Nach der Zwangsfusion der beiden Schweizer Großbanken UBS und Credit Suisse drängt sich die Frage auf, wie mit einer großen Finanzkrise umzugehen ist. Dabei kann sich ein Blick auf eine Insel im Nordatlantik lohnen. In dem COMPACT-Spezial Welt.Wirtschaft.Krisen – vom Schwarzen Freitag zum Corona-Crash werfen bekannte Autoren einen Blick hinter den Vorhang der Weltfinanzmärkte und erklären Ihnen, wer dort die Fäden zieht. Das Heft kann HIER bestellt werden!

    _ von Raphael-Maria Grünwald

    Mit Blick auf die Entwicklung in Island seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahre 2008 drängt sich unweigerlich eine bekannte Wendung aus den Asterix-Comics auf: Die ganze Welt ächzt unter der Knute der internationalen Finanzmärkte? Nein! Die unbeugsamen Isländer hören nicht auf, Widerstand zu leisten – und haben auch noch Erfolg damit.

    „Ein gigantischer Investmentfonds“

    Dass die Nordmeer-Insel, bis zum Ausbruch der Finanzkrise so etwas wie das Eldorado der Finanzmarktliberalisierung, den in der Geschichte dieses Landes beispiellosen Absturz erfolgreich bewältigen konnte, ist ein Lehrstück, das eine nähere Betrachtung verdient.

    Die NachDenkSeiten konstatieren:

    „Island war vor der Krise kein Land mit Banken, sondern ein gigantischer Investment-Fonds mit einem kleinen angeschlossenen Land.“

    Abgesehen von den Steueroasen gab es vermutlich keinen anderen Staat, der sein Finanzwesen so frei schalten und walten ließ, wie es auf Island der Fall gewesen war. Die Isländer wussten die ihnen offerierten, vermeintlichen Vorteile reichlich zu nutzen: ihr Einkommen war vor Ausbruch der Finanzkrise mit durchschnittlich 213 Prozent beliehen; die durchschnittliche Verschuldung eines US-Haushaltes betrug zu diesem Zeitpunkt rund 140 Prozent.

    Mit Hebelwirkung in den Abgrund

    Der Status Islands, nämlich gemessen an der Jahreswirtschaftsleistung (BIP) eine der reichsten Nationen der Welt zu sein, stand also auf tönernen Füßen. Die Nettoauslandsverschuldung erhöhte sich im letzten Jahrzehnt vor der Krise fünfmal so stark wie das BIP und übertraf es schließlich um das Doppelte. 80 Prozent der Schulden entfielen auf die drei großen isländischen Banken Kaupthing, Glitnir und Landsbanki, die um die Jahrtausendwende privatisiert worden war. Um bei ihren Geschäften eine möglichst große „Hebelwirkung“ zu erzielen, hatten diese Banken umfängliche Kredite aufgenommen.

    Reykjavik, die Hauptstadt und das Finanzzentrum Islands. Foto: Mihai Andritoiu I Shutterstock.com.

    Mit dem Ausbruch der Finanzkrise und nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers, der eine dramatische Kreditverknappung nach sich zog, erhielten Islands Banken 2008 plötzlich keine Kredite mehr. Ihre Strategie beruhte darauf, langfristige Geschäfte mit kurzfristigen Geldmarktkrediten zu finanzieren; ein Modell, mit dem sich vor Ausbruch der Krise glänzende Geschäfte machen ließen. Damit war dann quasi über Nacht Schluss. Verschärfend kam hinzu, dass die Anleger ihr Geld von der Insel abzogen, was einen rapiden Kursverfall der isländischen Krone nach sich zog. Das Land geriet nicht nur in eine existenzielle Krise – die Situation schien geradezu aussichtslos.

    Die Umkehr

    In dieser bedrohlichen Lage warfen die Isländer das Steuer mutig um 180 Grad herum und setzten zu einer Kehrtwende in Sachen Finanzmarktliberalisierung an. Während andere Staaten, so als wenn nichts geschehen wäre, ihre Banken schlicht weiterzocken ließen, wurde auf Island eine rigorose Finanzmarktaufsicht ins Werk gesetzt.

    Dabei machte man Nägel mit Köpfen: Kapitalverkehrskontrollen sorgten dafür, dass eine Kapitalflucht vermieden werden konnte. Das inländische Kerngeschäft wurde den alten Banken entwunden und in neue Banken transferiert. Das Eigenkapital für die neuen Banken brachte der isländische Staat auf. Die alten Banken blieben aber nicht nur auf ihren Schulden sitzen; deren leitende Manager bekamen sogar Haftbefehle. Auch diese Haftbefehle kamen nicht von ungefähr: Die isländische Regierung stellte 100 Sonderermittler zusammen, die Jagd auf jene Bankster machen sollen, die das Land in die schlimmste Wirtschaftskrise seiner Geschichte hineinmanövriert hatten.

