Bereits vor drei Jahren entdeckten Unterwasserarchäologen in Süditalien einen Palast tief unten im Meer. Die Forscher meinen, dass dies ein Rückzugsort des berühmten römischen Staatsmannes und Philosophen Cicero gewesen sein könnte. Oder hat das prachtvolle Gebäude womöglich einen Bezug zum legendären Atlantis? In unserer Sonderausgabe „Geheime Geschichte – Von den Pharaonen bis zur Kabale im Vatikan“ klären wir auch solche Fragen. Hier mehr erfahren.
Vor der Küste bei der süditalienischen Stadt Neapel, wo das azurblaue Wasser des Tyrrhenischen Meeres sanft gegen die Felsen schlägt, ist eine Entdeckung gemacht worden, die nicht nur die Fachwelt in Staunen versetzt. Bereits im Sommer 2023 fanden Taucher des Parco Archeologico Campi Flegrei die Überreste eines prächtigen antiken Palasts – und das auf dem Grund des Meeres. Doch was diesen Fund so außergewöhnlich macht, wurde erst jetzt bekannt: Der beeindruckende Bau gehörte wohl Marcus Tullius Cicero (106–43 v. Chr.), dem legendären römischen Staatsmann und Meister der Rhetorik.
Die Ruinen, entdeckt vor der Küste von Baia, einem Hotspot der römischen Elite im Altertum, zeugen von einer vergangenen Ära des Wohlstandes. Mosaikböden, kunstvoll gestaltete Räume und sogar ein Laconicum – eine römische Sauna – deuten auf den einflussreichen Besitzer hin. Doch warum liegt dieses Palais unter Wasser?
Berühmt, brillant – und reich
Um die Bedeutung dieses Fundes zu verstehen, sind ein paar Worte zu Cicero notwendig. Er gilt als eine der zentralen Figuren der späten römischen Republik und war nicht nur ein brillanter Redner und Anwalt, sondern auch ein Philosoph und Politiker, dessen Schriften die europäische Geistesgeschichte geprägt haben.
Seine Reden gegen Catilina, einen Verschwörer gegen die Republik, machten ihn zur Legende: „Quo usque tandem abutere, Catilina, patientia nostra?“ – „Wie lange, Catilina, wirst du unsere Geduld noch missbrauchen?“ Diese Worte aus seiner ersten Rede gegen den verschlagenen Patrizier hallen durch die Jahrhunderte.

Cicero war überaus reich, besaß mehrere Landsitze, darunter Villen in Tusculum und Formiae, die ihm als Rückzugsorte dienten, wo er philosophische Werke wie „De Officiis“ verfasste. Doch die Region um Neapel, insbesondere Baia, war bei der Oberschicht beliebt für ihre Thermalquellen und die malerische Landschaft.
„Die Küste reichte einst sehr viel weiter, und die römische Elite bevorzugte es, ihre Wohnsitze am Ufer zu errichten“, heißt es in einem Bericht des Portals Futurezone. Baia war ein Ort des Luxus, wo Senatoren und Aristokraten prächtige Villen bauten – bis die Natur sie zurückforderte.
Werk des Vulkans
Der Palast auf dem Meeresboden vor Baia, etwa 20 Kilometer westlich von Neapel gelegen, befindet sich in einer Region, die auch als „versunkenes Pompeji“ bekannt ist. Die Mitarbeiter des Parco Archeologico Campi Flegrei, ein Unterwasserarchäologiepark, haben bereits zahlreiche Ruinen freigelegt, darunter Statuen und ganze Straßenzüge. Doch der jüngste Fund sticht heraus: ein Palastkomplex mit reichen Mosaikböden und Säulenhallen. „Darüber hinaus ließ sich ein Raum durch einen speziellen Mechanismus zu einer echten Sauna umwandeln, die in Rom gerne zur Entspannung genutzt wurde“, berichtet Futurezone.

Dass er in den Fluten versank, liegt an einem geologischen Phänomen, das als Bradyseismus bekannt ist – ein langsames Heben und Senken der Erdkruste durch vulkanische Aktivitäten. Die Phlegräischen Felder sind ein etwa 20 Kilometer westlich des Vesuvs gelegenes Gebiet mit hoher vulkanischer Aktivität, die die Küstenlinie über Jahrhunderte veränderte. Was einst am Ufer stand, liegt heute bis zu sieben Meter unter der Wasseroberfläche. Die BBC berichtete über die Unterwasserfunde in Baia: „Das Absinken des Landes hat diese Strukturen fast so erhalten, wie sie waren, eingefroren in der Zeit.“
Die Zuordnung des Palastes zu Cicero basiert auf historischen Hinweisen und der Pracht des Objekts. Der römische Staatsmann und Philosoph erwähnte in seinen Briefen („Epistulae ad Atticum“) Villen in der Region, und die aufwendige Architektur passt zu seinem Status. Dennoch bleibt Unsicherheit, da keine eindeutige Inschrift gefunden wurde. „Die Archäologen sind vorsichtig, aber die Größe und der Luxus der Struktur deuten auf jemanden von Ciceros Kaliber hin“, so ein Sprecher des Parco Archeologico gegenüber dem britischen Guardian.
Atlantis – Mythos oder Realität?
Ein Palast, der am Meeresboden liegt – das weckt unweigerlich Assoziationen mit Atlantis. Platon beschrieb das legendäre Inselreich als eine hochentwickelte Zivilisation, die „in einer einzigen Nacht und einem Tag vom Meer verschlungen“ wurde. Die Küste von Baia war ein Zentrum der antiken Welt, wo Griechen, Etrusker und Römer Spuren hinterließen.

