Kein Freibrief gegen die AfD: Der frühere SPD-Landesminister Mathias Brodkorb erklärt, wie das gestrige Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster wirklich zu verstehen ist. Mathias Brodkorbs brandneues Buch „Gesinnungspolizei im Rechtsstaat? Der Verfassungsschutz als Erfüllungsgehilfe der Politik“ ist eine fulminante Abrechnung mit dem Inlandsgeheimdienst. Hier mehr erfahren.

    Breitbeinig stellte sich Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang gestern vor die Kameras und verbreitete den Eindruck, das gestern ergangene Urteil des OVG Münster im von der AfD angestrengten Berufungsverfahren zur Einstufung der Partei als rechtsextremistischer Verdachtsfall sei ein großartiger Erfolg für den Inlandsgeheimdienst gewesen.

    „Die Sonne lacht über Köln“

    Im wie gewohnt jovialen Habitus verkündete der VS-Chef vor den Kameras:

    „Die Sonne lacht heute über Köln, die Sonne lacht über Münster, die Sonne lacht für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung. Das BfV hat heute (…) auf ganzer Linie obsiegt.“

    Damit verbreitete der gebürtige Wuppertaler einmal mehr Fake-News reinster Sorte. Auch wenn das schriftliche Urteil noch abzuwarten bleibt, stellte das OVG Münster dem Verfassungsschutz gerade keinen Blankoscheck aus, sondern setzte dessen Handeln sogar Grenzen. Das wurde schon aus der gestern erfolgten mündlichen Begründung des Urteils deutlich.

    „Keine erwiesen extremistische Partei“

    Dazu erläuterte der Autor und frühere SPD-Minister Mathias Brodkorb in einem gestern veröffentlichten Interview mit dem Magazin Cicero:

    „Das Gericht weist klar und deutlich darauf hin, dass in diesem Verfahren viel niedrigere Anforderungen gestellt werden als bei einem Parteiverbotsverfahren oder wenn es um die Einstufung der Partei als ,erwiesen extremistischʽ ginge. (…) Das Gericht sagt auch, der Verfassungsschutz dürfe deshalb ,in keiner Weiseʽ auch nur den Eindruck erwecken, die AfD sei eine erwiesen extremistische Partei.“

    Politisch, so Brodkorb weiter, könne man das Urteil „im Grunde sogar“ als „Erfolg der AfD“ bewerten. Dafür gebe es „drei Anhaltspunkte“. Es beginne damit, dass dem Verfassungsschutz verboten wird, auch nur den Eindruck zu erwecken, dass die AfD erwiesen extremistisch sei.

    „Viele Vorwürfe sind konstruiert“

    Zum zweiten hätte das Gericht dem Inlandsgeheimdienst sogar einen Rüffel erteilt. In der AfD gebe es demokratiefeindliche Äußerungen nämlich „nicht in der Häufigkeit und Dichte wie vom Bundesamt angenommen“. Zu diesem Punkt ergänzt Brodkorb im Interview:

    „Das aber heißt im Umkehrschluss: Viele Vorwürfe des Verfassungsschutzes sind konstruiert. Und da kann ich dem Gericht nur zustimmen. Zu demselben Ergebnis kam ich auch in meinem Buch bei der Prüfung interner Verfassungsschutzunterlagen. Allzu oft schießt der Verfassungsschutz mit Schrot anstatt mit Präzisionsmunition.“

    Noch wichtiger aber sei – so die Einschätzung Brodkorbs – dass das Gericht den „ethnisch-kulturellen Volksbegriff“ für „verfassungsrechtlich legitim“ erklärt habe. Dieser dürfe nur nicht dazu benutzt werden, „um unter den Staatsbürgern eine ethnisch motivierte Zweiklassengesellschaft des Rechts zu errichten.“

    Insgesamt sei es wohl „voreilig“ gewesen, wenn sich der eine oder andere Medienvertreter „spöttisch“ über die Verteidigungssstrategie der AfD geäußert habe.

    „Der VS erwürgt die Demokratie“

    Dennoch, so Brodkorb, gelte es wachsam zu bleiben. Er betont:

    „Demokratietheoretisch gibt es gute Gründe für die Annahme, dass der gegenwärtige Verfassungsschutz die Demokratie zumindest an ihren Rändern zu erwürgen droht und dadurch beschädigt.“

    Wenn ein scheinbar völlig unbeirrbarer Anti-AfD-Wüterich wie der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz nun also im Bundestag ein Verbotsverfahren gegen die AfD in Gang bringen will, dann hat auch er – genau wie Thomas Haldenwang – nicht verstanden, dass das gestern ergangene Urteil des OVG Münster eben gerade kein Erfolg für die AfD-Gegner war, sondern deren Radius sogar einengt.

