Vor dem Oberlandesgericht Koblenz endete jetzt der Prozess gegen fünf Angeklagte, vier Männer und eine Frau. Den Beteiligten wurde nicht nur vorgeworfen, Teil der „Reichsbürger-Szene“ gewesen zu sein, sondern einen Umsturz geplant zu haben, der seinen Höhepunkt in der Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gefunden hätte. Kritiker sahen in Ermittlungen einen Versuch, Regierungsgegner pauschal zu kriminalisieren. In COMPACT-Spezial „Die Altparteien – Wie sie uns belügen und betrügen“ zeigen wir, wie das Regime seine Macht sichern will. Hier mehr erfahren.
Im April 2022 ging die Staatsmacht mit einem Großaufgebot gegen eine Gruppierung vor, die sich „Vereinte Patrioten“ genannt haben soll und deren Akteure teilweise im Corona-Widerstand aktiv geworden sind. Vorgeworfen wurde mehreren Personen, einen Umsturz mit Waffengewalt geplant zu haben, sie hätten Chaos stiften wollen, u.a. durch Angriffe auf die Infrastruktur des Landes. Anschließend sollte, so der Vorwurf des Staates, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach entführt werden, in einem Livestream wollte die Gruppe später die Übernahme der Macht verkünden. Was nach einem Hirngespinst im Alkoholrausch klingt, nahm der Generalbundesanwalt zum Anlass, ein Strafverfahren einzuleiten und vier Hauptangeklagte seit nunmehr drei Jahren zu inhaftieren. Während die alternative Öffentlichkeit von Beginn an Zweifel an der Gefährlichkeit der Verfolgten hatte (ein Bild, was die Verhaftung einer 77-jährigen Seniorin zeigt, die mit einem Helikopter zum Haftrichter beim Bundesgerichtshof gebracht wurde, verbreitete sich als Beleg für das überzogene Vorgehen der Behörden im Internet), hielten die Strafverfolgungsbehörden an ihrem Konstrukt fest. Und konnten letztendlich das Gericht überzeugen.
Erinnert an die Oma bei der Lauterbach-Entführung. pic.twitter.com/BMU6SFGciJ
— Wolfgang Spelten (@wolfspelten) December 7, 2022
Alle Angeklagten zu Haftstrafen verurteilt
Am Donnerstag verurteilte das Oberlandesgericht Koblenz die vier Hauptangeklagten wegen der Gründung einer terroristischen Vereinigung, sowie der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens, zu Haftstrafen von bis zu 8 Jahren – die älteste Angeklagte wurde vom Gericht als „politische Vordenkerin“ eingestuft, sie solle angeblich die Zeit nach einem erfolgreichen Umsturz geplant haben. Ein fünfter Angeklagter, dem nur eine geringe Beteiligung nachgewiesen werden konnte, erhielt ein Bewährungsstrafe.
Die Polizei lieferte die Waffen
Während des Verfahrens hatte es Kritik am Vorgehen der Polizei gegeben: Gleich mehrere verdeckte Ermittler wurden in eine Chatgruppe bei Telegram eingeschleust, aus der später realweltliche Treffen entstanden. Bei diesen Treffen sollen ausgerechnet die Ermittler auf eine Radikalisierung gedrängt haben – am Ende bot sogar einer der Staatsdiener an, scharfe Schusswaffen zu liefern. Bei der Übergabe dieser Waffen schlug die Polizei zu und sah den Beweis, dass die Gruppe gemeingefährlich gewesen sei, als erbracht. Ob es ohne staatliches Zutun überhaupt den Gedanken gegeben hätte, sich mit der Beschaffung von Waffen auseinanderzusetzen, wird von Prozessbeobachtern bezweifelt. Vielmehr scheint es, als hätten die Behörden einen bis dahin nur mit politisch-theoretischen Diskussionen befassten Personenkreis dazu gedrängt, auf vermeintliche Angebote einzugehen, um anschließend zuzuschlagen und der Öffentlichkeit zu vermitteln, gerade noch einmal so einen Staatsstreich durch Reichsbürger verhindert zu haben. Ein Vorgehen, was Erinnerungen an den Prozess gegen Prinz Reuß und seine Unterstützer weckt.
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