Schon innerhalb der nächsten zwei Wochen soll es erneut zu einem Treffen zwischen Donald Trump und Wladimir Putin in Ungarns Hauptstadt kommen. Die deutsche und internationale Presse reagiert größtenteils negativ, während der Ökonom Markus Krall vor einem möglichen Anschlag auf Putin warnt. In der COMPACT-Edition „Wladimir Putin: Geschichte Russlands“ lesen Sie den russischen Präsidenten im O-Ton. Hier mehr erfahren.

    US-Präsident Donald Trump, sein russischer Amtskollege Wladimir Putin und Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban stehen bereit für neue Gespräche. Doch wird der geplante amerikanisch-russische Gipfel in Budapest den Krieg in der Ukraine beenden können? Der russische Politologe Abbas Galiamow zeigt sich auf Facebook zuversichtlich – und lobt Trumps Kommunkationsstrategie:

    „Wenn Trump Putin auffordert, den Krieg zu beenden, betont er immer wieder, dass dabei nicht nur Ukrainer, sondern auch Russen sterben. Das ist eine wirkungsvolle Botschaft, die verhindert, dass der US-Präsident als ‚Feind Russlands‘ wahrgenommen wird.“

    Und weiter: „In seiner Rhetorik hinsichtlich des Krieges hat Trump den politischen Aspekt minimiert und konzentriert sich nun ausschließlich auf den humanitären. Er spricht nicht darüber, wer Recht hat und wer nicht, wer Aggressor und wer Opfer ist.“

    Tauwetter in Alaska – unerwünscht!

    Im Gegensatz dazu hat die Ludwigsburger Kreiszeitung mal wieder etwas zu motzen. „Tatsächlich hat Putin erneut Zeit gewonnen und kann die Ukraine weiter attackieren, ohne Zugeständnisse machen zu müssen. Für Kiew und Europa ist das alarmierend. Für Trump bestimmen Deals, nicht Prinzipien den Lauf der Dinge. Frieden soll verhandelt werden wie ein Grundstücksverkauf: Wer Stärke zeigt, ist im Vorteil“, so das Blatt.

    Mit ähnlichem Tenor kam am Freitag die italienische Tageszeitung La Repubblica um die Ecke:

    „Am Ende gelingt es ihm {Putin} immer. Er beschwichtigt ihn {Trump}, beruhigt ihn, bringt ihn dazu, Drohungen und Ultimaten aufzugeben und ihm Zugeständnisse zu machen. (…) Das ist ein Schlag ins Gesicht des Alten Kontinents, der mittlerweile zum neuen offiziellen ‚Feind Nummer eins‘ Moskaus geworden ist. (…) Und es ist eine Niederlage für Wolodimir Selenski, der heute wahrscheinlich mit leeren Händen vom Treffen mit Trump zurückkehren wird.“

    Zumindest mit dem letzten Satz lag das linksliberale Presseflaggschiff aus Rom richtig…

    Europa guckt zu

    Die Süddeutsche Zeitung hingegen widmet sich dem ungarischen Gastgeber. Das vergiftete Lob der Alpen-Prawda:

    „Orban hat oft bewiesen, wie gut er geopolitische Entwicklungen in einen innenpolitischen Vorteil verwandeln kann. Als vor der letzten Wahl 2022 ein Oppositionsbündnis drohte, die Machtverhältnisse in Ungarn zu verschieben, heizte Orban die weitverbreitete Kriegsangst an, um sich als alleiniger Bewahrer des Friedens darstellen zu können. Mit Erfolg. Auch für einen vermeintlichen Friedensgipfel wird er nun alles tun.“

    Mit aufgesetzter Empörung kommentiert die Leipziger Volkszeitung den geplanten Gipfel – und heult darüber, dass die EU-Staaten mal wieder auf die Zuschauerränge verwiesen wurden:

    „Ausgerechnet Verhandlungen in Budapest: Verhandlungen über die künftige Sicherheitsordnung Europas – in Europa, aber ohne die Europäer. Eine größere Demütigung ist kaum vorstellbar.“

