Politische Symbole sind allgegenwärtig. Mitunter nehmen wir sie kaum als solche wahr, in vielen Fällen drängen sie sich einem geradezu auf, wie etwa die Regenbogenflagge. Über die Bedeutung dieses und anderer Zeichen klärt das „Lexikon politischer Symbole“ von Karlheinz Weißmann umfassend auf. Hier mehr erfahren.
Die Regenbogenfahne tauchte in Westdeutschland schon in den 1970er und 1980er Jahren bei den Anti-AKW-Demonstrationen in Whyl, Brokdorf oder Gorleben auf, bevor sie dann Jahre später von der Multikulti- und LGBTQ-Szene quasi gekapert wurde.
Als politisches Symbol gab es den Regenbogen – der im Alten Testament für den Bund Gottes mit Noah steht – allerdings schon in den Bauernkriegen des frühen 16. Jahrhunderts. Es war der Reformator Thomas Müntzer, der ein solches Banner 1525 vor seiner Kirche im thüringischen Mühlhausen entrollte, um anschließend mit 2.000 Gefährten zur Unterstützung der Bauern in den Kampf gegen die Fürsten zu ziehen.
In der letzten Schlacht am Fuße des Kyffhäusers standen die Aufständischen einer drückenden Übermacht von Geharnischten gegenüber, lehnten aber jede Kapitulation ab, weil zur rechten Stunde ein Regenbogen über dem Schlachtfeld erschien. Allein, es nützte nichts, sie wurden niedergemetzelt.
Der Robert Langdon der Historikerzunft
Das Beispiel zeigt, wie ein politisches Symbol im Laufe der Zeit auch einem Bedeutungswandel unterliegen kann – und die Regenbogenfahne ist da nicht der einzige Fall, wie der Historiker Karlheinz Weißmann in seinem „Lexikon politischer Symbole“ verdeutlicht. Der voluminöse Band schließt eine echte Lücke in der Sachliteratur, denn bislang gab es, auch international, kein derart umfassendes Nachschlagewerk zur politischen Symbolkunde.
Weißmann ist eine echte Koryphäe auf diesem Gebiet, er forscht dazu schon seit den frühen 1980er Jahren und verfügt nicht nur über eine schier unerschöpfliche Sammlung an Abzeichen, Kultgegenständen, Gemälden und Fundstücken, sondern hat über die Jahrzehnte ein umfängliches Quellenarchiv und eine tausendbändige Spezialbibliothek mit Werken zu einzelnen Symbolen angelegt.

Schon Weißmanns erste Veröffentlichungen – die Schrift „Die Zeichen des Reiches. Symbole der Deutschen“ (1989) und das Buch „Schwarze Fahnen, Runenzeichen. Die Entwicklung der politischen Symbolik der deutschen Rechten zwischen 1890 und 1945“ (1991) – beschäftigten sich mit diesem Metier, und man könnte durchaus sagen, dass der langjährige Kopf des Instituts für Staatspolitik so etwas wie ein Robert Langdon der Historikerzunft ist. Wie der fiktive Professor aus Dan Browns Romanen (z. B. Illuminati und Sakrileg) geht Weißmann den Zeichen und Symbolen auf den Grund und entschlüsselt sie für eine breite Leserschaft.
Vom Anarchisten-A bis zum Zahnrad
So auch in seinem „Lexikon politischer Symbole“: Weißmanns schier unerschöpfliche Archivbestände bildeten die Grundlage für das vorliegende Mammutwerk. Auf über 600 Seiten findet der Leser gut 200 Einzelartikel zu den in der politischen Sphäre verwendeten Symbolen – vom Anarchisten-A, dem Adler, dem Ahornblatt und den „Arischen Farben“ über die Fackel, die Fasces, die Wirmer-Flagge und das Hakenkreuz bis zu den Farben Rot und Schwarz, der Pyramide, dem Stern, der Wolfsangel, dem Zahnrad und der Zeder.

Über 1.700 farbige Abbildungen – die zum größten Teil aus Weißmanns eigenen Archivbeständen stammen – veranschaulichen die Vielfalt der Symbolwelt und machen die Lektüre des „Lexikons politischer Symbole“ zu einem echten optischen Erlebnis. Man kann aufgrund der Fülle an mitunter erstaunlichen Informationen daher von einem echten Standardwerk sprechen, das für jeden, der mehr über die Hintergründe der „politischen Zeichensprache“ wissen möchte, unverzichtbar ist.
Allein der Eintrag über das Hakenkreuz ist 18 Seiten lang, und auch an diesem Beispiel lässt sich anhand des „Lexikons politischer Symbole“ ein Bedeutungswandel im Laufe der Zeit nachzeichnen: Ursprünglich war die Swastika im alten Indien ein Glückssymbol und als solches wurde sie noch im späten 19. Jahrhundert in den sogenannten besseren Kreisen in Großbritannien verwendet.
Die völkische Bewegung in Deutschland übernahm das Zeichen in etwa zur selben Zeit. 1920 beauftragte dann ein gewisser Adolf Hitler den Münchner Goldschmied Joseph Fueß, verschiedene Entwürfe für ein nationalsozialistisches Parteiabzeichen auszuarbeiten, unter denen er dasjenige auswählte, welches das Hakenkreuz in die alten Reichs- und Kriegsfarben Schwarz, Weiß und Rot einfügte: ein weißer runder Schild mit dem schwarzen Hakenkreuz von einem roten Rand umfasst.
Andere Zeichen und Embleme werden in Karlheinz Weißmanns „Lexikon politischer Symbole“ ähnlich ausführlich behandelt. Deutlich wird dabei: Politische Symbole wirken, sie bestimmen unseren Alltag und üben Macht aus. Ihre Bedeutung für Politik und Gesellschaft ist allerdings vielen ein Rätsel. Genau hier setzt Weißmann mit seinem „Lexikon politischer Symbole“ an – und hilft dabei, die Hintergründe und die Bedeutung dieser allgegenwärtigen Zeichen zu entschlüsseln. Das Werk kann man hier bestellen.