In unserer neuen Sonderausgabe «Geheime Geschichte» zeigen wir: Berichte über UFOs gibt es nicht erst seit 50 Jahren – sogar in der Bibel und in einer mittelalterlichen Chronik ist davon die Rede. Doch nach menschlichem Ermessen ist eine Reise von Aliens zu uns schier unmöglich. Es gibt allerdings theoretische Modelle, wie der Mega-Trip realisiert werden könnte. Hier mehr erfahren.

    _ von Amelie Winther

    Der US-amerikanische SETI-Forscher Seth Sho­stak rechnet vor, dass die statistisch wahrscheinliche Distanz zu unseren nächsten außerirdischen Nachbarn 1.000 bis 2.000 Lichtjahre beträgt. Und er gibt zu bedenken:

    «Trotz des Eindrucks, den Film und Fernsehen vermitteln, ist die Überwindung der enormen Entfernungen zwischen den Sternen nicht trivial, ganz gleich, welche Technologie eingesetzt wird.»

    Entweder müssten «die Raumschiffe Zehntausende von Jahren unterwegs sein», oder es wären «außerordentlich große Mengen an Energie» notwendig, «um hohe Geschwindigkeiten zu erreichen».

    Für 380.000 Kilometer – 1,26 Lichtsekunden – zum Mond brauchte Apollo 11 rund 76 Stunden. Das ist ein kosmischer Katzensprung im Vergleich zu einer Reise zum nächstgelegenen Stern in 40 Billionen Kilometern – 4,247 Lichtjahren – Entfernung. Legt man den Geschwindigkeitsrekord von circa 39.000 km/h in der bemannten Raumfahrt, erbracht von Apollo 10, zugrunde, würde dies eine Flugzeit von über 117.000 Jahren bis Proxima Centauri und seinem Exoplaneten bedeuten.

    Raumschiff mit Warp-Antrieb: Die Vereinbarkeit des Konzepts mit der allgemeinen Relativitätstheorie ist umstritten. Foto: Shutterstock

    Mit Warp durchs All

    Das allein erklärt eine Menge Skepsis gegenüber UFO-Sichtungen. Physischer Kontakt zu Aliens wäre schließlich nur denkbar bei enormer technischer Überlegenheit einer extraterrestrischen Zivilisation. Infolge der Unabänderlichkeit der physikalischen Gesetze, allen voran des absoluten Tempolimits der Lichtgeschwindigkeit, müssten Außerirdische über Mittel und Wege verfügen, die in einer sinnvollen Reisezeit interstellare Flüge erlauben, aber die allgemeine Relativitätstheorie wahren.

    Bei Science-Fiction ist der Name insofern Programm, als Wissenschaft und Fantasie sich verbinden. So auch beim Warp-Antrieb der «Enterprise». Deren Grundlage ist die Verformbarkeit der vierdimensionalen Raumzeit (engl. to warp: krümmen). Nach Star-Trek-Erfinder Gene Roddenberry erreicht Captain Kirks Mannschaft so eine Geschwindigkeit von bis zu 0,73 Lichtjahren pro Stunde, also das fast 6.400-Fache der Lichtgeschwindigkeit.

    1994 errechnete der mexikanische Physiker Miguel Alcubierre eine formale Lösung zu Einsteins Feldgleichung, deren Zahlen, Rechenzeichen und Konstanten eine Blase beschreiben, die den Raum vor sich komprimiert und hinter sich ausdehnt. Ein Raumschiff innerhalb dieser Blase könnte mit Überlichtgeschwindigkeit reisen, ohne sich selbst zu bewegen. Das Prinzip vergleicht Alcubierre gerne mit einem Personenfahrsteig, wie man ihn auf Flughäfen findet. Der stehende Passagier wird fortbewegt, indem sich vor ihm etwas quasi zusammenzieht und sich hinter ihm etwas auftut.

    Der Haken am Alcubierre-Antrieb ist die obligatorische negative Energiedichte beziehungsweise exotische Materie zur Aufrechterhaltung der Blase in einer Größenordnung, die die bekannte Masse normaler Materie im Weltall um das 10-Milliarden-Fache übersteigt. Zwar kann der Bedarf heruntergerechnet werden, auf einige Sonnenmassen bis zu nur 10 Kilogramm, doch es bleibt exotische Materie, die derzeit weder gefunden wurde noch ausreichend herstellbar ist.

