Rund um das COMPACT-Verbotsverfahren wurde gestern im Gerichtssaal und auch außerhalb über den Fall Gerhard Frey Ende der Sechziger diskutiert. Schon damals ging es um Grundrechteentzug und Zeitungsverbot. Wir erinnern nachfolgend daran und empfehlen, quasi als Mahnung, unser Aufklärungspaket „1.000 Seiten BRD-Diktatur“ zum Sonderpreis von 14,99 Euro statt 79,75 Euro. Hier mehr erfahren.

    Die gute alte Zeit: 1969 waren die Gegebenheiten in der Bundesrepublik eigentlich noch in Ordnung; verglichen mit unseren Tagen erscheinen sie jedenfalls bunt und liebevoll. Im ZDF fesselte Erik Ode als Der Kommissar mit spannenden Fällen die Zuschauer, und auch die neue Peter-Alexander-Show sorgte für gute Laune. Im Hause des Verlegers Dr. Gerhard Frey wurde herzhaft über Laurel und Hardy gelacht. Und an Tagen, an denen die Sorgen überwogen, spendete zuweilen eine Losung des Hausherrn Trost für Groß und Klein: „Heute wird nicht geweint – morgen ist Deutschland wieder vereint!“

    Ausgerechnet er, der glühende Grundgesetzler…

    Doch dann geschah etwas Unerwartetes: Ausgerechnet er, der immer zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden wusste und für die Werte des Grundgesetzes glühte, muss sich im März 1969 plötzlich vorwerfen lassen, einen Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu führen. Ja, ihm sollten sogar Grundrechte entzogen werden! Dies wäre auch mit einem Verbot seiner Zeitung einhergegangen…

    Gewiss, die National-Zeitung, die Frey seit Jahren herausgab, hatte sich damals mit der amtierenden Bundesregierung harte Auseinandersetzungen geliefert. Das Blatt war einflussreich, wurde von ungezählten vormaligen Soldaten, Kriegsgefangenen, Heimkehrern und anderen gelesen.

    Angst vor dem Rechtsruck

    CDU und CSU zeigten seit 1966 in der Großen Koalition mit der SPD schwere Abnutzungserscheinungen. Die Diskussionen um die völkerrechtliche Preisgabe unserer Ostgebiete, um das gewalttätige Treiben linker Studenten oder die Forderung nach einer Generalamnestie für die Weltkriegsgeneration bewegten die Menschen sehr. Die National-Zeitung, stets mittendrin, erreichte sechsstellige Auflagezahlen. 1968 zog die NPD mit 9,8 Prozent in den Landtag von Baden-Württemberg ein. Die BRD-Eliten fühlten sich zum Handeln verpflichtet.

    Am 22. Januar 1969 kam CDU-Innenminister Ernst Benda mit einer Empfehlung um die Ecke, die einem Paukenschlag glich. Er forderte im Rahmen einer Sitzung des Bundeskabinetts, beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe den Antrag zu stellen, dem Verleger das Grundrecht der freien Meinungsäußerung zu entziehen.

    Bendas Vorstoß sorgte zunächst für erhebliche Unruhe in Polit-Kreisen: zu Beginn des Wahljahres ein solcher Schritt? Würde die aufstrebende NPD damit nicht weiteren Schwung erhalten? Im Bundeskanzleramt entschied man zunächst, die Entscheidung zurückzustellen. Benda setzte sich jedoch durch: Am 5. Februar 1969 beschloss das Kabinett entsprechend seiner Vorlage, einen „Antrag der Bundesregierung nach Art. 18 GG“ gegen Frey zu stellen.

    Für die Freiheit Andersdenkender

    Frey selbst war überrascht, aber auch entschlossen, sich gegen ein solches Vorgehen zu wehren. Er wandte sich zunächst an eine Reihe von Bundestagsabgeordneten und appellierte in seinen Schreiben, „für die Freiheit auch der Andersdenkenden eine Lanze zu brechen“. Dies beeindruckte in erster Linie Liberale, die ihren Namen noch verdienten.

    Scheiterte mit dem Vorstoß, Gerhard Frey die Grundrechte zu entziehen: Ernst Benda, CDU, Bundesinnenminister 1966 bis 1969. Foto: picture-alliance/ dpa

    Wolfram Dorn, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag, antwortete Frey am 25. Februar 1969: „Meine Fraktion hat stets erklärt, dass durch Verbote politische Auseinandersetzungen nicht ersetzt werden können, sondern dass man sich mit anderen politischen Überzeugungen auch politisch auseinandersetzen muss.“

    Und Josef Ertl, auch er stellvertretender FDP-Fraktionsvorsitzender und später Bundeslandwirtschaftsminister, bekräftigte am 26. Februar 1969 in einem Brief an Frey: „Die Auffassung von Kollege Dorn teile ich weitgehend. Mit politischen Verboten kann man weder der Demokratie noch der Freiheit sehr nützen.“

    Innenminister Benda aber schritt zur Tat. Er beantragte, von Protesten und Einwänden unbeeindruckt, am 20. März 1969 beim Bundesverfassungsgericht, das Grundrecht der freien Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit, von Frey für eine von den Karlsruher Richtern festzusetzende Zeit als für verwirkt zu erklären und dessen Verlag aufzulösen.

    Statt ein objektives Bild zu vermitteln, also auch die entlastenden Umstände anzuführen, wurde aus vermeintlich geeigneten Textstellen, die aus den Jahrgängen der National-Zeitung, seit 1964 herausgesucht worden waren, eine Zusammenstellung fabriziert und dem Antrag beigefügt. Damit sollte – mehr schlecht als recht – die Behauptung gestützt werden, Frey missbrauche die Freiheit der Presse dazu, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu bekämpfen. Ein spektakuläres Verfahren war in Gang gesetzt.

