Der langjährige Bundestagsabgeordnete der Linken, Diether Dehm, erläutert im COMPACT-Interview, warum er Gauland und Chrupalla schätzt, was er an Wagenknecht kritisiert – und warum er trotzdem empfiehlt, das BSW zu wählen. Die Fragen stellte Jürgen Elsässer.
Warum werden Sie als sozialer Patriot denn nicht ins BSW aufgenommen?
T-Online schrieb einst: „Diether Dehm bietet fürs BSW zu viel Angriffsfläche.“ Außerdem habe ich das Verhalten des BSW in Thüringen gegen die AfD für kontraproduktiv gehalten. Außer- wie innerparlamentarisch sind vernünftige, transparente Gespräche zwischen AfD und BSW überfällig! Darum wurde mir von Freunden aus dem BSW gesteckt, ich gälte dort als zu AfD-nah.
Und? Ist da was dran?
Ich habe mit anderen Linken im August 2024 einen Aufruf gegen das Verbot von COMPACT gemacht, das wissen Sie ja. Außerdem schätze ich Alexander Gauland seit über 40 Jahren außerordentlich. Und Tino Chrupalla ist ein anständiger Mensch und Streiter gegen den Krieg. Das hat auch das großartige Gespräch Lafontaine/Chrupalla bei Servus TV in der letzten Woche nachdrücklich gezeigt. Auch viele Aussagen etwa von Maximilian Krah zur EU sind zutreffend.
Trotz alledem rufen Sie zur Wahl des BSW auf?
BSW und AfD sind die beiden einzigen infrage kommenden Parteien gegen den Weltkriegskurs deutscher Eliten, ob von grün-woken Umerziehungsdiktatoren oder vom Blackrock-„Merzel“. Beim BSW ist der Vorteil, dass es auch energisch für die Rechte von Palästinensern und für mehr Milliardärsbesteuerung eintritt. Auch verfällt da niemand dem Irrglauben, Hitler – der Zögling von Deutsche Bank und Krupp-Konzern – sei ein Sozialist gewesen.
Was sagen Sie nun denen, denen das BSW zu links ist?
Ich würde sogar eingefleischten AfD-Wählern raten, die Zweitstimme dem BSW zu geben. Wenn Sahra Wagenknecht und ihre Partei unter 5 Prozent blieben, wäre jeder in der AfD-Führung, der an die Regierung will, alternativlos auf Merz angewiesen. Und der hätte dann alle Trümpfe in der Hand. Das BSW sollte dagegen eine zusätzliche Karte im Ärmel bleiben. Das BSW war zwar oft noch vernagelt gegen die AfD, aber wenn das BSW mal weg ist, ist es weg. Und damit jede andere Perspektive – auch für die AfD!
Ich traue Wagenknechts Friedenskurs nicht mehr, seit sie in den Ostländern Koalitionen mit Kriegstreiberparteien eingegangen ist und seit sie am laufenden Band Putin als „Kriegsverbrecher“ bezeichnet.
Und ich traue Weidel sowenig wie Meloni. In 60 Jahren Friedensbewegung, 33 Jahren SPD, 27 Jahren Linkspartei und 17 Jahren Bundestag habe ich lernen müssen, dass man wenigen Berufspolitikern hinter die Stirn schauen kann. Deren Meinungsumschwünge entscheiden sich übrigens mehr in Kräftekonstellationen, Koalitionen oder per Druck auf der Straße.
Auch deshalb muss das BSW über 5 Prozent kommen! Wer ehrlich für Frieden mit Russland ist – gleichgültig, ob in der AfD oder im BSW – sollte mehr gemeinsam mobilisieren. So breit, wie wir es am 15. Februar gegen die NATO-Sicherheitskonferenz in München tun wollen.
Aber das „gemeinsam mobilisieren“ scheitert doch nicht an der AfD! Bei allen Demos, die Wagenknecht gemacht hat, hat sie persönlich dafür gesorgt, dass keine „bösen Rechten“ kommen – mich selbst hat man ja bei der Wagenknecht/Schwarzer-Demo im Februar 2023 vom Platz zu entfernen versucht!
Dazu hat sich die BSW-Führung vom geheimdienstlich-medialen Komplex mitsamt seinen Umfrageinstituten leider ködern lassen. Und das war kurzsichtig! Aber im BSW ist ein Umdenken im Gange, siehe Lafontaine/Chrupalla-Gespräch! Was auch neue Chancen für die Friedensbewegung bedeuten würde. Nur: Wenn das BSW wegfällt, fällt auch dieses Umdenken weg! Und Merz instrumentalisiert dann mit dem geheimdienstlich-medialen Komplex die AfD zur bloßen Drohmakulatur bei SPD, FDP und Grünen. Auch gegen Trump und für die EU.