    UFO (Symbolbild). Foto: Marko Alisriandr I Shutterstock.com.

    Einer außerirdischen Zivilisation, die uns technologisch Lichtjahre voraus ist, könnte dies freilich längst gelungen sein. Oder sie hat eine Alternative gefunden, so wie ein junger US-Physiker an der Universität Göttingen. Im März dieses Jahres veröffentlichte Erik Lentz das Paper «Breaking the Warp Barrier». Darin beschreibt er einen Warp-Antrieb mit ausschließlich positiver Energie. Dass er der Erste mit dieser Lösung war, wunderte ihn selbst. Man muss aber wissen, dass Alcubierres Antrieb kein fleißig beackertes Feld praktischer Forschung ist, sprach der Mexikaner doch selbst eher von einem «Gedankenexperiment», das «uns zwingt, uns mit der allgemeinen Relativitätstheorie auseinanderzusetzen».

    Jedenfalls ist Lentz überzeugt, Faster-than-Light-Flüge «näher an die Technik gebracht» zu haben. «Der nächste Schritt besteht darin, herauszufinden, wie man die astronomische Energiemenge, die benötigt wird, in den Bereich heutiger Technologien bringen kann», heißt es in der Pressemitteilung der Universität. Die Energie für den Warp-Antrieb eines für interstellare Missionen gerüsteten Raumschiffs entspräche bei Lentz der hundertfachen Masse des Jupiters…

    Tunnel in der Raumzeit

    Ebenfalls auf der Lösung Einstein‘scher Gleichungen basieren Wurmlöcher. Ein empirischer Nachweis über die Existenz dieser Tunnel in der Raumzeit fehlt, sie fußen auf physikalischen Theorien, deren Anfang Ludwig Flamms Überlegungen 1916 an der Universität Wien bilden. Der ungewöhnliche Name ist eine Metapher: Zwischen zwei gegenüberliegenden Punkten eines Apfels findet der Wurm, der sich hindurchfrisst, den kürzesten Weg.

    Dass man in diesem Bereich kaum akademische Meriten erwirbt, lässt Physiknobelpreisträger Kip Thorne in seinem Werk Gekrümmter Raum und verbogene Zeit  (1994) erahnen, wenn er schreibt, dass das Kapitel zu Wurmlöchern «viel weniger objektiv als das übrige Buch» sei und «ausschließlich meine eigene, persönliche Sichtweise» darstelle.

    Top Secret: Was sich in der Wüste von Nevada abspielt, weiß nie­mand so genau. Angeblich werden in der Area 51 nur neue Experimen­talflugzeuge getestet. Foto: CCO

    Ursprung seiner Beschäftigung mit dem Sujet war Carl Sagans Bitte um Expertise für den Roman Contact, in dem die Protagonistin eigentlich durch ein Schwarzes Loch auf interstellare Reisen gehen sollte. Thorne intervenierte, denn alles, was sich einem Schwarzen Loch nähert, erfährt «einen ins Unendliche anwachsenden Zug in radialer Richtung und einen ebenfalls ins Unendliche anwachsenden transversalen Druck, sodass es schließlich zerstört wird». Die Heldin wäre tot, ehe die eigentliche Fahrt begonnen hätte.

    Ein Wurmloch jedoch wäre ein sicherer Weg, sofern man ausreichend Zeit schindet. Wurmlöcher entstehen, wenn sich zwei Singularitäten (Orte mit unendlicher Krümmung der Raumzeit) im Hyperraum nähern, und verschwinden mit einer vernichtenden Kraft so schnell, dass nicht einmal das Licht sie passieren kann. Thorne:

    «Die einzige Möglichkeit, ein Wurmloch offenzuhalten, besteht darin, es mit einem Material zu durchsetzen, das durch seine Gravitation die Wände auseinander drückt. Ich werde eine solche Materie exotisch nennen, da sie sich von allem unterscheidet, was wir kennen.»

