Die einst 28 Punkte sind plötzlich auf 19 geschrumpft. Washington und Kiew haben einen Rahmen skizziert, der den Krieg zum ersten Mal seit Langem wieder verhandelbar erscheinen lässt. Doch passt sich die Ukraine zunehmend der USA an oder nähert sich Donald Trump nur Kiews Forderungen, um sich einen außenpolitischen Erfolg anheften zu können? Jetzt entscheidet sich, wer Geschichte schreibt und wer nur daneben steht. COMPACT 12/2025: Der Friedensstifter. Wie Tino Chrupalla die AfD auf Kurs hält zeigt auf, wer in Deutschland noch echte politische Führung zeigt. Lesen Sie jetzt.
Die Friedensgespräche begannen bereits am Sonntag in Genf. Grundlage war zunächst jener 28-Punkte-Plan der USA, den Moskau erstaunlich offen aufgenommen hatte: Der Kreml bezeichnete ihn zwar als „unvollständig“, aber zugleich als „akzeptable Verhandlungsbasis“. Nun eröffnete Trump eine weitere Verhandlungsrunde mit der Ukraine.
Eingeladen waren die Delegationen der Amerikaner unter Leitung von US-Außenminister Marco Rubio und die ukrainische Delegation mit Andrij Jermak an der Spitze, Selenskis engstem Vertrauten. Ergebnis: Eine deutlich verkürzte Version, mit nur noch 19 gebliebenen Punkten, der beide Seiten zustimmten.
Europäische Vertreter, vor allem aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien, begnügten sich mit der Rolle der Statisten. Die Grenzen des eigenen Kontinents werden nun von außen gezogen.
Rubio liefert vorerst
Der US-Außenminister führte die Gespräche, setzte Ton und Tempo. Nach stundenlangen Beratungen sprach er von einem der „produktivsten Tage seit Beginn dieses Prozesses“ und machte deutlich, dass Washington den Frieden nun entschlossen vorantreibt. „Ob Donnerstag, Freitag oder Montag“, sagte Rubio, „entscheidend ist nur, dass es bald passiert.“
Aus Kiew hieß es, der neue Entwurf sei nicht bloß ein Kompromiss, sondern ein „echter Fortschritt“. „Dieser Rahmen schützt unsere Interessen“, frohlockte Jermak. In Kiew betont man zudem, dass die riskantesten Elemente des alten Entwurfs seien gestrichen worden.

Der stellvertretende Außenminister Sergiy Kyslytsya fasst es nüchtern zusammen: „Nur noch sehr wenig aus der Originalversion ist übrig.“ Die Regierung hebt hervor, der neue Entwurf stärke die ukrainischen Interessen, und bedankt sich ausdrücklich für die „amerikanische Unterstützung“.
Moskaus Ja? Noch in weiter Ferne
Doch während Washington und Kiew Zuversicht ausstrahlen, hält sich Moskau bedeckt. Die 19 Punkte sind bislang nicht veröffentlicht. Russland solle aber „zeitnah einbezogen“ werden, heißt es. Nächste Woche wird wohl der US-Sondergesannte Steve Witkoff in Moskau erwartet.
Nach Angaben der amerikanischen Vertreter enthält der überarbeitete Entwurf „verstärkte Sicherheitsgarantien“ für die Ukraine. Gemessen an den euphorischen Jubelstürmen der Selenski-Delegation, ist ein zeitnahes Abnicken des Kremls aber vorerst unwahrscheinlich. Dennoch signalisierte Moskau Verhandlungsbereitschaft und bezeichnete die 19-Punkte als erste ,,mögliche Grundlage“ für Gespräche. Kreml-Sprecher Dmitry Peskov erklärte, man habe das Papier „nicht in wesentlichen Teilen“ vorliegen. Eine Aussage, die sowohl auf tatsächliche Unwissenheit als auch auf bewusstes Taktieren hindeuten kann.
Vor allem Passagen, die langfristige Garantien für die Ukraine betreffen, gelten als heikel. So gibt es bereits Gerüchte, keine der überarbeiteten Punkte würde Gebietsabtritte an Russland beinhalten. Sollte sich dies bewahrheiten, wird der Deal aller Voraussicht nach platzen.
Klar ist: Russland wird den Friedensvorschlag sorgfältig durchgehen, mögliche Fallstricke suchen und den zeitlichen Ablauf selbst bestimmen, während die Armee an der Frontlinie weiter vorrückt.
Berlin auf Tauchstation
Europa dagegen sucht nach Halt, seit klar ist, dass Washington, Kiew und Moskau über die EU-Köpfe hinweg, an einem Friedensrahmen arbeiten. Bereits beim 28-Punkteplan fiel Berlin aus allen Wolken. Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) betonte, man habe „keinerlei Kenntnis“ von amerikanisch-russischen Sondierungen gehabt. Auch CDU-Außenpolitiker Johann Wadephul versicherte, die Bundesregierung sei über den ursprünglichen 28-Punkte Plan niemals „gebrieft worden“.
Deutschland und andere europäische Staaten haben aus Moskauer Sicht ihre Chance verspielt, bei einer Lösungsfindung mitzugestalten. „Ihr hattet eure Chancen, Leute“, sagte Außenminister Sergej Lawrow russischen Agenturen zufolge. „Ihr habt diese Chancen nicht genutzt, ihr habt sie einfach vertan.“

Auch jetzt in Genf ging kaum eine Initiative von europäischer Seite aus. Der Durchbruch in den Sondierungen gelang erst am zweiten Verhandlungstag, just in jenem Moment, in dem laut Insidern die USA das Tempo anzogen. Europa blieb Zuschauer in einem Prozess, der den eigenen Kontinent betrifft.
Während die Altparteien im Takt der US-Diplomatie taumeln, beschreibt COMPACT 12/2025: Der Friedensstifter. Wie Tino Chrupalla die AfD auf Kurs hält, wie der Partei-Chef innenpolitisch Stabilität schafft und außenpolitisch einen klaren Kurs vorgibt. Erfahren Sie mehr.