    Dann kam alles ganz anders

    Die Bundestagswahl im September 1969 ging dann mit einem Regierungswechsel einher. Erstmals stellte die CDU nicht mehr den Kanzler. Unter Willy Brandt (SPD) wurde Hans-Dietrich Genscher Bundesinnenminister und FDP-Mann Wolfram Dorn sein Parlamentarischer Staatssekretär. Unter einer Mitte-Links-Regierung hätte man dem Grundrechte-Entzug von Frey noch größere Chancen einräumen müssen als zuvor unter der Großen Koalition. Doch es kam anders.

    FDP-Plakat von 1949: Schluss mit dem Schuldkult. Foto: CC0

    Was Genscher, der die Bundesregierung im Frey-Prozess qua Amt zu vertreten hatte, tat (genauer gesagt: nicht tat), lässt sich dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. Juli 1974 entnehmen, mit dem die Anträge Bendas von allen (!) acht Richtern des Zweiten Senats einstimmig zurückgewiesen wurden. Dort heißt es nämlich: „Die Antragsgegner {also Frey und sein Verlag} haben die Berechtigung der Anträge in Stellungnahmen vom 30. Dezember 1969, 14. Januar 1970 und 15. September 1970, die der Bundesregierung {vertreten durch den Bundesminister des Innern} jeweils zur Äußerung zugestellt worden sind, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Einzelnen bestritten und dazu zahlreiche weitere Veröffentlichungen aus der Zeit vor und nach der Antragstellung vorgelegt. Die Bundesregierung hat, obwohl ihr vor dieser Entscheidung noch einmal dazu Gelegenheit geboten war, weder auf die umfangreichen tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen in den Verteidigungsschriften erwidert noch – wie vom Gericht angeregt – zur Frage der gegenwärtigen Gefährlichkeit der Antragsgegner im Sinne des Art. 18 GG Stellung genommen. Sie hat auch keine neuen Tatsachen mehr vorgetragen. Die Anträge sind nicht hinreichend begründet.“

    Das Bundesverfassungsgericht wunderte sich in dem Beschluss an anderer Stelle abermals: „Die Bundesregierung hat seit 1970 auf die in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eingehenden Ausführungen der Antragsgegner nicht erwidert.“ Beinahe launiger Fakt: Ausgerechnet Ernst Benda, der im Fall Frey als CDU-Innenminister wahrlich keine gute Figur in Sachen Grundrechte abgegeben hatte, wurde 1971 zum Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts berufen.

    Frey hatte frühzeitig seine Überzeugung zum Ausdruck gebracht, „nach Gesetz und Recht in Karlsruhe nur gewinnen“ zu können. Er hatte namhafte Anwälte und mehrere Hochschullehrer des öffentlichen Rechts eingeschaltet, die an dem Fall erhebliches wissenschaftliches Interesse zeigten und Exposés und Gutachten erstellten.

    Kein Geringerer als der britische Geschichtsphilosoph Arnold Toynbee hatte im November 1969 eine Stellungnahme zugunsten der National-Zeitung abgegeben und sich über das Vorgehen gegen diese „sehr besorgt“ gezeigt. Auch Professor Theodor Maunz, der berühmte Staatsrechtslehrer und maßgebliche Grundgesetzkommentator, schlug sich auf die Seite des Verfolgten und blieb Frey anschließend als enger Berater noch Jahrzehnte erhalten.

    Angepeiltes Zeitungsverbot

    Hans-Dietrich Genscher selbst, so werten es mehrere Zeitzeugen, hatte durch die Verweigerung jeder Äußerung zu diesem Verfahren während seiner gesamten fast fünfjährigen Amtszeit als Bundesinnenminister deutlich zum Ausdruck gebracht, was er von den Anträgen seines Vorgängers hielt. Und er tat gut daran. Denn Freys Mahnung, niemand wisse, gegen wen sich ein solcher Präzedenzfall morgen oder übermorgen auswirken würde, war nicht von der Hand zu weisen. Seiner Ansicht nach war das Ansinnen „praktisch auf ein – grundgesetzwidriges – Zeitungsverbot“ gerichtet.

    Thomas Dehler, der beeindruckende Liberale, hatte 1949 im Parlamentarischen Rat erfolgreich darauf bestanden, dass die Entziehung von Grundrechten nach Artikel 18 des Grundgesetzes dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten bleiben müsse: „Jede Polizeibehörde könnte sagen: Du hast ein Grundrecht verletzt, jetzt hast du nicht das Recht der Meinungsfreiheit, du hast nicht das Recht der Versammlungsfreiheit, du hast dieses Recht verwirkt. Das wäre die Statuierung des Polizeistaates. Die Polizei könnte jeden vogelfrei machen.“ Dass es so leicht eben nicht funktioniert, ist nicht zuletzt Dehler zu verdanken. Die Grundrechte sollen ja gerade den Einzelnen gegenüber der Exekutive schützen.

    Das damalige Verfahren fand in einer Zeit statt, in der Rechtsstaat und Gewaltenteilung noch funktionierten. Die FDP fällt als liberale Kraft mittlerweile aus, und nicht nur die Corona-Zeit hat verdeutlicht, wie handstreichartig heute Grundrechte ausgeschaltet werden. Dennoch möchte man nicht daran glauben, dass Andersdenkende im Jahre 2025 auf solche Art und Weise ausgeschaltet werden können.

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