    Weiter schreibt das Blatt larmoyant: „Seit fast vier Jahren versuchen die Europäer, Putin zu isolieren. Und nun lädt ausgerechnet Trump ihn zu einem Besuch in die EU ein. Nicht einmal Viktor Orban hat das gewagt. Er reiste im vergangenen Jahr nach Moskau, aber er lud Putin nicht nach Ungarn ein.“

    Trumps Trumpf

    Der ukrainische Diplomat und Politiker Roman Bessmertni zielt lieber unter die Gürtellinie. „Das ist eindeutig ein Thema für Psychologen – wie Putin die narzisstische Natur Trumps versteht: Er dankte ihm für den Frieden im Nahen Osten, äußerte die Hoffnung auf eine weitere Zusammenarbeit mit First Lady Melania Trump bei der Rückführung ukrainischer Kinder und begann, über mögliche Handelsbeziehungen mit den USA nach dem Ende des russisch-ukrainischen Krieges zu sprechen“, ätzte er auf Facebook.

    Die Südwest-Presse aus Ulm sieht hingegen einen Punkt für Trump:

    „Die Drohung, Tomahawk-Raketen an die Ukrainer zu liefern, hat ganz offenbar Wirkung gezeigt in Moskau. Es sieht so aus, als wolle Trump die gleiche Methode, mit der er Israel und die Hamas zu einem Waffenstillstand getrieben hat, nun anwenden, um in der Ukraine das Gleiche zu bewerkstelligen. Sein Vorgehen wird von professionellen Diplomaten, Wissenschaftlern, Journalisten und Politikern belächelt. Doch das macht nichts. Sollte Trump am Ende mit seiner Methode Erfolg haben, wird keiner mehr danach fragen, wie er diesen Erfolg erreicht hat. Das Ergebnis zählt, sonst nichts.“

    Die italienische Tageszeitung Corriere della Sera vermutet hingegen ein Täuschungsmanöver hinter der Marschflugkörper-Drohung des US-Präsidenten: „Während der Kreml von einer ‚gefährlichen Eskalation‘ sprach, hatten Beobachter in den vergangenen Tagen bereits betont, dass die Tomahawks ein Bluff von Trump sein könnten, um Putin an den Verhandlungstisch zu zwingen.“

    Schwarzmalerei

    Unterdessen weiß der Kölner Stadt-Anzeiger mal wieder, dass alles total sinnlos ist. „Das Treffen wird keinen Frieden bringen. Wladimir Putin wird nicht freiwillig einem Kriegsende zustimmen, das eine freie und souveräne Ukraine vorsieht. Nach seiner Vorstellung soll die Ukraine – wie 1994 die Atombombe – erneut ihre Waffen abgeben und in den Einflussbereich des Kremls zurückkehren. Es ist auch eine Klatsche für Europa – und ein Wahlgeschenk für Viktor Orban“, unkt die Gazette.

    Die Londoner Times sieht es zwar nicht ganz so düster, hat aber offenbar auch wenig Erwartungen an das Treffen. Zumindest sieht sie viele Fragezeichen, wenn sie schreibt:

    „Die Ankündigung von Präsident Trump, dass er sich mit Präsident Putin in Budapest treffen wird, um über die Beendigung des ‚unrühmlichen‘ Krieges in der Ukraine zu sprechen, gibt dem Dialog über die Zukunft des Landes eine neue Wendung. Vieles ist unklar. Hat Trump irgendwelche Signale erhalten, wonach der russische Präsident möglicherweise entgegenkommender oder aufrichtiger sein wird als beim Gipfeltreffen in Alaska, das hinsichtlich eines Bekenntnisses Russlands zur Beendigung des Krieges weithin als erfolglos betrachtet wurde?“