    Ein in der Eurozone oder den USA völlig undenkbarer Vorgang, wo den verantwortlichen Bankmanagern noch millionenschwere Abfindungen hinterhergeworfen wurden. Bemerkenswert bleibt in diesem Zusammenhang auch die Verurteilung von Geir Haarde, Islands Regierungschef bei Ausbruch der Krise im Jahre 2008. Er wurde wegen „grober Amtsfehler“ verurteilt, blieb allerdings straffrei. Haarde sah das alles natürllich ganz anders und bezeichnete den Prozess gegen ihn als „Farce“; seine wenig überzeugende Auskunft lautete, dass niemand voraussehen konnte, „dass so etwas Krasses mit dem Bankensystem passieren würde“.

    Dass dieses Umsteuern nicht das Werk der liberalkonservativen Regierung Haarde war, die den Weg in den Abgrund geebnet hatte, liegt auf der Hand. Diese Regierung wurde Anfang 2009 durch den Druck der Straße zum Aufgeben gezwungen. Die ihr folgende Linksregierung unter der sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Jóhanna Sigurðardóttir hatte den Mut, unkonventionelle Wege zu gehen.

    Der zweite Teil dieses Artikels wird morgen veröffentlicht.

    Die Weltwirtschaftskrise ab 1929, der Wall-Street-Crash 1987, die große Finanzkrise 2008 sowie die darauf folgende Euro-Krise, der Corona-Crash 2020: COMPACT-Spezial analysiert die Triebkräfte der gegenwärtigen Entwicklung in einem aufrüttelnden historischen Rückgriff. Prominente Fachleute wie Oliver Janich (ehemals „Focus Money“), der frühere Bundesminister Andreas von Bülow und Jürgen Elsässer (Chefredakteur COMPACT-Magazin) schreiben Klartext, nennen die Täter und die Tricks der Hochfinanz. HIER bestellen oder einfach auf das Banner unten klicken!

    Welt.Wirtschaft.Krisen

    22 Kommentare

    1. Spannende artikel aber ich hätte gerne etwas mehr zu wissen bekommen über das eigentlich leben dort. Haben sie dort auch die gleiche zustände erleben müssen wie in Belgien oder Deutschland was kriminalität angeht, migration usw…Oder ist es inzwischen einfacht das paradies auf erde geworden.

    2. Wernherr von Holtenstein am

      @ COMPACT: "(…) erhielten Islands Banken 2008 plötzlich keine Kredite mehr. Ihre Strategie beruhte darauf, langfristige Geschäfte mit kurzfristigen Geldmarktkrediten zu finanzieren (…)"

      So in etwa sah auch das Geschäftsmodell der DDR aus. Mit dem Unterschied, daß dieses kleine Land kaum eine andere Wahl hatte, da der us-geführte "Werte"-Westen den Ostblock gekonnt von der allgemein akzeptierten "Weltwährung Dollar" fernhielt und letzterer somit kaum über Valuta verfügte, um dringend benötigte Waren auf dem Weltmarkt einzukaufen. Hinzu kamen noch allerlei Sanktionen. Wohin dies letztlich führte, ist hinlänglich bekannt.

      weiter in Teil 2

      • Wernherr von Holtenstein am

        Teil 2

        Und nur, weil Island im Maßstab verhältnismäßig unbedeutend ist, ließ der Dollar-Krake die Vikings halbwegs vom Haken. Normalerweise ist dieses System nicht so kulant. Wer sich einmal in die Bücher einer der großen Banken eingeschrieben hat – es sollen ja nur fünf oder gar drei Großbanken sein! -, hat diesen faustischen Vertrag mit seinem Blut unterschrieben. Deshalb geht’s ja auch nach der Krise von 2008 weiter so wie gewollt, denn die Rechnungen werden ohne Zweifel präsentiert werden. Die Beträge werden eben nur immer größer. Es ist im Grunde ein Schneeballsystem par excellence und die Pyramide darf nicht unterbrochen werden. Jedenfalls noch nicht..

        weiter in Teil 3

      • Wernherr von Holtenstein am

        Teil 3

        Bestes Beispiel ist die BRD: 1990 sogar höher verschuldet, als die DDR (13.300 DM zu 8.800 DM pro Kopf), bekam sie trotzdem ein besseres "Ranking" (von wem wohl?!) und zählte somit nicht als pleite und durfte/darf bis heute weitere exorbitante Schulden anhäufen. Dies hat(te) zum einen mit der am Laufen zu haltenden Wirtschaft/"Liquidität" zu tun – wer sollte denn sonst den Weltzahlemann spielen? -, als auch mit der schlußendlich todsicher kommenden Faktura. Die BRD hat(te) neben ihrer geleisteten Unterschrift bei der "Mephisto-Bank" noch ein weiteres Manko – die Entscheidung zur Unterschrift lag nicht bei ihr, sondern bei Mephisto daselbst. Dieser führte sozusagen den Griffel persönlich. Aber der Zahltag kommt und er ist wohl schon recht nahe. Mal sehen, wie das nächste Ranking für die BRD ausfällt.

