Mit Klartext zum Erfolg: Sollte die AfD mehr Trump wagen? Darüber haben Jürgen Elsässer und ein AfD-Politiker schon nach Trumps erstem Sieg diskutiert. Wir dokumentieren nachfolgend das immer noch relevante Gespräch. In unserer November-Ausgabe mit dem Titelthema  «Alle gegen Eine – Wie Alice Weidel trotzdem Kanzler werden kann» lesen Sie, was die Blauen jetzt beherzigen sollten, um sich an die Spitze zu setzen. Hier mehr erfahren.

    Will die Partei um Alice Weidel und Tino Chrupalla bei der Neuwahl des Bundestages im Februar 2025 im Windschatten Trumps reüssieren, sollte sie sich nicht nur an dessen unkonventioneller PR-Arbeit ein Beispiel nehmen, sondern auch an der klaren Kante, die der Republikaner in seinen Wahlkampfreden immer wieder gezeigt hat.

    Der Stern notierte dazu in seiner Ausgabe vom 8. November:

    «Trump hat geschafft, was viele Strategen im Vorfeld der Wahl für nahezu unmöglich hielten. Statt um die Stimmen der Mitte zu kämpfen, hat er auf die Verstärkung seiner Basis gesetzt. Seine Erfolgsformel: Je extremer die Botschaft, desto größer die Reichweite.»

    Hier ist bei der AfD noch Luft nach oben.

    COMPACT-Chefredakteur Jürgen Elsässer hat genau darüber schon nach Trumps Sieg bei der US-Präsidentschaftswahl 2016 mit dem Berliner AfD-Abgeordneten Frank Christian Hansel diskutiert. Einen Ausschnitt aus dem Gespräch haben wir bereits am 12. November 2024 im Brennpunkt von COMPACT.DerTag gebracht.

    Da viele der angesprochenen Punkte nach wie vor Gültigkeit besitzen, dokumentieren wir diese auch in COMPACT 1/2017 unter der Überschrift «Muss die AfD mehr trumpeten» abgedruckte Streitgespräch nachfolgend noch einmal für Sie zum Nachlesen.

    Trump und die AfD

    Elsässer: Donald Trump ist in jedes Fettnäpfchen der Political Correctness mit Lust und Wonne hineingetreten. Seine Wahlkampfknaller waren zwei Dinge. Erstens: Mauer bauen an der Grenze zu Mexiko. Und zweitens hat er gesagt, Muslime kommen nicht mehr rein. Also sehr, sehr klare Kante. Müsste die AfD nicht davon lernen und auch volkstümlicher und schärfer formulieren, populistischer, anstatt immer so ein bisschen zurückzuweichen.

    Hansel: Ja, das ist die Grundfrage, der sich die AfD eigentlich jeden Tag stellt. Sie sprechen da einen Konflikt an, der latent immer in der Partei ist. Der US-amerikanische President-elect, der kann es sich als Amerikaner leisten. Aber wir haben diese Grundbelastung aus der Historie – die wir aber nicht akzeptieren wollen. Wir sehen natürlich die Belastung, aber das hat mit unserer Generation nichts zu tun. Es geht aber nicht um uns und um die Partei, sondern um die Wahrnehmung draußen. Und eins ist ganz klar: Wir wollen Mehrheiten schaffen, wir wollen das Land verändern. Und Wahlen werden in der Mitte gewonnen…

    Elsässer: Das bezweifle ich.

    Keule gegen Schmuddelkinder

    Hansel: Aber «on the long run» ist es so. Der Stamm, den wir jetzt haben, von 15, im Osten teilweise bis 25 Prozent, das ist ein großartiger Erfolg, aber es reicht eben noch nicht für Mehrheiten. Und wir haben ja gesagt, dass wir nicht Juniorpartner einer Koalition werden wollen. Es kann nur funktionieren, wenn wir uns Mehrheiten organisieren und Primärpartner sind. Da ist es so, dass wir doch noch einiges mehr an bürgerlichen Wählern brauchen, die eigentlich schon bei uns wären, wenn «die Keule» uns nicht immer als nicht wählbare Schmuddelkinder denunzieren würde. Wobei, natürlich haben Sie recht: Egal was wir tun, sie werden immer auf uns einschlagen. Insofern ist es eine schwierige Debatte.

    Elsässer: Trotzdem würde ich Ihnen widersprechen, denn Trumps Wahlerfolg war nur möglich, weil er die Nichtwähler in erheblichem Umfang mobilisiert hat. Wir haben doch in Deutschland dieselbe Situation, nicht so schlimm wie in den USA, aber fast so schlimm: Zumindest bei Landtagswahlen haben wir 40 Prozent Nichtwähler, und natürlich kann man die populistisch abholen. Und das ist die Hauptkraftreserve für die AfD. Wobei die soziale Frage da eine große Rolle spielt: Trump hat, marxistisch gesprochen, die Arbeiterklasse mobilisiert, indem er gesagt hat: Lasst doch nicht zu, dass Euch Multikulti schöngeredet wird mit Political Correctness – und Ihr verliert Eure Arbeitsplätze, die wandern ab nach Mexiko oder China. Die bürgerliche Klientel, die bisher vielleicht noch CDU/CSU wählt, ist schon wichtig. Aber ich glaube, das Hauptpotenzial sind die Nichtwähler – für eine Protestpartei.

