Unglaublicher Eklat im Bundestag. In der Wehrgesetz-Debatte heute Vormittag schießt der AfD-Abgeordnete Rüdiger Lucassen öffentlich gegen Höcke, weil dieser die Wehrpflicht ablehnt. Dabei vertritt Höcke an diesem Punkt nur die Parteilinie, die Tino Chrupalla in der Bundestagsfraktion durchgesetzt hat. Chrupalla ist der Mann, der die AfD auf Friedenskurs hält – aber einige AfD-Stahlhelmer rebellieren noch immer dagegen. In unserer neuen COMPACT-Ausgabe können Sie mehr erfahren.
Das hat es noch nide zuvor gegeben: Ein AfD-Bundestagsabgeordneter nutzt seine Rede im Bundestag, um die eigenen Leute anzugreifen! So geschehen heute Vormittag in der Debatte zur Wehrpflicht. Es war Rüdiger Lucassen, ein ehemaliger Bundeswehroffizier, der dieses Foul beging – gegen Björn Höcke, den Thüringer Landesvorsitzenden. Und das ausgerechnet an diesem Freitag, wo an 90 Schulen bundesweit gegen die Wehrpflicht gestreikt wird. Schlimmer kann man sich nicht von der Jugend isolieren.
Lucassen sagte heute früh: „Der Thüringer Landesvorsitzende meiner eigenen Partei hielt am Mittwoch eine Rede im Erfurt Landtag zur Wehrpflicht. In dieser Rede kommt er zu dem Schluss, Deutschland es nicht mehr wert sei, dafür zu kämpfen. Was hätten wohl die Männer und Frauen in den Befreiungskriegen dazu gesagt? Sie wären diesem Befeund niemals gefolgt.“

Höcke reagierte unmittelbar: „Ich habe mir in den letzten zwölf Jahren viele Anwürfe gefallen lassen müssen. Der Vorwurf mangelnder Vaterlandsliebe war allerdings nicht darunter. Für die Existenz Deutschlands zu kämpfen und zu sterben – jederzeit. Aber eines muß doch klar sein: Deutschland ist nicht von außen existenziell bedroht, sondern von innen. Hier der entscheidende Ausschnitt aus meiner Rede im Thüringer Landtag, in der nochmal einer Grundüberzeugung Ausdruck gegeben wurde: Bevor junge Menschen von der Politik in diesem Land wieder in die Pflicht genommen werden, muss zuerst die Politik endlich wieder in die Pflicht gegenüber dem eigenen Volk treten.“
Mit seinem Appell gegen die Wehrpflicht vertritt der Thüringer die aktuelle Position der Bundestagsfraktion, die in dieser Woche auch die Co-Vorsitzende Alice Weidel noch einmal klar gemacht hat: „Solange diese Situation [in der Ukraine] nicht befriedet ist und wir als Deutsche nicht zur Landesverteidigung befähiugt sind, wird es keine Zustimmung zu irgendeinem Antrag zur Wehrpflicht geben.“
Chrupalla hält die AfD auf Friedenskurs
Allerdings war Weidel nicht immer gegen die Wehrpflicht. Noch am 21. Februar 2025 meldete der Deutsche Bundeswehrverband auf seiner Webseite: „Zur Stärkung der Bundeswehr wirbt die AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel für eine zweijährige Wehrpflicht. ‚Wir sind nicht mehr fähig zur Landesverteidigung‘, bemängelte sie in der ARD/ZDF-Wahlkampfsendung Schlussrunde. Zudem diene die Wehrpflicht auch der Identifikation der Bevölkerung mit ihrer Armee.“
Es war Chrupalla, der im Unterschied zu ihr schon immer gegen die Wehrpflicht war und diese Position ganz entscheidend in der Bundestagsfraktion durchsetzte. Das Tauziehen dauerte das ganze Jahr 2025 über an. Die Forderung nach Wiedereinführung der Wehrpflicht steht nämlich schon immer im AfD-Grundsatzprogramm und wurde zu Jahresanfang 2025 mit Unterstützung Weidels auch in das Wahlprogramm hineingestimmt. Chrupalla jedoch hatte sich im Zuge des zunehmenden NATO-Aufmarsches gegen Russland davon verabschiedet, weil er erkannte, dass sich die AfD damit, ganz unabhängig von der jeweiligen Begründung, in der Öffentlichkeit als Unterstützer der deutschen Kriegsbereitschaft präsentieren würde. Er sah mit Wohlwollen, dass die Thüringer um Björn Höcke sowie der Bundestagsabgeordnete Rainer Rothfuß eine Blockade der Wehrpflicht organisierten, zuerst in einer gemeinsamen Erklärung aller Ost-Landesvorsitzenden, dann durch Zusammenkünfte der geneigten Bundestagsabgeordneten. Hätten die NATO-Freunde in der Fraktion, angeführt vom Lucassen, trotzdem einen Gesetzentwurf pro Wehrpflicht wie geplant im September in den Bundestag eingebracht, hätte dies zum Eklat geführt. Weidel reagierte klug und sorgte, gut beraten von Chrupalla, für die Beerdigung des Vorhabens.
Die Standhaftigkeit von Chrupalla ist das Titelthema der aktuellen COMPACT-Ausgabe „Der Friedensstifter. Wie Tino Chrupalla die AfD auf Kurs hält“. In mehreren Artikeln leuchten wir aus, wie der Görlitzer Handwerksmeister zur Identifikationsfigur nicht nur der Ostdeutschen, sondern aller friedensbewegten Deutschen wurde – und wie gleichzeitig der NATO-Flügel innerhalb der Partei immer offener Front gegen ihn, aber jetzt auch gegen Höcke macht.

Jetzt wird es spannend: Wie wird Weidel, wie wird der Bundesvorstand darauf reagieren, dass Lucassen heute den Bundestag zu einem Angriff auf die Friedenspolitik der AfD genutzt hat?