    In kompletter Schwarzmalerei übt sich hingegen der Wiener Standard, wenn er erwartet, dass auch dieser „Vermittlungsversuch für Trump mit Enttäuschung und wahrscheinlich neuerlichem Zorn auf Putin enden wird. Denn der russische Machthaber hat keinen Grund, den Krieg, den er seit dreieinhalb Jahren führt, gerade jetzt zu beenden.“

    Ein Ziel, so das Blatt, habe Putin jedoch erreicht:

    „Die Lieferung von Tomahawk-Marschflugkörpern an die Ukraine, die Kiew die Chance geben würde, die russische Infrastruktur noch viel schmerzhafter zu treffen, ist wieder vom Tisch. Das Pendel in Trumps Kopf schlägt wieder in Richtung Moskau aus.“

    „Auf dem Weg nach Budapest hat Trump noch alle Trümpfe in der Hand“, betont die Washington Post: „Die Ukraine wird weiterhin Energieinfrastrukturen tief im Inneren Russlands bombardieren. (…) Es wird außerdem erwartet, dass der US-Kongress nächste Woche ein Sanktionsgesetz verabschiedet, das dem Präsidenten erheblichen Spielraum einräumt, um die russische Wirtschaft unter Druck zu setzen.“

    Wie kommt Putin – und ist er sicher?

    Einer tatsächlich noch ungeklärten Frage widmet sich hingegen die polnische Gazeta Wyborcza:

    „Es ist unklar, wie Putin Budapest erreichen will, da Ungarn ein Binnenstaat ist und alle umliegenden Länder einem russischen Regierungsflugzeug wahrscheinlich den Zugang zu ihrem Luftraum verweigern würden. In den sozialen Medien wird spekuliert, dass Putin ein Schiff ins befreundete Serbien besteigen und dann die Grenze nach Ungarn überqueren könnte.“

    Dies sei jedoch „mit Blick auf Putins Sorge um seine Sicherheit und seinen Prestigeverlust grundsätzlich unwahrscheinlich. Die USA werden die Europäer wahrscheinlich zwingen, Putin die Durchreise zu den Friedensgesprächen zu gestatten“, erwartet das Blatt aus Warschau.

    Ganz andere Bedenken hat hingegen der Ökonom und Regierungskritiker Markus Krall. „Ich halte das Treffen von Trump und Putin in Budapest für keine gute Idee“, schrieb er auf X und erklärt dies wie folgt:

    „Die Sicherheit kann dort aus einem einfachen Grund nicht garantiert werden: Radikale Kräfte in der Ukraine bereiten angesichts der Opposition von Präsident Orban gegen den Krieg sicher schon länger die Option eines Attentats auf ihn vor. Dabei hilft ihnen die unmittelbare Nähe der ungarischen Hauptstadt Budapest zur Ukraine, deren Grenze nur knapp 300 km von der Stadt entfernt liegt.“

    Und weiter:

    „Solche Kräfte haben dabei wahrscheinlich Unterstützung aus Geheimdienstkreisen anderer Länder und sind mit einiger Wahrscheinlichkeit bereits vor Ort. Die Ereignisse der letzten drei Jahre haben gezeigt, dass sie davor nicht zurückschrecken: Das – zum Glück knapp gescheiterte – Attentat auf den slowakischen Premierminister Fico, der ebenfalls ein Gegner dieses Krieges ist, ist erst wenige Monate her.“

    Krall fährt fort: „Wer glaubt dass sowas nicht geht oder wem die Fantasie fehlt: Eine Option wäre zum Beispiel die Infiltration der ungarischen Sicherheitskräfte oder die Erpressung eines oder mehrerer ihrer Mitglieder durch Entführung von Familienangehörigen.“

    Seine Warnung schließt mit den Worten: „Solche Vorbereitungen könnten kurzfristig umgelenkt werden in den Versuch, ein Attentat auf Präsident Putin während der Friedenskonferenz durchzuführen und so den Anlass für einen großen Krieg in Europa nach dem Vorbild des Attentats von Sarajewo 1918 zu schaffen. Daher ist Budapest keine gute Wahl für dieses Treffen.“

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