Auf X hatte Jürgen Elsässer zuletzt eine Debatte angestoßen. Er schrieb zu Krah und Sellner: „Keiner von beiden hat absolut recht, aber jeder hat gegen den anderen recht. Krah punktet taktisch, Sellner punktet strategisch. Keiner von beiden hat eine revolutionäre Perspektive.“ Aus den Reaktionen veröffentlichen wir nachfolgende Stellungnahme im Wortlaut und verweisen auf das Dossier unserer Juli-Ausgabe „Quo vadis, deutsche Rechte?“. Hier mehr erfahren.

    Ein paar Kritikpunkte zu Krah: 1. Krah mag zwar mit seiner Einschätzung der gegenwärtigen Rechtslage richtig liegen, betrachtet diese aber auch als notwendig, als ergäbe sie sich zwangsläufig aus dem Wesen des modernen Staates und seiner Tendenz zur Verrechtlichung.

    Erosion der Rechtsordnung

    Er übersieht dabei die krasse Willkür des staatlichen Handelns in den letzten Jahren, dem auch die Fragwürdigkeit von Gerichtsurteilen entspricht, die beiläufig Sellners Konzept für verfassungsfeindlich erklären, ohne dabei auf seine Argumente einzugehen.

    Das alles sind nicht Zeichen einer zunehmenden Verrechtlichung, als vielmehr einer Erosion der Rechtsordnung. Als Anwalt oder juristischer Ratgeber muss man das wohl alles so als gegeben hinnehmen, aber als politischer Denker muss man es kritisieren und darüber hinausdenken.

    2. Auch dass staatliche Kulturpolitik unausweichlich auf das Erzwingen einer globalistischen Massenkultur im Zeichen des Regenbogens hinausliefe, ist nicht einzusehen. Es gibt zwar gegenwärtig eine Tendenz, sämtliche Bindungen an die eigenen kulturellen Traditionen zu zerstören und durch vermeintlich universelle Werte zu ersetzen, für deren Bindung an ebenjene Traditionen man zugleich blind ist, eine Tendenz, die gewisse aufklärerische Motive fortsetzt, aber das ist sicher nicht die einzig mögliche und auch nicht die beste Weise, wie ein moderner Staat sich in dieser Beziehung verhalten kann.

    Unterstützenswerte Strömungen

    Außerdem geht auch die gegenwärtige Kulturpolitik keineswegs in diesen traditionsfeindlichen Tendenzen auf. Nach wie vor gibt es auch die Pflege kulturellen Erbes, etwa Förderung von Opern und Symphonieorchestern (die Theater will ich hier lieber nicht erwähnen), Denkmalschutz, Erhalt von Museen usw. Es bestehen also verschiedene gegenläufige Bestrebungen nebeneinander, und es liegt an uns, welche wir unterstützen wollen.

    3. Krahs Leitbild von einem Staat, der, von der Gesellschaft getrennt, dieser nur einen rechtlichen Ordnungsrahmen bietet und sie im übrigen sich selbst überlässt, ist eine (juristische oder liberalistische) Fiktion ohne Wirklichkeit. Tatsächlich wirkt der Staat immer in die Gesellschaft hinein, kulturpolitisch, sozialpolitisch usw. Es ist ja auch gerade seine Aufgabe, eine bestimmte Art gesellschaftlichen Lebens zu ermöglichen, dazu hat die Gesellschaft ihn sich geschaffen.

    Misslungener Befreiungsschlag

    Krah möchte nun die Bemühungen um den Erhalt unseres Volkes und seiner Traditionen auf den rein gesellschaftlichen, nichtstaatlichen Bereich beschränken und fordert im Gegenzug vom Staat, sich aus der Gestaltung der Gesellschaft herauszuhalten. Aber letzteres wird nicht geschehen. Die derzeit herrschenden Kräfte werden zwar erfreut zur Kenntnis nehmen, dass sich auch die AfD endlich mit Deutschland als Vielvölkerstaat abgefunden hat; sie werden es aber nicht zulassen, dass sich apartheid-ähnliche Strukturen bilden, in denen ein Volk dank besserer Bildung usw. faktisch alle anderen dominiert, und in denen Angehörige bestimmter Ethnien zwar nicht rechtlich, aber doch faktisch zu Bürgern zweiter Klasse werden.

    Wie die Logik der rechtlichen Gleichheit, wenn sie nicht zum gewünschten Ergebnis führt, durch die ihr widersprechende Logik der Gleichstellung ersetzt wird, das können wir am Paradebeispiel des Feminismus und der Frauenquoten studieren.

    Letztlich kommt man also nicht umhin, ein gesellschaftliches Leitbild für staatliches Handeln zu entwerfen. Auch wenn man selbst darauf verzichtet, werden doch die anderen nicht darauf verzichten.

    Krahs Versuch eines Befreiungsschlages durch Abkehr vom Staat und Hinwendung zu nichtstaatlichen Organisationsformen erweist sich somit letztlich als die Wiederholung des alten Fehlers der Konservativen, sich ins Private zurückzuziehen, auf die Macht des Faktischen zu vertrauen, und das Streiten über Politik und Gesellschaft den Linken zu überlassen. Mit dem Ergebnis, dass die diese Felder heute dominieren.

    Lesen Sie hierzu unbedingt das Dossier unserer aktuellen Ausgabe „Quo vadis, deutsche Rechte?“ Hier bestellen.

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