Washington, kurz nach zwei: Nur einen Steinwurf vom Oval Office entfernt, zerreißen plötzlich Pistolenschüsse die Routine eines gewöhnlichen Nachmittags. Zwei Nationalgardisten werden getroffen, als ein 29-jähriger Afghane aus der Deckung tritt und das Feuer eröffnet. Sekunden später liegen sie blutend am Boden. Passanten rennen davon, Sirenen schneiden durch das Regierungsviertel.Ein widerlicher Hinterhalt eines angeblich Verbündeten. Nun muss der US-Präsident reagieren. Wie er tickt, erfahren Sie aus unserem Spezialheft ,,Trump. Sein Leben. Seine Politik. Sein großes Comeback“. Hier mehr erfahren.

    Die beiden Gardisten, wohl junge Männer aus West Virginia (bisher gibt es nur wenige Infos) waren gut befreundet und befanden sich erst seit wenigen Tagen im Hauptstadt-Einsatz. Nur Routineposten, eigentlich nichts Besonderes. Ihre Stellung war direkt neben der Metrostation Farragut West, rund 400 Meter vom Weißen Haus entfernt.

    Dann soll der Täter, Rahmanullah Lakanwal, 29, aus dem Schatten des Seiteneingangs getreten sein und sich in Richtung der ahnungslosen Soldaten geschlichen haben. Nur einen Herzschlag später streckten die Pistolensalven die beiden Soldaten nieder. Laut Zeugen sollen drei, vielleicht vier Schüsse gefallen sein. Beide Männer sind laut übereinstimmenden Medienberichten am Leben, allerdings sei ihr Zustand kritisch. Der Afghane wurde am Tatort festgenommen.

    Willkommen in den USA, Kamerad

    Lakanwal kam 2021 im Chaos des blamablen Kabul-Abzugs in die USA, einer jener Männer, die einst als Hilfskraft an der Seite amerikanischer Soldaten im Hindukusch standen und später in letzter Sekunde ausgeflogen wurden. Über das Programm ,,Operation Allies Welcome in die USA“ (Operation Alliierte Willkommen in der USA), das 2021 von Ex-Präsident Joe Biden ins Leben gerufen wurde, gelangte der spätere Attentäter in die Staaten.

    In einer Ansprache aus demselben Jahr versprach ,,Sleepy Joe“, die USA würden „alles tun, was wir können, um unsere afghanischen Verbündeten, Partner und Afghanen, die wegen ihrer Verbindung zu uns in Gefahr sind, in Sicherheit zu bringen“.

    Seitdem ist über Lakanwals Leben in den USA kaum etwas bekannt. Klar ist nur, dass sein Asylantrag 2024 gestellt und dieses Jahr genehmigt wurde. Dies war aufgrund des Biden-Programms rasch möglich. Die Ermittler, allen voran das FBI, versuchen jetzt, sein Leben rückwärts zu rekonstruieren. Hatte er militärische Erfahrung? War er psychisch angeschlagen oder religiöser Fanatiker?

    Brisant: Während Ermittlungsbehörden bei ausländischen Tätern meist hastig den Einzelfäll betonen, lassen die Bundesbeamten vorerst offen, ob Kontakt zu einem größeren Netzwerk bestand, das ihn möglicherweise radikalisierte. War er gar ein islamistisches U-Boot? Wie konnte ein solches Szenario nicht mal im Ansatz bedacht werden?

    Die Fahnder halten sich gekonnt bedeckt, aber sprechen immerhin von einem gezielten Angriff. Also weder Wortgefecht noch verbale Provokationen, die den Angreifer die Waffe ziehen ließ. Der Täter soll die Gardisten bewusst ins Visier genommen haben.

    Hauptstadt im Ausnahmezustand

    Während die Spurensucher noch am Tatort stehen, kocht Washington bereits politisch über. Kaum waren die ersten Details öffentlich, meldete sich Präsident Donald Trump zu Wort. Er sprach von einem „Akt des Terrors“ und forderte, die USA müssten „alle Afghanen neu prüfen, die unter Joe Biden ins Land gekommen sind“. Für ihn ist der Anschlag ein weiterer Beleg dafür, dass die Evakuierung aus Kabul „chaotisch“ und „gefährlich“ gewesen sei.

    Einige Republikaner schließen sich an und verlangen eine sofortige Überprüfung sämtlicher afghanischer Flüchtlinge – manche fordern sogar einen kompletten Aufnahmestopp. Tatsächlich reagierten erste Behörden bereits: Die U.S. Citizenship and Immigration Services (USCIS) stoppte vorübergehend alle Immigrationsanträge afghanischer Staatsbürger und kündigte Neubewertung an.

    Staatsmännisch: US-Präsident Donald Trump bei einer Rede am 11. September 2025 in Arlington, Virginia. Foto: The White House

    Auf der anderen Seite waltet bei den Demokraten wieder mal das Zögern. Man fürchte den Generalverdacht. Doch auch dort wächst die Nervosität. Der Angriff fand nur wenige hundert Meter vom Machtzentrum des amerikanischen Imperiums statt, ein Ort, an dem jeder noch so kleine Zwischenfall wie auf Knopfdruck zur Staatsaffäre wird. Jeder Abgeordnete weiß: Die Bilder zweier angeschossener Gardisten vor dem Weißen Haus sind politischer Sprengstoff.

    Auch in Sicherheitskreisen sorgt das Attentat für Unruhe. Wenn ein kaum registrierter Mann, über dessen Alltag so gut wie nichts bekannt ist, unbemerkt eine Waffe tragen, sich über Stunden unbehelligt bewegen und schließlich Soldaten im Regierungsviertel ins Visier nehmen kann, was bedeutet das für die alltägliche Sicherheit im Herzen Washingtons? Für US-Bürger zeigt der Vorfall, wie dünn die Linie zwischen Normalität und Gefahr inzwischen geworden ist.

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