Würzburg ist nur eine Stadt, die durch anglo-amerikanische Luftschläge in Schutt und Asche gelegt wurde – und nicht die einzige: Insgesamt wurden 160 deutsche Städte und 850 Gemeinden von Bombenangriffen heimgesucht. Den alliierten Terror haben wir in COMPACT-Geschichte Nr. 9 „Dresden 1945. Die Toten, die Täter und die Verharmloser“ dokumentiert.

    Als die Würzburger Familie Lehmann gegen 21:07 Uhr den Drahtfunk abhörte, war das Gesicht von Hildegard leichenblass. Ein Unteroffizier des Horchdienstes vermeldet, dass „mit einem Angriff auf unsere Stadt ist zu rechnen“ sei. Die Eltern trafen nun alle Vorbereitungen, um schnell den rettenden Luftschutzkeller erreichen zu können. Ihre drei Kinder, Willi (7), Manfred (5) und Gerda (2), die schon lange im Bett lagen, mussten unsanft aus ihrem Schlaf gerissen werden. Sofort fing das Gebrüll der jüngeren Kinder an. Sie konnten nicht verstehen, was da auf einmal passiert.

    Kaum im rettenden Keller angekommen, fing das Grollen der 225 schweren Bomber vom Typ Lancaster an. Die Angst der Menschen im Bunker war unverkennbar. Manfred und Gerda weinten bitterlich. Auch andere erwachsene Personen, darunter viele Frauen brüllen vor Angst, als die Sprengbomben auf dem Boden detonieren und die wankende Hauswand beginnt zu dröhnen. Nach 17- Minuten endete das Dröhnen, doch war der Schrecken noch lange nicht vorüber. Als die Menschen den Luftschutzkeller nach der Entwarnung verlassen, finden sie eine brennende Altstadt vor. Auch wenn die Personen in dieser Einleitung frei erfunden sind, müssen viele Würzburger die Feuernacht so oder ähnlich erlebt haben.

    Dresden – bis heute das Symbol für das Symbol für die Verbrechen an Deutschen im Frühjahr 1945: Als am 15. Februar 1945 die letzten Bomber das Stadtgebiet von Dresden wieder gen Westen verließen, lagen 40 Stunden Bombenterror hinter der Stadt. Das Ausmaß der vier Angriffswellen ist mit Worten kaum zu beschreiben. Tausende verbrannten im Feuersturm bei lebendigem Leibe, andere wurden verschüttet. Das als sicher geltende Dresden war damals voller Flüchtlinge. Viele mussten ihre Hoffnung mit dem Leben bezahlen. Dresden 1945 gilt seitdem als Fanal für Terror gegen die Zivilbevölkerung. Militärisch sinnlos wurde das einst blühende Elbflorenz nahezu vollends zerstört. Wolfgang Schaarschmidt hat das Inferno überlebt und jahrelang recherchiert. Mit seinem Werk kann man jetzt den Herunterschwindlern und Verharmlosern der Opferzahlen mit vielen neuen Fakten wirksam begegnen. Den über 100.000 Bombenopfern ist damit ein würdiges Denkmal gesetzt.

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    Wie die „Welt“ 2015 in einem Beitrag beschreibt, verließen nicht alle Menschen sofort nach der Entwarnung die Luftschutzräume, was für sie zu einer Falle wurde, denn der Brand breitete sich über sie aus. Da sich nahe den Luftschutzräumen Kohle in den Kellern befanden, fingen sie an zu kokeln. Diese Kohlebrände verursachten dann einen weiteren Verbrauch des ohnehin schon knappen Sauerstoffs, sodass Panik in den Kellern ausbrach. Viele Menschen irrten umher. Dabei verloren Mütter ihre Kinder und Junge wie Alte wurden währenddessen totgetrampelt. Diese Zustände resultierten aus einer fehlenden Vorbereitung, denn nur wenige Nürnberger hatten mit Luftangriffen bereits Erfahrungen gehabt.

    Wie ein Feuersturm entsteht

    Für die Fachwerkhäuser, die in der Würzburger Altstadt standen, waren die Brandbomben besonders verheerend. Zirka drei Minuten lang entwickelten die tückischen Brandbomben mit ihrer Metallstaubfüllung eine Hitze bis zu 1.000 Grad. Die historischen Bauten  hatten kaum eine Chance, dieses Inferno zu überstehen.

    Warum die Wirkung dieser und ähnlicher Städtebombardements so schrecklich war, erläuterte der Deutschlandkorrespondent der „Basler Zeitung“ in einem zeitgenössischen Artikel: „Es ist hervorzuheben, dass es sich hier um eine Wirkung handelt, die nur bei der Bombardierung von dicht besiedelten Wohnbezirken, aber nicht von Industriegelände hervorgebracht werden kann. Es handelt sich dabei um die wohlbekannte Tatsache, dass jeder offene Brand sich den notwendigen Sauerstoff aus der umgebenden Luft ansaugt. Entsteht nun ein Brand von mehreren Quadratkilometern Ausdehnung, dann verbinden sich die aus den einzelnen Häuserzeilen und Häuserblocks emporzüngelnden Flammen zu einer geschlossenen und nach immer größeren Höhen emporflackernden Flammendecke. (…) Im Gebiet des Flächenbrandes selbst entsteht eine Taifun-Stärke erreichende, orkanartige Luftbewegung. Dabei dienen die Straßen als Luftzufuhrkanäle, und gleichzeitig saugt der durch sie fegende Sturmwind den Brand aus den Häusern waagerecht oder gar nach unten in den Straßenraum hinein. Der Brand reißt die letzten Sauerstoffreste aus allen Räumen, Unterständen und Kellern, ebenso verzehrt er den Sauerstoff in der Straßenluft. Zunächst entstehen nun in den Kellern Sauerstoffmangel und Atemnot. Gleichzeitig steigt die Temperatur der Schutzräume schnell auf unerträgliche Höhe. (…) Es versteht sich, dass Männer mit ihrer verhältnismäßig widerstandsfähigeren Konstitution eher in der Lage waren, einer solchen Angriffsmethode zu widerstehen, keineswegs aber Frauen und Kinder. Diese bilden denn auch die Mehrzahl der Opfer.“ (Weiterlesen im Artikel „Verbrannt und erstickt“ in COMPACT-Geschichte Nr. 8 „Verbrechen an Deutschen. Vertreibung, Bombenterror, Massenvergewaltigungen“)

    Grund der Bombardierung

    Obwohl Würzburg zwar eine militärische Infrastruktur aufwies, fiel sie nicht allzu sehr ins Gewicht, als die fränkische Metropole zum Ziel der Royal Air Force auserkoren wurde. Vielmehr wurde die Stadt nach Vernichtungseffizienz ausgewählt. Die RAF hatte sich hier erhofft, große Zerstörung mit wenig Bombeneinsatz erzeugen zu können. Und sie sollten mit ihrer Befürchtung auch Recht behalten, denn in der Innenstadt standen nach dem Feuersturm gerade einmal sieben Häuser. 89 Prozent aller Bauten wurden zerstört und 5.000 Personen verloren ihr Leben.

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