang dieses Monats koordiniert hatte: Eine Bundestagswahl für Kinder und Jugendliche. Am Ende nahmen mehr als 52.000 Minderjährige an der Aktion teil; eine beeindruckende Resonanz. Etwa 600 Wahllokale waren organisiert worden.
Große Schlappe für Söder
Die CSU unter Ministerpräsident Markus Söder hatte die bayerischen Jugendlichen eigentlich über Jahre fest im Griff. Vor allen Dingen auf den Dörfern galt: Wer Karriere machen will, der stellt sich gut mit dem schwarzen Filz im ganzen Land, der auch Sportvereine, Kirchenchöre und Bildungseinrichtungen erfasst hatte. Und nun? Nur noch gut 20 Prozent der Jungen wählen CSU. Das ist für Söder ein Schlag ins Gesicht, eine schallende Ohrfeige, ein heftiger Kinnhaken.
Der Vorsprung vor der AfD beträgt nur noch wenige Prozentpunkte. 17,5 der ganz, ganz Jungen haben Blau gewählt. Das bestätigt, was sich zuletzt bei der Europawahl im vergangenen Jahr schon mehr als angedeutet hatte: Die AfD ist die Partei der Jugend. Sie ist in, sie ist kultig!
Auf dem dritten Platz landet die Linke, die derzeit einen Umfrage-Frühling erlebt. In Bayern kann sie bei der U18-Wahl punkten, kommt auf 17,5 Prozent und schiebt sich noch vor die SPD, die auf 16,2 Punkte hoffen kann. Die ehemals so hippen Grünen erhalten 10,1 Prozent; FDP, Freie Wähler und BSW stürzen unter die Fünfprozenthürde.
Die CSU könnte also geradewegs in ihren Untergang steuern. Sie verliert die Jugend und damit die Zukunft. Rückblickend verbindet man die Partei mit drei prägenden Figuren: Franz Josef Strauß, Edmund Stoiber und Horst Seehofer. Der Erste machte aus dem Agrarland eine Rüstungsschmiede und trieb Helmut Kohl vor sich her. Dem Zweiten gelang es „mit Laptop und Lederhose“, die CSU in die Moderne zu führen. Er war 2002 der Letzte in der Union, der Angela Merkel von der Macht fernhalten konnte. Und der Dritte grollte wie der bayerische Löwe gegen die ewige Kanzlerin – aber es fehlte ihm der Biss.
Weitgespannte Amigo-Netzwerke
Auf den ersten Blick sind die Unterschiede zwischen den Dreien beträchtlich: Strauß war ein Volkstribun, der im Duktus eines Catilina gegen die „Ratten und Schmeißfliegen“ der Linken wetterte und promillegeschwängerte Bierzelte mit Lateinzitaten und Blasmusik zur Raserei bringen konnte.
Stoiber hingegen war alles andere als ein Redner. Legendär waren vielmehr seine Verhaspler. Seine Macht verdankte Stoiber nicht Rhetorik und Charisma, sondern weitgespannten Amigo-Netzwerken. Seehofer war ein gütiger Landesvater – aber letztlich nicht gegenüber seinen Bürgern, sondern gütig, zu gütig gegenüber seiner Herrin im fernen Berlin.
Strauß, Stoiber, Seehofer – das ist die Geschichte eines qualitativen Niedergangs des Führungspersonals. Sie verdeutlicht exemplarisch die Verschiebung des politischen Meinungskorridors in der Bundesrepublik – und den Linksruck einer ehemals konservativen Partei.
„Es darf rechts von uns keine demokratisch legitimierte Partei geben“ – gerne verweisen Politiker der Unionsparteien auf dieses Zitat von Strauß und merken dabei gar nicht, wie grotesk es ist: Nach heutiger Betrachtung wäre er nämlich selbst ein gemeingefährlicher Staatsfeind, würde unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen und als „Rechtsextremist“ gelten.
Tschüß, absolute Mehrheiten!
Die CSU holte unter Strauß noch absolute Mehrheiten – und die Jugend folgte ihm. Stoiber schlug sich 2002 als Kanzlerkandidat immerhin noch achtbar gegen den Amtsinhaber Gerhard Schröder und teilte mit ihm die Ablehnung einer deutschen Beteiligung am Irakkrieg. Von Seehofer bleibt positiv in Erinnerung vor allem sein Bonmot aus dem Jahr 2010: „Diejenigen, die entscheiden, sind nicht gewählt, und diejenigen, die gewählt werden, haben nichts zu entscheiden.“
Und nun? Gute 21 Prozent der ganz Jungen wollen nur noch folgen. Für die CSU ist das ein Desaster. Bundesweit sieht die Lage bei den Minderjährigen so aus: Die Linke erringt einen Überraschungserfolg und kommt auf 20,8 Prozent. 166.443 Stimmung wurden abgegeben. Es folgen die SPD mit 17,9 Prozent, die CDU/CSU mit 15,7 Prozent, die AfD mit 15,5 Prozent und Bündnis 90/Die Grünen mit 12,5 Prozent. Die Tierschutzpartei erhielt 3,8 Prozent, die FDP 3,4 Prozent und das BSW 3,4 Prozent. Sieben Prozent entfallen zudem auf weitere Parteien.
Die CSU hat sich ihren Absturz redlich verdient. Für Bayern könnte es tatsächlich befreiend wirken, käme frische Luft in den Freistaat. Unser Sonderheft „Die Altparteien“ dokumentiert eindrucksvoll, warum CDUCSUSPDFDPGRÜNE unwählbar sind. Hier bestellen.