Die jähe Wende des US-Präsidenten vom Friedenspräsidenten zum Kriegstreiber hat, neben Druck der Israel-Lobby, auch ökonomische Gründe: Die USA sind pleite.
Das Hauptproblem der USA ist nicht die Verschuldung an sich (derzeit 37 Billionen – trillions – Dollar), die im Zentrum des Streits zwischen zwischen Donald Trump und Elon Musk stand: Letzterer wollte entschlossen kürzen, ersterer bremste.
Das Hauptproblem ist vielmehr die sogenannte Nettoauslandsverschuldung, also die Differenz zwischen Schulden gegenüber dem Ausland minus eigener Forderungen an das Ausland: Diese lag für die USA bereits 2021 bei 18 Billionen Dollar, was knapp 80 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung entspricht. Zum Vergleich: 1989 galt die DDR als bankrott, weil ihre Westverschuldung 16 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung betrug. Tatsächlich wollte kein verantwortungsbewusster Anleger dem Arbeiter- und Bauernstaat mehr etwas leihen. Aber im Falle der USA sind Staatsverschuldung und Außenhandelsdefizit für Milliardäre und Fonds auf der ganzen Welt kein Grund, ihr gutes Geld nicht mehr in den USA anzulegen… Was verrückt scheint, hat einen plausiblen Grund: Die US-Regierung kann, anders als die Regierung jedes anderen Schuldnerstaates, den Käufern ihrer Staatspapiere versprechen, jedermann jederzeit und an jedem Ort mit militärischer Gewalt zu zwingen, die an sich wertlosen dollarnominierten Papierschnipsel in Waren einzutauschen. Länder wie der Irak unter Saddam Hussein oder Libyen unter Gaddafi, die damit drohten, ihre Öl- und Gasverkäufe nicht mehr in Dollar, sondern in Konkurrenzwährungen zu fakturieren, wurden zu Schurkenstaaten erklärt und militärisch liquidiert. Aktuell droht das Gleiche dem Iran, der auf den weltweit mit größten Öl- und Gasvorkommen sitzt und außerdem diese fossilen Energieträger in großem Umfang an China liefert, den Hauptrivalen der USA. Schutz von Israel, Massenvernichtungswaffen – das ist alles Propaganda. Wenn die Angloamerikaner von Menschenrechten reden, meinen sie Schürfrechte.
Der Papiergeld-Imperialismus
Die US-Außenpolitik ist in einem Dilemma: Der Greenback ist nicht mehr durch Gold oder reale Wirtschaftsleistung gedeckt, sondern nur noch durch nackte militärische Gewalt. Je tiefer die US-Ökonomie in die roten Zahlen rutscht, um so aggressiver muss die US-Außenpolitik auftreten, bei Schuldnern kassieren und Gläubiger zum Schweigen bringen. Gleichzeitig hat dieses immer aggressivere Auftreten aber dazu geführt, dass sich die Gläubigerstruktur der USA verändert hat: Die Staatsbanken von China und Japan, die noch vor 15 Jahren den Löwenanteil der US-Schuldscheine aufgekauft hatten, haben sich seither Zug um Zug von ihren Dollarpapieren getrennt. Sie wurden ersetzt durch nicht-staatliche Kunden: Superreiche aus der ganzen Welt und Vermögensfonds wie Blackrock. Auf den Schwarzen Felsen kann die Fed zwar weiter bauen. Aber viele Anleger aus dem globalen Süden und der BRICS-Sphäre sind nervös geworden, nachdem die USA (ebenso wie die EU) das Vermögen reicher Russen (und nicht nur des russischen Staates) eingefroren hat. Eine solche Enteignung von Großinvestoren hatte es zuvor nur in sozialistischen Staaten gegeben. US-Staatspapiere sind seither kein sicherer Hafen mehr für Finanzmogule – das entzieht dem Perpetuum mobile der US-Geldvermehrung die Basis.
In COMPACT-Magazin 12/2024 schrieb ich bereits über dieses Thema. Mein damaliger Artikel endete mit einem Blick auf Trumps Alternativen:
Der Weg aus der Schuldenfalle führt Trump in eine Zwickmühle: Er muss entweder die militärische Glaubwürdigkeit der USA (und damit die außerökonomische Deckung des Dollars) nach dem Debakel in Afghanistan wieder restaurieren, was ihn – gegen seinen Willen – doch in Abenteuer treiben könnte: wenn nicht gegen Russland, dann gegen Iran oder China. Oder er lockt ausländische Milliardäre wieder an, indem er auf die vermeintlichen BRICS-Schurkenstaaten zugeht, das illegale Einfrieren russischer Guthaben beendet und eine Art Great Deal mit Moskau und Peking versucht. Dann aber hat er die Wall Street, die City of London und Blackrock gegen sich.
Aus heutiger Sicht ist offensichtlich, dass Trump sich gegen die zweite Alternative und für den Krieg entschieden hat.
*** Von der Weltwirtschaftskrise zum Weltkrieg – mehr über den Imperativ der Ökonomie erfahren Sie in dieser Sonderausgabe von COMPACT. ***