Derzeit wird viel diskutiert, ob die derzeitigen Börsen-Turbulenzen historische Parallelen kennen. Vom Panik-Montag ist die Rede, der Schwarze Freitag wird immer wieder bemüht, oder es ist die Rede von den neuen Dreißigern. Unsere aktuelle Ausgabe befasst sich damit ausführlich. Den Beitrag „Die Schuldenbombe“ zündet doppelt empfehlen wir besonders. Hier mehr erfahren.
Blicken wir zurück: Vor 95 Jahren setzten die USA unter US-Präsident Hoover, insbesondere durch den Smoot-Hawley-Tariff-Act von 1930, ebenfalls auf Einfuhrzölle. Die damaligen Folgen waren sowohl für die USA als auch für Europa weitreichend.
Der damalige Gesetzesakt erhöhte die Zölle auf über 20.000 importierte Waren auf Rekordniveau und wurde inmitten der beginnenden Großen Depression verabschiedet.
Dramatische Lage
Die Wirtschaftskrise spitzte sich damals in der Folge zu: Die Zollerhöhungen sollten ursprünglich die heimische Industrie und Landwirtschaft schützen, indem sie ausländische Konkurrenz einschränkten. Stattdessen führten sie zu einem Rückgang des internationalen Handels, was die wirtschaftliche Erholung verzögerte. Exportorientierte Branchen wie die Landwirtschaft litten stark, da andere Länder Vergeltungszölle einführten und weniger amerikanische Produkte kauften.

Folgen waren Arbeitslosigkeit und Produktionsrückgang. Der Handelsrückgang verschärfte die ohnehin hohe Arbeitslosigkeit und führte zu einem weiteren Einbruch der Industrieproduktion. Besonders betroffen waren Regionen, die auf Exporte angewiesen waren, wie die Getreide produzierenden Staaten im Mittleren Westen.
Der Smoot-Hawley-Act wurde von vielen Ökonomen und Politikern kritisiert, da er die Depression verschlimmerte. Dies schadete Hoovers Ansehen und trug zu seiner Wahlniederlage 1932 gegen Franklin D. Roosevelt bei.
Europas verschärfte Krise
Europäische Länder, darunter Großbritannien, Frankreich und Deutschland, reagierten mit eigenen Zollerhöhungen, was den transatlantischen Handel nahezu zum Erliegen brachte. Der Welthandel schrumpfte zwischen 1929 und 1933 um etwa zwei Drittel, was die wirtschaftliche Lage in Europa zusätzlich verschlechterte.
In Europa, wo viele Länder ohnehin mit hohen Schulden aus dem Ersten Weltkrieg und einer schwachen Wirtschaft zu kämpfen hatten, verstärkte der Rückgang des Handels mit den USA die Krise. Besonders Deutschland, das auf Exporte angewiesen war, um Reparationszahlungen zu leisten, geriet noch tiefer in die Depression.
Die wirtschaftliche Not in Europa, teilweise verschärft durch die US-Zölle, trug zur politischen Instabilität bei. In Deutschland beispielsweise nutzten extremistische Parteien die Krise, um an Popularität zu gewinnen, was letztlich den Aufstieg Hitlers begünstigte.
Bedeutungsvolle Vorgeschichte
Was allerdings nicht vergessen werden sollte: Jeder Crash hat seine Vorgeschichte – und die des Schwarzen Freitags begann am 23. Dezember 1913 mit der Gründung der amerikanischen Notenbank Federal Reserve (Fed). Noch am Tag vor Verabschiedung des entsprechenden Gesetzes im US-Kongress warnte der republikanische Senator Charles Lindbergh Sr., Vater des berühmten Piloten gleichen Namens, in einer Rede vor dem US-Repräsentantenhaus:
„Dieses Gesetz errichtet den gigantischsten Trust der Welt. Wenn der Präsident dieses Gesetz unterzeichnet, wird die unsichtbare Regierung durch die Währungsmacht legalisiert. (…) Das Volk muss eine Unabhängigkeitserklärung abgeben, um sich von der Währungsmacht zu befreien.“
Und er fuhr fort: „Das größte Verbrechen des Kongresses ist sein Währungssystem. Das schlimmste gesetzgeberische Verbrechen aller Zeiten wird durch dieses Bankengesetz begangen. Die Fraktion und die Parteibosse haben erneut gehandelt und das Volk daran gehindert, von der eigenen Regierung zu profitieren.“
Versailles und die Folgen
Die vermeintlich Goldenen Zwanziger begannen im Juli 1921, als sich die Wirtschaft nach einem Jahr heftiger Rezession wieder langsam erholte. In der Realwirtschaft endete der Boom im Juli 1929, als die Produktion einzubrechen begann.
