Countdown unter der Tropensonne: Die USA steht kurz vor einem neuen Krieg. Während Washington seine Schlachtschiffe zusammen zieht, mobilisiert Caracas Millionen Milizen. Nach Monaten der Drohungen scheint ein Angriff auf Venezuela nur noch eine Frage von Tagen. Wer verstehen will, warum die USA immer wieder zur militärischen Karte greift, findet in Daniele Gansers „Imperium USA – Die skrupellose Weltmacht“ eindrucksvolle Beispiele und unbequeme Antworten. Hier mehr erfahren.
Bereits seit Mitte August hat Washington seine militärische Präsenz in der Region stetig verstärkt und ab September gezielte Luft- und Seeangriffe gegen Boote durchgeführt, die laut Washington Drogen transportieren. Bei mindestens fünfzehn Operationen im Karibikraum sollen über 60 Personen ums Leben gekommen sein. Doch jetzt schraubt Washington die Militärpräsenz deutlich nach oben. Satellitenbilder, die diese Woche vom ,,Miami Herald“ ausgewertet wurden, zeigen ein ganzes Netzwerk aus Marineverbänden, das sich entlang der venezolanischen Küste aufspannt – von Puerto Rico bis Trinidad.
Kriegsvorbereitung
Ende Oktober verließ die amphibische Angriffseinheit USS Bataan mit rund 2.000 Marines den Heimathafen in Virginia, und steuerte in Richtung Südkaribik. Wenig später stießen die Zerstörer USS Gravely und USS Thomas Hudner hinzu – ausgestattet mit Marschflugkörpern vom Typ ,,Tomahawk“, die Ziele in ganz Venezuela erreichen können.

Fast zeitgleich meldete die ,,Washington Post“ die Anwesenheit eines atomgetriebenen Schnellangriffs-U-Bootes südlich von Puerto Rico – offiziell zur Überwachung maritimer Transportrouten. Nur einen Tag später, bestätigte das Pentagon den Einsatz mehrerer F/A-18 Super Hornet-Jets von Trägern in der Region und lokale Medien über eine ungewöhnlich hohe Aktivität auf Luftwaffenbasen in Puerto Rico: Dort sollen sich nun auch die berüchtigten F-35 – Kampfjets befinden – mit Reichweite und Präzision für gezielte Schläge. Die Gesamtsituation schildert ein höherer US-Offizier nüchtern: „Wir sind bereit für jedes Szenario – auch für ein härteres Vorgehen, sollte Caracas weiter provozieren.“
Stolz der Navy rückt an
Nun ist auch das Flaggschiff der US Navy selbst in Stellung gegangen: die USS Gerald R. Ford, das größte und laut Experten modernste Kriegsschiff der Welt. Mehr als 300 Meter lang, mit über 70 Flugzeugen an Bord und nuklear angetrieben, symbolisiert sie den Anspruch Amerikas, jede Krise als Bühne der Stärke zu nutzen. Laut Pentagon dient ihre Verlegung „der regionalen Stabilität und Abschreckung gegen illegale Aktivitäten“. Doch kaum jemand glaubt, dass es bei dieser Begründung bleibt. Ein Diplomat in Caracas formulierte es so: „Wenn die Gerald R. Ford auftaucht, dann nicht zum Zuschauen.“ Satellitenaufnahmen zeigen den Träger östlich der venezolanischen Küste, weniger als 300 Seemeilen von Caracas entfernt – begleitet von zwei Zerstörern und einem weiteren Versorgungsschiff.
Jeepers Creepers
Schließlich sind vorgestern Nacht zusätzliche MQ-9 Reaper-Drohnen aktiviert worden. Unter US-Truppen trägt sie auch die Spitznamen ,,Todesengel“ oder ,,Jeepers Creepers“ in Anlehnung an den berüchtigten Horrorfilm. Brisant: Die Reaper wurde im Nahen Osten häufig zum Ausschalten von ,,High Value Targets“, also hochrangigen Personen genutzt. Nahe den Kleinen Antillen sichteten Beobachter zudem ein Spezialschiff des US Special Operations Command, das mutmaßlich für verdeckte Operationen vorgesehen ist.
Maduro mit Generalmobilmachung
Während die US-Flottenverbände aufrücken, reagiert Caracas mit martialischem Trotz. Präsident Nicolas Maduro nutzt jede Fernsehkamera und alle Mikrofone, um den Konflikt als Angriff auf die nationale Würde Venezuelas darzustellen. In einer Rede im Regierungspalast erklärte er:
„Sie wollen uns demütigen, sie wollen uns zerstören – doch Venezuela wird sich niemals beugen.“
Maduro befahl die Aktivierung von über 350.000 Milizionären, die in sogenannten ,,Zonen der territorialen Verteidigung“ zusammengezogen werden sollen. Die Mobilisierung soll aber in die Millionen gehen. In Caracas und Maracaibo rollten bereits Panzer und Transportfahrzeuge durch die Straßen, begleitet von patriotischen Hymnen und Flaggenparaden. Maduro inszeniert die Krise als historischen Moment: als Kampf des „bolivarischen Vaterlandes“ gegen den Imperialismus. Die Außenministerin Delcy Rodríguez sprach sogar von einer „neuen Invasion“ und warnte, Venezuela werde „jedes Schiff, das seine Hoheitsgewässer verletzt, als feindlich betrachten“.
Neue Kubakrise?
Aus Moskau kamen in den letzten Tagen deutliche Worte: Kreml-Sprecher Dmitri Peskow nannte die US-Militärbewegungen „eine gefährliche Provokation“ und warnte, sie könnten „die gesamte Region ins Chaos stürzen“. Russland stehe, so Peskow, „fest an der Seite seiner Partner in Caracas“.
Nach Berichten russischer und lateinamerikanischer Medien sollen russische Techniker und Militärausbilder bereits in Venezuela sein, um Luftabwehrsysteme vom Typ S-300 zu warten. Die S-300 gilt als das Rückgrat der russischen Raketenabwehr. Zudem wurde über neue Radar- und Kommunikationssysteme gesprochen.
Außenminister Sergej Lawrow sprach von „doppelten Standards“ des Westens und warnte, Washington spiele „mit dem Feuer“. In Moskau vergleicht man die Lage offen mit der Kuba-Krise von 1962 – und stellt klar, dass Russland im Ernstfall nicht tatenlos zusehen würde.
In der Karibik formiert sich ein neues Schachbrett der Weltmächte. Noch ist kein Schuss gefallen – doch die Tropenhitze trägt bereits die Spannung eines kommenden Sturms.
Wer die jüngsten Entwicklungen in einen größeren geopolitischen Kontext einordnen will, dem sei Daniele Gansers „Imperium USA – Die skrupellose Weltmacht“ empfohlen – eine kritische Untersuchung amerikanischer Außenpolitik seit dem Zweiten Weltkrieg. Hier bestellen.

 