    Wanderwitz: Neuer Sturm im Wasserglas

    Wenn Wanderwitz wie angekündigt mit den Stimmen von Linken, Grünen, SPD und einzelnen Vertretern der Unionsparteien tatsächlich einen Verbotsantrag des Bundestags gegen die AfD in Gang bringen würde, dürfte dieser mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit scheitern und die AfD damit sogar langfristig stärken.

    Marco Wanderwitz (CDU). | Foto: Karine.vanina, CC BY-SA 4.0, Wikimedia Commons

    Aber Wanderwitz ist auch ein notorischer Großsprecher, der in der CDU über keinen Rückhalt mehr verfügt und selbst als Kreisvorsitzender der CDU Zwickau abgelöst wurde. Insofern kann die AfD nun also in aller Ruhe abwarten, was nun weiter in Zukunft auf sie zukommt und ihren Rechtskampf weiter fortführen.

    Mathias Brodkorbs brandneues Buch „Gesinnungspolizei im Rechtsstaat? Der Verfassungsschutz als Erfüllungsgehilfe der Politik“ ist eine fulminante Abrechnung mit dem Inlandsgeheimdienst. Hier mehr erfahren.

    15 Kommentare

    1. Schild und Schwert der Ampelparteien und deren
      Scheinopposition meldet einen Erfolg.
      Wer hätte das nicht gedacht?
      In Wirklichkeit hat das System der Weltöffentlichkeit
      und seinen Wahlschafen bestätigt, dass es mit der
      Meinungsfreiheit im besten Narrenland aller Zeiten
      nicht zum Besten steht.
      Mag schon sein, dass die Sonne über Köln, Münster lacht,
      aber über die Stasi 2.0 und dieses "freiheitlich-demokratische"
      Deutschland lacht inzwischen die ganze Welt.
      Übrigens haben die Chinesen das Baerböckli und die übrigen
      grünen Kobolde als gesichert rechtextrem eingestuft.
      Was nun?

    2. Klare Worte am

      Da hat der Richter „Charly Buck“, einen tiefen „Bückling“ gemacht, hoffentlich, weiß das Nancy und Olaf auch zu schätzen

    3. Brodkorb hat recht. Der "VS" hat – so oder so – nicht gesiegt. Dafür aber das REGIME !

      Man sollte eines niemals unterschätzen: Die WIRKUNG der psychologischen Kriegsführung auf die Wählermassen.

    4. Wenn Mecki Haldenwang die FDGO für sich in Anspruch nimmt, hat er auf der Stelle einen Satz deftiger Backpfeifen verdient.
      Unverschämter, verlogener, feindseliger und dreister geht es kaum, eine zum Opfer staatlicher Tyrannei erkorene Partei und deren Wähler zu verhöhnen.

    5. Rechtskatholik am

      Brodkorb erweckt den Eindruck, dass rechts und links gleichermaßen vom VS bedroht sind. Tatsache ist aber, dass der Staat sich dem Kampf gegen rechts verschrieben hat. Jede Organisation die auch nur ansatzweise rechts ist wird beobachtet, bekämpft, zersetzt. Wohlgemerkt geht es da zunächst um Gedanken und Einstellungen. Linke Meinungen werden dagegen nicht bekämpft, sie sind Grundlage des Systems. Ich gehe davon aus, dass linke Strömungen nur dann beobachtet werden wenn sie offen gewaltbereit sind oder den Staat offen stürzen wollen. Tatsache ist auch, dass Linke wesentlich gewaltbereiter sind als Rechte. Deswegen kann man hier beides nicht auf die gleiche Stufe stellen.

