Der Spiegel feiert CDU-Außenminister Wadephul für die Absage seiner China-Reise. Was aber steckt wirklich dahinter? Ein Beitrag von Thomas Röper, dessen neuestes Buch „Gesteuerte Wahrheit – Wie NGOs und Geheimdienste westliche Medien lenken“ gerade für Furore sorgt. Hier mehr erfahren.
_ von Thomas Röper
Der deutsche Außenminister Wadephul hat eine geplante Chinareise kurzfristig abgesagt, weil die Chinesen ihm, außer bei seinem Amtskollegen, keine weiteren Gesprächstermine bestätigt haben. Die chinesische Regierung will nicht mit der deutschen Regierung reden, aber der Spiegel macht daraus eine Heldengeschichte über Wadephul.
Dass die chinesische Regierung die deutsche Regierung nicht mehr ernst nimmt, wissen wir spätestens seit der peinlichen Chinareise von Kanzler Scholz, bei der er im April 2024 am Flughafen in China nicht einmal von einem stellvertretenden Minister, sondern nur von einem stellvertretenden Bürgermeister begrüßt wurde, oder auch von Habecks China-Reise, als die Chinesen die Gesprächstermine mit ihm erst nach seiner Ankunft in China abgesagt haben.
Eigentore in Serie
Deutschland ist unter den letzten Regierungen außenpolitisch zu einem einer Lachnummer geworden. In der EU, die aufgrund ihrer Harakiri-Energiepolitik wirtschaftlich auf dem absteigenden Ast ist, hat Deutschland nicht mehr viel zu sagen, denn sowohl Berlin als auch Brüssel folgen dem aus Washington vorgegebenen politischen Kurs, einschließlich der anti-chinesischen Politik. Aber wenn die Entscheidungen ohnehin in Washington getroffen werden, wozu soll China dann noch mit den Deutschen reden?
Nun musste der neue deutsche Außenminister diese Erfahrung machen, denn eigentlich sollte Wadephul am Sonntag zu seiner ersten Chinareise aufbrechen. Aber am Freitag hat das Außenministerium die Reise kurzfristig verschoben, wie es offiziell vom Auswärtigen Amt heißt, was im Klartext eine Absage bedeutet. Der Grund für die Absage ist, dass zwar ein Treffen mit Außenminister Wang Yi in Peking geplant war, aber China die Treffen mit weiteren wichtigen Gesprächspartnern, mit denen die deutsche Seite reden wollte, nicht zugesagt hat.
Oder anders ausgedrückt: Man wollte in Peking nicht mit den Deutschen reden, und der chinesische Außenminister hätte Wadephul wohl keine netten Worte gesagt, nachdem Kanzler Merz in der EU immer wieder anti-chinesisch gepoltert hatte.
Der Spiegel hat darüber unter der Überschrift „Gestrichene Chinareise – Deshalb ist Wadephuls Aussage mutig“ berichtet und in seinem Artikel das Kunststück fertig gebracht, die Peinlichkeit, dass die größte Volkswirtschaft der Welt mit dem deutschen Außenminister nicht reden will, als Heldenepos des Herrn Wadephul darzustellen.
Diplomatie? Kann weg!
Der Spiegel zählt in seinem Artikel die aggressiven Erklärungen auf, die Wadephul in letzter Zeit in Richtung China geschickt hat, und stellt sie in ein positives Licht. Das ist bezeichnend für das, was der Westen in letzten Jahren unter Diplomatie versteht, denn die Beleidigungen westlicher Politiker gegen andere Länder und ausländische Politiker nehmen kein Ende, sondern werden immer extremer. Aber beim Spiegel wird sogar Baerbock, die größte außenpolitische Blamage der deutschen Geschichte, positiv dargestellt.
Zur Erinnerung: Diplomatie bedeutet, den Gesprächspartner nicht zu verärgern oder zu provozieren, sondern durch geschicktes Verhandeln Erfolge zu erzielen. Deutsche – und westliche Politiker generell – tun in den letzten Jahren jedoch konsequent das Gegenteil und treten aggressiv, arrogant, besserwisserisch und oberlehrerhaft auf. So auch Wadephul, was der Spiegel aber ebenfalls positiv darstellt:
„Der CDU-Politiker schlug zuletzt wiederholt einen scharfen Ton an. So sprach Wadephul auf seiner ersten Reise nach Asien im August in Japan das Großmachtstreben Chinas offen an: Peking drohe ‚mehr oder weniger unverhohlen damit, Grenzen zu seinen Gunsten zu verschieben‘, das Gewaltverbot der Uno-Charta gelte aber auch für die Straße von Taiwan, das Süd- und Ostchinesische Meer, sagte Wadephul damals.“
Ob Wadephul auch auf das Gewaltverbot der UNO gepocht hat, als die USA den Irak und andere Länder angegriffen haben?

Danach zitiert der Spiegel aus einer Rede, die Wadephul kürzlich über China gehalten hat, in der er China wegen Taiwan und anderen Themen kritisiert hatte: „Am Freitag dann, kurz bevor das Auswärtige Amt bekannt gab, dass Wadephuls Reise ausfällt, kam ein Rüffel aus Peking. Die Wahrung des Status quo in der Region zu fordern, ohne dabei eine Unabhängigkeit Taiwans abzulehnen, komme einer Unterstützung ‚taiwanischer Unabhängigkeitsaktivitäten‘ gleich, sagte ein Außenamtssprecher. Peking betrachtet Taiwan als Teil seines Territoriums.“
Nur zur Erinnerung: Auch Deutschland betrachtet Taiwan offiziell als Teil Chinas. Die Volksrepublik verfolgt die Ein-China-Politik, der zufolge es nur ein China gibt, zu dem auch Hongkong und Taiwan gehören. China fordert daher von allen Staaten, die diplomatische Beziehungen zur Volksrepublik China aufnehmen wollen, diese Prämisse anzuerkennen, wie es auch die UNO in der Resolution 2758 der UN-Generalversammlung getan hat.
