Eine ganze Generation flieht vor dem Krieg. Die Schlachtfelder im Donbass verschleißen weiter Menschen und Städte, zugleich setzt abseits der Frontlinien eine Abwanderung ein, die politische und gesellschaftliche Sprengkraft besitzt. Denn während Deutschland die Wehrpflicht reaktiviert und Einsatzszenarien eigener Soldaten in der Ukraine offen verhandelt, ziehen zehntausende junge Männer im wehrfähigen Alter aus dem Kriegsland nach Westen. Die Kommunen schlagen bereits Alarm. In COMPACT: Der Friedensstifter. Wie Tino Chrupalla die AfD auf Kurs hält zeigen wir, wie sich der AfD-Chef ruhig, sachlich und unbeirrbar dem geballten Establishment entgegenstellt. Erfahren Sie mehr. 

     Die Zahlen liegen auf dem Tisch. Nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sind seit dem vergangenen August 19.484 ukrainische Männer im Alter zwischen 18 und 22 Jahren nach Deutschland eingereist.

    COMPACT-Cover mit Chrupalla 12/2025

    Ausgelöst wurde diese Entwicklung durch eine Entscheidung in Kiew. Im August dieses Jahres erklärte die ukrainische Regierungschefin Julia Swiridenko, junge Männer dieser Altersgruppe dürften „während des Kriegszustands ungehindert die Grenze überschreiten“.

    Die Folgen ließen nicht lange auf sich warten: Vor Inkrafttreten der Regelung wurden „etwa 100 Einreisen pro Woche“ registriert, danach waren es „circa 1000 pro Woche“, wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums im Oktober erklärte.

    Höchststand im Herbst

    In der ersten Oktoberwoche, Kalenderwoche 41, erreichte die Einreisebewegung ihren vorläufigen Gipfel. „Ein Peak an Einreisen lässt sich in KW 41 verzeichnen“, erklärte das BAMF. Danach ging die Zahl zurück, aber nicht auf das frühere Niveau.

    Seit November, so das Bundesinnenministerium, liege die Zahl der erfassten Ersteinreisen „bei unter 1000 Einreisen pro Woche“. Ein Rückgang, ja. Eine Entwarnung, nein. Denn zugleich betont das Ministerium, die Zahlen lägen „seit dem Herbst insgesamt über denen der ersten Jahreshälfte“. Der Strom ist schwächer geworden, aber er versiegt nicht.

    Registrierung ukrainischer Kriegsflüchtlinge in Breslau. Je länger sich der Krieg hinzieht, desto unwahrscheinlicher ist eine Rückkehr von Millionen von ukrainischen Flüchtlingen. Foto: Dziurek | Shutterstock.com

    Wie viele junge Männer aus der Ukraine seit August in anderen EU-Staaten aufgenommen wurden, lässt sich derzeit nicht exakt beziffern. Klar ist nur: Auch in anderen Aufnahmestaaten wurden seit dem Spätsommer Zehntausende neue Schutzentscheidungen registriert. Deutschland ist damit kein Sonderfall. „Intensivierte russische Angriffe“ träfen inzwischen auch die Heiz- und Energieversorgung, erklärt das Innenministerium die Entwicklungen. Der Winter kommt. Und mit ihm wohl neue Flüchtlingswellen aus dem Osten.

    Warnsignale aus den Kommunen

    Was sich in den Statistiken abzeichnet, spüren die Städte und Gemeinden längst im Alltag. Unterkünfte werden voller, Kosten steigen, finanzielle Spielräume schrumpfen. In Baden-Württemberg wurde im Oktober der höchste Monatszugang seit März 2023 registriert.

    Die zuständige Ministerin Marion Gentges (CDU) versucht sich in klaren Worten: „In Baden-Württemberg verzeichneten wir im Oktober den höchsten Monatszugang seit März 2023“, sagte sie. Für Städte und Gemeinden seien das „erste Warnzeichen“. Mit Sorge blickt sie in die Zukunft:

    „Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen, droht eine erneute Überlastung der Kommunen.“

    Der Kontext macht die Lage brisant. Seit Februar 2022 sind mehr als 1,2 Millionen Ukrainer nach Deutschland geflohen. Laut Bundesagentur für Arbeit sind nur 518.000 erwerbsfähig. Doch im August bezogen auch 134.125 ukrainische Männer zwischen 18 und 55 Jahren Bürgergeld – eine Zahl, die zeigt, wie sehr diese Entwicklung inzwischen auch den deutschen Sozialstaat erreicht hat.

    Springen jetzt Deutsche ein?

    Die 18- bis 22-Jährigen unterliegen bislang nicht der Kriegspflicht. In Kiew werden sie als Zukunftsreserve betrachtet. Unter Kriegsrecht durften jedoch auch nicht mobilisierte Männer das Land grundsätzlich nicht verlassen.

    Der Druck auf Familien wuchs, illegale Grenzübertritte nahmen zu, ganze Familien begannen loszuziehen und ihre Söhne frühzeitig außer Landes zu bringen, oft mit endgültigem Bruch zur Heimat. Die Ausreiseerlaubnis sollte diesen Prozess stoppen. Swiridenko erklärte, man wolle erreichen, dass junge Ukrainer „ihre Verbindungen zur Ukraine so weit wie möglich aufrechterhalten“. Die Öffnung war als Ventil gedacht, nicht als Einladung.

    Doch Kritiker sprechen von einem folgenschweren Irrtum. Der Oppositionsabgeordnete Serhi Rakhmanin warnt, die Regierung habe damit „eine ganze Generation ins Ausland gedrängt, die nicht mehr zurückkommen wird“. Es sei kein Verlust für die Armee, sondern für die Zukunft des Landes, für Wirtschaft, Gesellschaft und Wiederaufbau. Die Maßnahme, die eine Generation schonen sollte, könnte sie dauerhaft verlieren.

    Soldaten der Bundeswehr bei einer Übung. Foto: Bundeswehr, CC-BY 2.0, Wikimedia Commons

    Damit rückt eine unbequeme Frage näher: Wenn eine Generation im wehrfähigen Alter geht, wer tritt an ihre Stelle? Womöglich junge Deutsche – während Gleichaltrige aus dem Kriegsland längst im Westen angekommen sind. Zumal die neue Wehrpflicht hierzulande bereits ab 18 Jahren greifen soll. Zur Einordnung: 20.000 Soldaten könnten einen Frontabschnitt von der Länge einer mittleren Großstadtregion halten, oder mehrere Brennpunkte zugleich stabilisieren.

    Wie politische Macht, Führung und Konfrontation mit dem Establishment heute aussehen, beleuchtet COMPACT: Der Friedensstifter. Wie Tino Chrupalla die AfD auf Kurs hält im größeren Zusammenhang. Hier mehr erfahren. 

     

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