    Sein Rat an Sagan: «Irgendjemand in der Geschichte sollte entdecken, dass es exotische Materie gibt, mit der man ein Wurmloch offen halten kann.» Im Roman ginge das. Auf einem entfernten Planeten vielleicht auch?

    Michio Kaku, Physikprofessor und Vordenker der Stringtheorie, mahnt, menschliche Maßstäbe des Möglichen zu hinterfragen:

    «Der grundlegende Fehler der Menschen beim Nachdenken über außerirdische Intelligenz ist die Annahme, dass sie genau wie wir ist, nur ein paar hundert Jahre weiter entwickelt. Ich sage, seien Sie offen für die Möglichkeit, dass sie uns eine Million Jahre voraus ist.»

    Das ist die Hälfte der Zeit, die uns und Homo erectus trennt, also womöglich ausreichend für wegweisende Entdeckungen in Sachen Warp, Wurmlöcher und dergleichen.

    Das Element 115

    «Diese Geschichte ist außergewöhnlich, vor allem, wenn sie wahr ist. Und alles begann in der Wüste nördlich von Las Vegas.» So eröffnete der Trailer zur Netflix-Doku Bob Lazar: Area 51 & Flying Saucers (2018). Darin geht es um Robert Lazar, geboren 1959, nach eigenen Angaben studierter Physiker, der 1989 öffentlich behauptete, in der Area 51 an außerirdischen Antriebssystemen geforscht zu haben.

    Die «fliegenden Untertassen» – neun an der Zahl sollen in dem Sperrgebiet lagern – würden sich nicht linear bewegen. «Vielmehr haben wir festgestellt, dass die Scheiben ihre eigenen Gravitations­felder erzeugen, um Zeit und Raum zu verzerren und ihre Zielorte quasi an sich zu ziehen», sagte der US-Forscher 1994 dem New Yorker Science-Fiction-Magazin Omni.

    Die Flugscheiben seien mit einem Antimaterie-Reaktor und einer besonderen Energiequelle ausgestattet, dem Element 115. «Es hatte eine kupfer-orange Farbe und war extrem schwer. Obwohl es nicht radioaktiv war, gingen wir davon aus, dass es sich um ein giftiges Material handelte und behandelten es dementsprechend», so Lazar.

    Dass das Element auf der Erde nicht natürlich vorkomme, sei kein Grund zur Annahme, dass es nirgendwo im Universum existiere oder hergestellt werden könne, so die Argumentation des Ufologie-Kronzeugen. Seine Beobachtung:

    «Ich kann nur sagen, dass diese Technologie weit über alles hinausgeht, was wir heute mit dem Kenntnisstand des 20. Jahrhunderts wissen.»

    Tatsächlich gibt es das superschwere Element 115 mittlerweile auch auf der Erde. Es wurde erstmals 2003 von einer russisch-amerikanischen Forschergruppe künstlich erzeugt und 2016 Moscovium genannt. Die Berkeley-Chemikerin Jacklyn Gates erklärte gegenüber dem Science-Blog How Stuff Works, es gebe keine Verbindung zu Lazars Behauptungen. «Derzeit sind alle entstandenen Atome des Elements 115 viel zu schnell zerfallen, um als Treibstoff für UFOs zu dienen.» Dennoch hat hier die Wissenschaft die Grenzen dessen, was über das Universum bekannt ist, wieder immens erweitert.

    Ob Warp, Wurmloch oder fliegende Untertassen – die Faszination für den UFO-Hype wird weder von wissenschaftlichen Gegenargumenten noch herausfordernden physikalischen Gleichungen gemindert. Wahrscheinlich deshalb, weil sie die tief verankerte Frage berührt, ob wir allein in diesem riesigen All sind. Und der Nachweis nicht nur außerirdischen Lebens, sondern einer intelligenten Kultur die größte Entdeckung der Menschheit wäre.

    Wir gehen der Sache auf den Grund: In unserer neuen Sonderausgabe «Geheime Geschichte – Von den Pharaonen bis zur Kabale im Vatikan» finden Sie ein ganzes Kapitel über das UFO-Phänomen im Laufe der Zeit – von den ersten Erwähnungen in der Bibel und den indischen Veden bis zu Roswell, Area 51 und den Drohnen von New Jersey. Hier bestellen.

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