Einige Forscher wie der Historiker Charles Pellegrino, meinen, dass Naturkatastrophen im Mittelmeerraum – etwa ein Vulkanausbruch auf der Insel Santorin um 1600 v. Chr. – den Atlantis-Mythos inspiriert haben könnten. Doch viele sind davon überzeugt, dass Platon in seinem Werk „Timaios“ reale Ereignisse geschildert hat:
„Auf dieser Insel Atlantis nun bildete sich eine große und staunenswerte Königsmacht, der nicht nur die ganze Insel, sondern viele andere Inseln sowie Teile des Festlandes untertan waren, von Libyen bis nach Ägypten, von Europa bis nach Tyrrhenien.“
Ausgehend von der Hauptinsel „jenseits der Säulen des Herakles“ – den Felsen von Gibraltar – seien von der atlantischen Seemacht große Teile Europas und Afrikas unterworfen worden. Infolge einer Naturkatastrophe sei das Reich jedoch etwa 1.200 Jahre vor unserer Zeitrechnung untergegangen.
Von den Azoren zur Nordsee
Doch wo lag Atlantis. In der COMPACT-Sonderausgabe „Geheime Geschichte“ erfährt man dazu:
„Im Jahr 1882 veröffentlichte der Amerikaner Ignatius Donnelly sein Buch ‚Atlantis. Die vorsintflutliche Welt‘ (…). Er vermutete den untergegangenen Kontinent im Nordatlantik. Durch einen Vulkanausbruch sei er im Meer versunken; nun ragten nur noch die Berggipfel aus dem Wasser ragen – die Azoren. Einige Bewohner hätten die damalige Katastrophe überlebt und seien über Europa bis nach Nordamerika, Ägypten und Mesopotamien gewandert, wo sie den ‚primitiven Ureinwohnern‘ das Schreiben, die Metallurgie und den Pyramidenbau beibrachten.“
Der Ingenieur und Physiker Otto Heinrich Muck kam in seinem „Buch Atlantis – gefunden“ (1954) wie Donnelly zu dem Schluss, dass das versunkene Reich bei den Azoren gelegen habe. Er verwies dabei unter anderem auf die merkwürdigen Laichzüge der Aale, die instinktiv zu ihrer Urheimat, nämlich Atlantis, zurückkehren würden.
„Eine ganz andere Lokalisierung nehmen die spanischen Forscher José Manuel Avila und Antonio Fernandez vor“, heißt es in „Geheime Geschichte“. „2023 fanden sie bei einem Tauchgang in der Bucht von von Cadiz nahe der Mündung des Guadalquivir in konzentrischen Kreisen angeordnete Mauerreste auf dem Meeresgrund, die ihrer Ansicht nach der Beschreibung Platons entsprechen.“
Doch es gibt auch eine Theorie, die geradezu revolutionär erscheint: Der nordfriesische Pastor und Altphilologe Jürgen Spanuth kam zu dem Schluss, dass die Völker aus Platons Atlantiserzählung identisch mit jenen „Fremdvölkern“ – Phrst (Friesen), Sakar (Sachsen) und Denen (Dänen) – seien, die zu Beginn des 12. Jahrhunderts v. Chr. in den Berichten von Ramses III. als ernste Bedrohung für Ägypten bezeichnet wurden. Die Heimat dieser Seevölker habe demnach nicht im Mittelmeer gelegen, sondern in der Nordsee.
Geheimnisse unter der Oberfläche
Eines steht fest: Der 2023 entdeckte und nun Cicero zugeschriebene Unterwasser-Palast hat rein gar nichts mit Atlantis zu tun, auch wenn der Gedanke einen gewissen Charme hat. Doch was verbirgt sich noch in den Tiefen des Meeres vor Baia? Die Archäologen fanden Keramikgefäße, die noch analysiert werden, und hoffen auf Inschriften oder Artefakte, die den Besitzer eindeutig identifizieren.
Jedes neue Artefakt wirft jedoch neue Fragen auf: Sollte es sich wirklich um Ciceros Rückzugsort handeln, welche Geheimnisse bewahrte er hier? „Die Arbeit unter Wasser ist wie ein Puzzle, bei dem die Hälfte der Teile fehlt“, beschreibt Salvatore Capasso vom Parco Archeologico Campi Flegrei die Herausforderungen der Unterwasserarchäologie. Und doch sind die Funde ein Fenster in eine vergangene Welt. Die Mosaiken, von Wellen umspült, funkeln noch immer in den Strahlen der Taucherlampen, als wollten sie die Geschichten der antiken Bewohner erzählen.
Während die Archäologen weiter tauchen, rätseln die Menschen darüber, ob das Meer womöglich nicht nur Ciceros Palast, sondern auch Antworten auf die großen Rätsel der Menschheit birgt – oder neue Geheimnisse, die darauf warten, entdeckt zu werden.
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