Weite Teile von Portugal und Spanien waren zuletzt von einem folgenschweren Stromausfall betroffen. Es herrscht das blanke Chaos. Doch droht uns auch ein Blackout? 2022 hat sich COMPACT ausführlich mit einem derartigen Szenario befasst. An Aktualität hat das damalige Heft nichts verloren. Hier mehr erfahren.
Stromausfall? Dann wird die Heizung eben etwas heruntergedreht, das ist schon auszuhalten. So denken sicherlich viele Deutsche. Die Realität einer Gaskrise aber wird weitaus grausamer sein. In der Stabsübung „Lükex 18“ hatte das Bundesamt für Bevölkerung und Katastrophenschutz im November 2018 zusammen mit Unternehmen und Behörden die Auswirkungen einer „Gasmangellage in Süddeutschland“ durchgespielt. Dabei wurde ein Gasausfall während einer Extremkälte über zwei Wochen lang simuliert.
Gravierende Folgen
„Lükex 18“ ging von einem Füllstand der Gasspeicher von 40 Prozent aus. Im Auswertungsbericht heißt es: „Grundsätzlich besteht eine erhebliche Erkenntnislücke hinsichtlich der Auswirkungen einer Gasmangellage.“ Aber schon die Folgen, die sich im Verlauf der zweiwöchigen Übung gezeigt haben, waren gravierend. Selbst der systemtreue Focus musste nach Analyse des Auswertungsberichts der Notfallübung einräumen:
„Bei Gasengpässen müssten nicht nur einzelne Haushalte zittern – es würde ein Zusammenbruch großer Teile des gesellschaftlichen Lebens drohen.“
So mussten die Katastrophenschützer bereits am sechsten Tag feststellen, dass über die Hälfte unserer Nahrungsbeschaffung von der Gasversorgung abhängig ist. Konstatiert wird, dass „mit Andauern der Krise in der Folge durch die Produktionsausfälle in den Bäckereien und der Milchindustrie die Lebensmittelversorgung betroffen“ wäre. Deswegen könnte es zu Engpässen bei Brot- und Milchprodukten kommen.
Geflügelbetriebe und Schlachthöfe müssten aufgrund fehlender Prozesswärme die Produktion einschränken oder schließen. „Geschützte Kunden“ wie Privathaushalte und die kritische Infrastruktur sollten zwar eigentlich so lange wie möglich von Abschaltungen verschont bleiben.
Zehn Millionen abgeschnitten
Aber Krankenhäuser und Seniorenheime gehören nicht einmal auf dem Papier in diese bevorzugte Gruppe. Dort würde „mit der Wärmeversorgung wohl auch in Teilen die Zubereitung von Mahlzeiten ausfallen“. Auch der angekündigte Schutz der Privathaushalte wurde bereits am zweiten Tag aufgegeben, als „die Bundesnetzagentur (…) großflächige Abschaltungen“ anordnete: „Folgende Regionen wurden im Übungsverlauf fiktiv von der regulären Gasversorgung getrennt: Heidelberg, Karlsruhe, Mannheim, Pforzheim, München, Mainz, Ludwigshafen, Gera, Jena und der Vogtlandkreis.“ Das sind schätzungsweise zehn Millionen Menschen, die nicht mehr heizen, kochen und ihren Lebensmittelbedarf decken können!
Wegen dieser Notsituation wurde bei „Lükex 18“ mit „dem Auftreten einer Grippewelle“ gerechnet, die auch Verwaltung, Polizei und Pflegekräfte betreffen würde. „Die Gesundheitsversorgung wäre zum einen durch die eingeschränkte Verfügbarkeit von medizinischem Personal und zum anderen durch einen starken Anstieg der Patientenzahlen deutlich eingeschränkt.“
Deswegen müsste eine Evakuierung der Kranken in Angriff genommen werden, was aber gar nichts bringen würde, „da bei einer Flächenlage geeignete gasunabhängige Ersatzunterbringungsmöglichkeiten nur begrenzt verfügbar wären.“
Dieses Problem stellt sich aber in noch viel größerem Umfang: „Durch die Abschaltung ganzer Netzgebiete wären auch ‚geschützte Kunden‘ betroffen, was insbesondere in Ballungsräumen großflächige Evakuierungen notwendig machen würde. Es müssten daher in ausreichender Anzahl geeignete Notunterkünfte zur Verfügung stehen, in denen die evakuierte Bevölkerung über einen längeren Zeitraum untergebracht und versorgt werden kann. Dabei wäre die Herausforderung, dass, je nach Ausprägung der Krise, Wochen und Monate vergehen könnten, bis alle Letztverbraucher nach Abschaltung ganzer Netzgebiete mit Gas versorgt werden könnten.“
Drohendes Horrorszenario
Wenn man sich anschaut, wie die Behörden bei der „Herausforderung“ einer Behelfsunterbringung von Bedürftigen während der Flutkatastrophe im Ahrtal versagt haben – und da ging es nur um Zehntausende, nicht um Millionen! –, kann einem bei diesem Szenario angst und bange werden.