      • Wernherr von Holtenstein am

        Nachtrag:

        Zur "Abwendung" des großen Kollapses zur Finanzkrise von 2008 bekamen die betroffenen Banken der Welt – also, letztendlich die fünf oder drei Großbanken! – aus den Steuertöpfen der Völker sage und schreibe 9000 Milliarden Dollar an "Zuwendungen". Es mußte ja irgendwie – aber auf jeden Fall so wie bisher und somit natürlich wie geplant – weitergehen mit der "Wirtschaft". Das war bekanntlich "absolut alternativlos", dieses "too big to fail" …

        Der "Kapitalist" beutet seinen "Fabrikarbeiter" aus. Man könnte fast sagen: Offen und ehrlich. Die Großbanken gehen dabei etwas subtiler vor – sie saugen über die korrumpierten "Regierungen" die Steuerzahler aus. Das ist weitaus lukrativer.

    3. "Der Crash kommt" von Max Otte steht gleich hinter mir in der Schrankwand. Von wegen, das hätte niemand voraussehen können! Aber auch in diesem Fall galt: Gier frisst Hirn. Wenn man Dinge, die man mit einem halbwegs gut funktionierenden Verstand ordnen muss, zu Glaubensfragen hochstilisiert, muss man sich nicht wundern, wenn der selbstgemachte Himmel auseinanderbricht und man im Abgrund landet.

    4. Wenn Geld durch Kredit, also durch Sculden entsteht, diese Geldmenge aus speziellen Gründen im Exponenten wachsen muß, so muß die Wirtschaft auch wachsen, was sie aber nicht schafft!
      Silvio Gesell lesen, den Grund der Krise finden und seine Lösung:
      http://freigeldpraktiker.de/weltenaufgang/blog/article/nur-zwei-buecher

      • Edelgard Minkus am

        Wer Gold hat, hat Gold. Wer Geld hat, hat Schulden.
        Geld ist heutzutage ein leitzinspflichtiges Darlehen der Zentralbank.
        Oder ein noch höher zinspflichtiges Darlehen einer Geschäftsbank.
        Vampirismus eingebaut.

    5. jeder hasst die Antifa am

      Bei Gurkensalat ist es einfach ,der kann eine Bank nicht von einer Parkbank und ein Sparbuch nicht von einem Gesangbuch unterscheiden.

    6. jeder hasst die Antifa am

      Das Bankenhaus der EU wackelt es steht auf tönernen Füssen und bricht langsam Auseinander,wer sein Geld noch retten will sollte es bei der Russischen Staatsbank anlegen den der Rubel ist eine sichere Währung.

      • Edelgard Minkus am

        Im sog. Kalten Krieg vor 1989 war es auch im Westen leicht, Geld in Russland anzulegen. Aber heutzutage? Beispiel: Ekosem, eine russische Bio-Molkerei, entwickelt sich prächtig, aber die Zinsen der Anleihe können baerbockverschuldet nicht in die BRD überwiesen werden.

      • Spottdrossel am

        In der EU wird man bei der nächsten Bankenkrise anders vorgehen. Es wird keinen Bankrun der Verängstigten und Geschädigten mehr geben: Das digitale Guthaben der Kunden wird einfach gesperrt ….

    7. Adalwin Knuth am

      Es steht im Schulbuch für Banklehrlinge: Die Laufzeit und Höhe von ausgereichten Darlehen muss mit der Laufzeit und Höhe von hereingenommen Anlagen zusammenpassen. Haben Bankmanager nicht gelesen, was alle Banklehrlinge lernen? Funke, der Manager von Hypo Real Estate, hat es anscheinend nicht gelesen; er hat die Bank mit kurzfristigen Refinanzierungen in die Pleite gefahren und ist mittlerweile vergleichsweise jung verstorben.

    8. Professor_zh am

      Wer braucht eigentlich eine Bank, fragt Professor_zh. – Antwort: Wer vor seinem Haus abends in der Sonne sitzen möchte! Kann man nicht auf der Sonnenseite sitzen, braucht man auch keine Bank!

    9. Peter vom Berge am

      Derzeit versuchen DIE LINKEN SPINNER die Finanzkrise zu lösen, indem sie ihre Gegner (Putin, Trump, …) zur Verhaftung ausschreiben.
      Es hilft aber alles nichts: Die WAHNIDEEN der linken Spinner sind zum Scheitern verurteilt. Das lehren uns die unzähligen Beispiele aus der Geschichte.

      • Fischer's Fritz am

        @ Peter
        "Die WAHNIDEEN der linken Spinner sind zum Scheitern verurteilt."

        Kann bei der Schläfigkeit des deutschen Michels aber noch dauern, wenn bis dahin nicht schon alles den Bach runter ist.
        Und danach als Gegenreaktion hoffentlich nicht die Wahnideen des rechten Narrensaums!

      • Ja das stimmt in dieser kindischen Gesellschaft. Das römische Reich ist durch Überschätzung und Korruption seiner Verwalter und Militär untergangen. Die UDSSR und Jugoslawien als Vielvölkerstaaten ebenfalls. Die US-Kolonie TEUROPA wird ebenfalls das gleiche Schicksal erleiden. Die linken Spinner die sie meinen sind nur die Steigbügelhalter und der Stoßtrupp der internationalen Hochfinanz :-)

        • Auch ein Oberspezialist der Hero, der dem Berg runtergefallen ist und nur Neid auf die wahren Worte des Peter hat. mfg