    6. Eilmeldung: Höcke wegen "Verwenden von Kennzeichen" zu 100 Tagessätzen verurteilt, damit wäre er vorbestraft. Vorbestrafte dürfen aber laut AfD-Logik keine Kandidaten der Partei sein, genau wie Leute, die unter die "Unvereinbarkeitsliste" (DVU/NPD usw.) fallen…

    7. Hat eine Priesterin aus Delphi ein janusköpfiges Urteil gesprochen? Gut so!
      Wie war das damals in der Schweiz? Ein fremder Verwalter, ein Vogt (Advokat) der Habsburger, tyrannisierte mit seinem Gesslerhut die Bürger. Jene Bürger wählten nicht etwa einen andern Vogt, sondern beendeten die Herrschaft, indem sie sich von Sklaven zu Menschen mauserten und eine genossenschaftliche Selbstverwaltung auf die Beine stellten, deren Ausstrahlung fremde Begehrlichkeiten nachhaltig abschreckt.
      Ist die "Verfassung", das "Grundgesetz", ein unantastbares Heiligtum? Kann eine Verfassung Diktatur sein, etwa Gleichmacherei gegen die natürlich-göttliche Schöpfungskraft oder Werkzeug von Ausbeutung und obrigkeitlicher Aggression? Menschenwerk bleibt Menschenwerk. Je mehr die Ampel Satanismen frönt, desto mehr gebärdet sich sich als trampelhaftes Götterpack.

    8. Brodkorb scheint etwas mehr von der Materie zu verstehen als……äh…,lassen wir`s .
      Das Gericht hat sehr richtig festgestellt, daß das GG nicht totalitär ausgerichtet ist und deshalb Bürger u. Parteien nicht gehalten sind die Werteordnung des GG zu teilen.
      Verblüffend ist nur, daß das OVG trotz der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision nicht zugelassen hat.
      Vor den Verwaltungsgerichten bekommt niemand mehr, als er beantragt hat. Es war unzureichend und von der AfD unklug, nicht die Feststellung
      jeder Geheimdiensttätigkeit gegen Inländer betrieben zu haben.

    9. Was für Namen Deutschlands Mitmenschen haben Brotkorb , Wanderwitz ….

      Ich laufe ja so gerne mit Wanderwitz und Brot(t)korb durchs Ländle …

      • @ +60 Ossi
        Es gibt noch schönere Namen: Buttermilch oder Brühschwein.
        In Prag gibt es eine Straße namens Kuttelwascher.
        Im Westen gern die blöden Doppelnamen wie Zecken-Quetscher etc.
        Das klingt auch nicht besser…

    10. Nach dem Urteil werden die Zelte abgebrochen und in einer neuen Politikoase aufgeschlagen …. , wenn das der neue Trend ist , verliert der VS seine Arbeit Schnüffeln gegen rechts ….,dann kommen die Eskimos dranne ….Wanzen in den Iglos verbauen ….Überwachung pur soweit die Lauscher reichen …. nur IMs zu finden da ,wird ein Problem sein Kugelschreiber eingefroren ,und die Kahane Stiftung …ist nur an warmen Regionen interessiert …

    11. ARD hoppst vor Freude im grünen Spinatfeld beim Schein der Ampel…….. ….. wieder ein AfD Häuptling verlässt die AfD …..,wurde bei der AfD nicht Oberhäuptling ….,konnte nicht Aussicht haben auf Kanzler …… Pazderski …… Für die AfD kein Verlust …. Wachsen im Moment noch genug nach die in die grosse Politik wollen …deutscher Politiker .

    12. Schlumpfine am

      Ein Geheimdienst ist ein Geheimdienst, daher der Name. Der macht eh was er will, oder wer will diesen überführen bei dem was er im "Geheimen" tut? Zumal er offenbar auch durch das BMI und andere Institutionen geschützt wird. Es steht nach vor der Verdacht im Raum, dass der VS "Correctiv" bei seinem Lügenmärchen "Potsdam" Schützenhilfe leistete. Und was ist mit dem Chinesen bei Krah, der als VS Agent geführt wurde? Wen kratzt das noch, gibt es da konkrete Hinweise und anhängige Klagen gegen den VS? Ich wüsste nicht…

      • Dafür, dass der VS ein "Geheim"dienst sein will, tönt er aber ziemlich vorlaut in der Öffentlichkeit herum. Und genau bei diesem Treiben, bei dem es schließlich nicht um den Schutz der Verfassung geht, sondern um Diffamierung einer Partei, überschreitet er auch gerne mal seine gesetzlich vorgegebenen Kompetenzen, und dafür hat er schon mehrfach juristisch auf die Nase bekommen. Zu Recht!

        Übrigens kann auch ein Geheimdienst nicht tun, was er will. Dafür gibt es ein parlamentarisches Kontrollgremium, das ihm auf die Finger schauen kann. Wenn es denn funktioniert …