Dabei dürfte es noch viel schlimmer kommen. Denn „Lükex 18“ hat ein riesiges Problem ganz salopp ausgeblendet – dass Gas auch für Stromkraft werke genutzt wird. „Im Übungsverlauf wurde von einer Aufrechterhaltung der Erzeugung systemrelevanter Stromkapazitäten durch Gaskraftwerke ausgegangen. Stromausfälle, die in einer dem Szenario ähnlichen Reallage eintreten könnten, wurden bewusst nicht betrachtet, um den Übungsinhalt auf den Gasmangel zu fokussieren.“
Diese Leerstelle ist umso unverständlicher, als die Katastrophenschützer durchaus einräumen, „dass in einer derart umfassenden Lage, wie in der Übung abgebildet, vermutlich auch Auswirkungen auf die Stromversorgung zu erwarten wären und es zu regionalen Engpässen und/oder Ausfällen in der Stromversorgung kommen könnte.“

Ein Wegfall der Gaszufuhr für die Stromerzeugung würde dabei nur die Probleme verschlimmern, die es ohnedies in unserer Elektrizitätsversorgung gibt. Einerseits kann die überregionale, sogar grenzübergreifende Vernetzung dazu führen, dass sich lokale Versorgungszusammenbrüche in einer Kettenreaktion über große Gebiete fortpflanzen. Andererseits hat die verpfuschte Energiewende den stabilen Grundlastbetrieb durch Atom- und Kohlekraftwerke geschwächt und stattdessen die volatilen Alternativenergien gefördert, deren Stromeinspeisung schwankt, was gefährliche Spannungsschwankungen zur Folge hat.
Drohender Kollaps
Es bleibt nur noch das Vertrauen auf Sonne, Wind und die Kobolde von Annalena Baerbock. „Was bei einem Blackout geschieht“, skizzierte das Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag bereits 2011 in einem umfangreichen Bericht. „Ein Kollaps der gesamten Gesellschaft wäre kaum zu verhindern“, lautet das Fazit für ein solches Szenario. Sämtliche Bereiche des Lebens wären betroffen: all das, was im hoch technisierten Zeitalter am Kabel hängt.
Was dann passiert, hat Marc Elsberg in seinem Thriller Blackout vorgezeichnet: Ohne Strom funktionieren nicht nur Heizung, Haushaltsgeräte, Maschinen und Fließbänder nicht mehr. Auch die Pumpen an den Tankstellen und für die Wasserversorgung fallen aus – und die für das Melken der Kühe, die qualvoll verenden.
In den Supermärkten vergammelt ohne Kühlung die gesamte Nahrung innerhalb eines Tages – und da die Lkw keinen Sprit mehr bekommen, gibt es auch keinen Nachschub. Dann schlägt die Stunde der Plünderer: Bewaffnete Banden ziehen in die reicheren Vororte und hinaus aufs Land. Wenn Sie überfallen werden, sind Sie verloren: Ihr Handy hat, wie das gesamte Internet, schon lange keinen Saft mehr, und Polizei und Militär sind damit überlastet, ihre eigenen Waffendepots vor den Clans zu schützen.
Zur Blackout-Vorsorge ließ der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer 570 Notstromaggregate zum Preis von 33,5 Millionen Euro für das Technische Hilfswerk (THW) anschaffen. Das sei – das muss man genau lesen – „angesichts der Gefahr eines großen Blackouts (…) dringend geboten“. Dringend geboten – und dann nur 570 Geräte? In einem Land mit über 80 Millionen Einwohnern? Auf Nachfrage erklärte das THW, wie das funktionieren soll: Die zusätzlichen Aggregate dienten einerseits dazu, um bei einem GAU die eigenen „Aufgaben noch wahrnehmen zu können“, und zum anderen will man dadurch helfen, „die nötigsten Aufgaben der Daseinsvorsorge aufrechterhalten zu können“. Heißt übersetzt: Notstromversorgung gibt es nicht für Wohngebiete, sondern nur für unabdingbare Infrastruktur wie Krankenhäuser und Feuerwehren.
Wieder lehrt ein Blick auf die Jahrhundertflut im Ahrtal, was man von einem solchen Stümpertum erwarten kann. Summa summarum: Das Volk wäre beim Blackout auf sich gestellt, vom sogenannten Staat verraten und verkauft.
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