In diesen Jahren erhöhte sich die Gesamtgeldmenge in den USA um 61,8 Prozent von 45,3 Milliarden Dollar auf 73,3 Milliarden Dollar. Der Aufschwung war gekennzeichnet durch die Massenproduktion von Gütern wie Autos, Telefonen, Radios und eine flächendeckende Elektrifizierung. Auch eine kulturelle und künstlerische Dynamik entwickelte sich. Es war die Zeit des Jazz, Tanzklubs schossen wie Pilze aus dem Boden.
Doch der Boom verlief nicht in der ganzen Welt gleich. Deutschland litt noch lange unter den Bedingungen des Versailler Vertrags. Eine wirtschaftliche Aufschwungsphase gab es hier nur zwischen 1926 und 1928. Mit dem Crash im Oktober 1929 rückten auch die gewaltigen Verpflichtungen aus dem Diktatfrieden wieder in den Vordergrund.

Was war die Ursache der Geldmengeninflation in den USA? Die Mindestreservevorschriften der Banken änderten sich zwar nicht, aber es gab eine Verlagerung von Sicht- zu Termineinlagen. Für kurzfristige Sichteinlagen wurde eine Mindestreserve von zehn Prozent verlangt, für Termineinlagen jedoch nur eine von drei Prozent. Erstere gingen deswegen von 51,3 Prozent aller Einlagen im Jahr 1921 auf 44,5 Prozent im Jahr 1929 zurück, während Termineinlagen in dieser Zeit um satte 72,3 Prozent anstiegen.
Das war kein Zufall: Vor Gründung der Fed war es den einzelnen Zentralbanken der US-Bundesstaaten verboten, Zinsen auf Termineinlagen zu zahlen. Danach waren sie gesetzlich verpflichtet, sich dem Federal-Reserve-System anzuschließen. Vor dem Federal Reserve Act galten für Termineinlagen und Sichteinlagen außerdem die gleichen Mindestreservesätze. Diverse weitere Maßnahmen der Fed führten schließlich zu einem Anstieg der Geldmenge.
Und noch ein bemerkenswerter Fakt: Auf Druck der Federal Reserve Bank of New York wurden bereits 1921 ihr und den anderen Zentralbanken der US-Staaten erlaubt, auch ausländische Wechsel zu handeln. Daraufhin explodierte dieser Handel förmlich. Sie machten in den Jahren 1928 und 1929 den Löwenanteil der von der Fed gehaltenen Akzepte aus. Im Gegensatz zur früheren Praxis wurden ausländische Wechsel auf Waren akzeptiert, die noch gar nicht verkauft waren. Und das Gros dieser ausländischen Wechsel wurde auf nicht verkaufte Waren aus Deutschland ausgestellt! Damit explodierte auch der Markt von Auslandsanleihen.
Nach der Weltwirtschaftskrise 1929 stürzten letztlich alle westlichen Industriestaaten in die Depression. In den USA, die durch den Schwarzen Freitag an der New Yorker Börse zuerst getroffen wurden, und in Deutschland, das zusätzlich durch die Zahlungen für den Versailler Vertrag belastet war, brach die Wirtschaft fast vollständig zusammen. Als vermeintliche Retter in der Not kamen im selben Jahr 1933 Franklin D. Roosevelt und Adolf Hitler an die Macht.
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