    Hansel: Ja. Aber ich habe es im Wahlkampf erlebt: Es gab natürlich auch Leute, die gesagt haben: «Nee, Euch wählen wir nicht, Ihr seid uns zu links!» Da hat einer gesagt, ganz klar: «Ich wähle NPD, habe immer NPD gewählt. Ihr seid uns zu links, kommt nicht in Frage!» Es ist nicht so, dass das jetzt unser Potenzial wäre. Wir kriegen im Übrigen auch großen Zuspruch von der Linkspartei. Die Linkspartei besteht ja nicht nur aus den Spinnern im Westen, sondern da gibt es auch die Erben der konservativen Staatspartei, der SED. Und die haben schon gemerkt, dass die soziale Frage auch bei uns gut aufgehoben ist. Wir sagen, wir sind gegen die Manager-Boni, für Manager-Haftung, damit bestimmte Exzesse nicht mehr stattfinden. Das hört man von den anderen Parteien nicht.

    Elsässer: Sie sagen, der Diskurs in Deutschland ist aufgrund der sogenannten Last der Vergangenheit, die uns aufgedrückt wird, schwieriger. Muss man nicht sagen: Auch diese Sonderbedingung ist durch die Trump-Wahl Makulatur geworden, wir haben jetzt mit dem Trump-Rückenwind einfach die Möglichkeit, offener zu sprechen? Wenn dann die Medien sagen «Ihr seid Rassisten!», sagen wir: «Moment mal, wir sagen doch das Gleiche wie Trump!»

    Hansel: Das kann durchaus sein. Ich glaube schon, dass sich da etwas öffnet.

    Die Kunst der Zuspitzung

    Elsässer: Ich glaube, dass man die Polarisierung offensiv betreiben muss. Das hat auch Trump gemacht, den Pol des Volkes gegen den des Establishments gesammelt. Wenn man auf Polarisierung verzichtet, bleibt die Gesellschaft eine Einheitssoße, die von oben her gelenkt wird.

    Hansel: Da haben Sie recht, aber die AfD an sich ist schon die Provokation. Die Tatsache, dass es uns gibt, ist schon Ausfluss dessen. Und das ist ja das Geniale, dass das die Altparteien nicht verstanden haben. Und dass sie, indem sie uns piesacken, uns schlechtreden, in die rechte Ecke drücken, uns ja aufgewertet haben. Ich glaube, man muss nur sagen: Okay, wir müssen das jetzt quasi anders machen, und wir müssen gegen das Establishment angehen. Nicht, weil es das Establishment ist, sondern weil Fehlentscheidungen getroffen, Kriege geführt worden sind und so weiter.

    Elsässer: Reden wir über Zuspitzungen. Natürlich kann die AfD nicht sagen: Wir bauen jetzt eine Mauer. Das ist in Deutschland eine sehr schlechte Parole. Aber wieso übernimmt man nicht von Trump die Parole – von ihm auf Hillary Clinton bezogen: «Wir bringen Merkel hinter Gitter!»? Ich glaube, das wäre sehr populär.

    Hansel: Schauen Sie, ich bin relativ viel auf Facebook. Und ich gucke mir da auch an, was zum Teil kommentiert wird. Und bei dem Wort Volksverräter – Merkel Volksverräter –, da habe ich einfach ein Problem. Das geht mir zu weit. Man kann die Kritik an Angela Merkel, am Flüchtlingsrettungswahn, am Eurorettungswahn, am Klimarettungswahn auch ganz normal ausdrücken, indem man einfach die Fakten benennt: den Gesetzesbruch. Das ist Provokation genug!

    Elsässer: Meine Formulierung «Merkel hinter Gitter!» ist ja erst mal eine rechtsstaatliche Position: dass man sagt, hier sind Gesetze gebrochen worden, auch das Grundgesetz, so massiv, im Alleingang, von einer Frau, die sich Kanzlerin nennt – das muss doch strafrechtlich geahndet werden!

    Hansel: Wir haben «klare Kante». Wir sagen, das sind Rechtsbrüche. Wir sind nicht gegen die Flüchtlinge – wir sagen ja auch, wir wären wahrscheinlich selber welche, wenn wir in der Situation wären –, sondern wir sind gegen die Politik. Wir sagen: Demonstriert wird nicht gegen die Menschen, sondern gegen die falsche Politik – vor den Rathäusern, nicht vorm Flüchtlingsheim. Und die Leute haben verstanden, dass wir gegen diese Rechtsbrüche sind. Auch die Problematik der Kultur: dass das nicht funktioniert und nicht passt, in wesentlichen Zügen, durch den Islam im Sinne der Scharia… Das sind wir, und das haben die Leute verstanden. Da brauche ich es jetzt nicht, wenn eine Demo ist, und einer fängt an, «Ausländer raus!» zu rufen. Das wird uns dann zugerechnet. Und das ist kontraproduktiv.

    Mit Klartext zum Erfolg: In unserer November-Ausgabe mit dem Titelthema  «Alle gegen Eine – Wie Alice Weidel trotzdem Kanzler werden kann» lesen Sie, was die AfD jetzt beherzigen sollte, um sich an die Spitze zu setzen. Hier bestellen.

    Kommentare sind deaktiviert.