Das bedeutet, dass jeder Staat – auch alle Staaten des Westens, inklusive Deutschland – diese Politik offiziell anerkennen, auch wenn westliche Medien und Politiker das gerne anders darstellen, wie dieses Beispiel wieder zeigt, denn sie alle haben keine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan.
Daher gibt es übrigens auch keine Staatsbesuche taiwanesischer Politiker in der EU, denn da es in Taiwan ohne diplomatische Beziehungen auch keine europäischen Botschaften und Konsulate gibt, können denen keine Einreisevisa ausgestellt werden. Die müssten sie bei einem Konsulat in China beantragen.
„Mutig“ in den Untergang
Danach thematisiert der Spiegel die Tatsache, dass der akute Mangel an Chips, der auf chinesische Beschränkungen beim Export Seltener Erden zurückgeht, derzeit droht, die Automobilproduktion in Deutschland lahmzulegen.
Jeder denkende Mensch würde in so einer Situation nach China reisen und versuchen, das Problem zu lösen, schließlich ist die Automobilindustrie der Kern der deutschen Wirtschaft, die ohnehin schon eine Deindustrialisierung durchlebt. Die Probleme sind also sehr ernst.
Aber der Spiegel schreibt: „Und ausgerechnet in dieser Lage riskiert Wadephul, das Verhältnis zu China weiter zu verschlechtern? Der Außenminister hat seinen Reiserücktritt eng mit dem Kanzleramt abgestimmt. Sein Entschluss ist mutig. Und er ist offenbar auch ein Akt der Selbstbehauptung.“
Der Spiegel bezeichnet es als „mutig“, dass die Bundesregierung mit dem Schicksal der deutschen Wirtschaft spielt und es ihr wichtiger ist, China wegen der Taiwan-Frage zu kritisieren, als sich um das Überleben der deutschen Wirtschaft zu kümmern. „Überleben“ ist keineswegs übertrieben, denn die Automobilkonzerne melden so rapide Gewinneinbrüche, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis sie in Deutschland massenhaft Fabriken schließen, wenn die Regierung nicht schnell gegensteuert.
„Autoritäre Staaten“
Aber es wird noch absurder, denn danach schreibt der Spiegel: „Wie in Berlin zu hören ist, soll Peking darauf gedrängt haben, dass die deutsche Kritik an China noch vor dem Besuch des Außenministers ‚korrigiert‘ werde. Das aber käme einer öffentlichen Demütigung gleich, Berlin würde sich einer Machtgeste unterwerfen, wie sie autoritäre Staaten gern gegenüber vermeintlich schwächeren Partnern zeigen.“
Sind es nicht Deutschland und die EU, die beispielsweise mit Russland „aus einer Position der Stärke“ heraus reden wollen? Haben wir es hier etwa nicht mit „öffentlichen Demütigungen“ zu tun? Und so äußern die Herrschaften des Westens sich ja nicht nur gegenüber Russland, sondern auch gegenüber anderen Ländern, wie dem Iran, Venezuela und so weiter.
Es ist der Westen, der andere Länder mit seinen „Machtgesten“ unterwerfen will, während der Spiegel schreibt, das würden „autoritäre Staaten gern gegenüber vermeintlich schwächeren Partnern“ tun. Eine glatte Verdrehung der Tatsachen.
Pfeifen im Walde
Zum Ende seines Artikels schreibt der Spiegel dann: „Dabei ist Europa keineswegs so schwach, dass es die weiße Fahne hissen müsste. Auch die Volksrepublik ist nach wie vor von ihren Exporten in die EU abhängig.“
Der Unterschied ist, dass China sich andere Absatzmärkte suchen kann und dass die chinesische Führung in ihrem neuesten Fünf-Jahresplan eine Stärkung der Binnennachfrage anstrebt, um von der Abhängigkeit vom Export loszukommen. Und im Gegensatz zu westlichen Ländern hat China seine strategischen Pläne in den letzten fast 50 Jahren immer erfolgreich umgesetzt.
China könnte mit einem Rückgang der Exporte in den Westen konfrontiert werden und ein paar wirtschaftliche Probleme bekommen, gegen die es sich in seinen Fünf-Jahresplan aber schon ein Rezept geschrieben hat.
Und die EU? Die kann die chinesischen Produkte nicht ersetzen, weil ihre Industrie aufgrund der selbstverschuldet explodierten Energiepreise kaputt geht oder in andere Länder auswandert. Und ohne die chinesischen Seltenen Erden wird sich das noch beschleunigen. Die EU-Kommission und die Bundesregierung setzen derweil auf eine Energiewende und auf Elektroautos, die sie auch wieder in China kaufen müssten.
Klar: EU muss die weiße Fahne nicht hissen. Wozu auch? Es interessiert sich ja niemand mehr für sie, was China gerade demonstriert hat, indem es Wadephul vor die Wahl stellte, nur für ein vielleicht einstündiges Gespräch mit dem chinesischen Außenminister extra nach Peking zu fliegen, oder zu Hause in Berlin zu bleiben. Wadephuls Absage der Reise dürfte die Chinesen nicht allzu sehr getroffen haben.
Thomas Röper legt hier den Finger in die Wunde. Sichern Sie sich sein neuestes Buch „Gesteuerte Wahrheit – Wie NGOs und Geheimdienste westliche Medien lenken“. Hier bestellen.





