Der Prozess um al-Abdulmohsen ging am Montag in die nächste Runde. Unter anderem erklärte er, dass er die Menschen auf dem Weihnachtsmarkt als Volk und als seine Feinde betrachte hätte. COMPACT-Spezial „Mädchen. Messer. Morde“ dokumentiert die blutige Spur der Gewalt, die seit der Grenzöffnung 2015 durch Deutschland zieht. Hier mehr erfahren.
Gestern, am 17. November 2025, war Tag 4 der Verhandlung um das Attentat von Taleb al-Abdulmohsen. Diesmal wurden die Polizisten, die nach der Tat mit dem Angeklagten zu tun hatten, ausführlich befragt. Bezeichnend war, dass Kriminalhauptkommissar Daniel H. angab, Abdulmohsen habe darauf bestanden, es nicht „Tat“, sondern „Ereignis“ zu nennen. Diese Wortwahl stand im krassen Gegensatz zum Gegenstand der Verhandlung: dem Mord an sechs Menschen.
Von Mitgefühl gegenüber den Angehörigen war nichts zu spüren. Stattdessen beklagte sich der Angeklagte intensiv über seine Haftbedingungen: „Ich habe bislang keine Gerechtigkeit gefunden. Ich will in Saudi-Arabien das Wissen verbreiten, dass in Deutschland in Gefängnissen gefoltert wird (…). Ich bekam Medikamente im Wasser und im Tee verabreicht, die mir nicht von Ärzten verordnet wurden.“
Außerdem beklagte er sich über die Umstände bei seiner Festnahme, bei der er sich entkleiden musste: „Die Größe der Hose war X-X-X-X-X-X-L! Das war für einen Menschen, der mindestens 150 Kilo wiegt. Und die Farbe war orange, wie bei Knackis. Das ist sexueller Missbrauch!“
„Nein, ich bin ein Linker“
Auf die Frage eines Anwalts, ob er sich als Rechtsextremisten einstufen würde , antwortete der Angeklagte: „Nein, ich bin ein Linker. Ich verteidige ganz vehement die Rechte von Transsexuellen. Die Folter, die ich erlebe, tötet das Mitgefühl in mir.“ Außerdem erklärte er, dass er während der Fahrt überhaupt keine Gefühle gehabt habe.
Auf die Frage, ob er die Menschen auf dem Weihnachtsmarkt als Feinde gesehen hätte, lieferte er einen klaren Gegensatz: „Als Individuen nicht – aber als Volk ja.“
Schon der letzte Verhandlungstag am Donnerstag war ereignisreich. An diesem Tag stand das technische Gutachten zum Tatfahrzeug im Vordergrund. Ein Kfz-Sachverständiger erklärte, dass der BMW X3 zum Zeitpunkt der Tat in verkehrssicherem und technisch einwandfreiem Zustand war. Weder an Bremsen noch an Lenkung, Fahrwerk oder Gaspedal fanden sich Defekte. Die Assistenzsysteme, darunter die Kollisionswarnung, waren aktiviert und funktionierten.
Die Auswertung der Fahrzeugdaten und eine Probefahrt mit einem baugleichen Modell zeigten jedoch: Der Fahrer konnte jede automatische Bremsung jederzeit selbst übersteuern – etwa durch Gasgeben oder gezielte Lenkbewegungen. Genau das sei während der Tat mehrfach geschehen. Insgesamt registrierte das System zwölf Kollisionswarnungen. Airbags lösten aber nicht aus, da die Aufprallgeschwindigkeiten zu gering waren.
Die Rekonstruktion der Tatfahrt ergab, dass der Wagen in den 64 Sekunden der Amokfahrt nie zum Stillstand kam, mehrfach stark beschleunigte und in der Spitze 48 km/h erreichte. Screenshots aus Überwachungskameras verdeutlichten das Ausmaß des Angriffs, bei dem zeitweise mehrere Personen gleichzeitig auf der Motorhaube lagen.
„Ich habe die Tat geplant“
Außerdem wurden mehrere Mitarbeiter von Sixt befragt, der Autovermietung, bei der sich Abdulmohsen sein Todesfahrzeug geliehen hat. Mehrere Servicemitarbeiter gaben an, es sei ein ganz normaler Vermietvorgang gewesen, ohne Auffälligkeiten. Der Angeklagte habe lediglich Probleme beim Starten des Fahrzeugs gehabt.
Im Laufe der Befragung durch die Nebenklage machte Taleb al-Abdulmohsen detaillierte Angaben zur Tatplanung. Auf die Frage, warum er sich im Vorfeld genau angesehen habe, wo Tische und Buden auf dem Weihnachtsmarkt stehen, erklärte er: „Ich habe die Tat geplant. Aber ich wollte ja keinen Unfall bauen.“ Er habe den Markt zuvor mehrfach abgeschritten – „zehnmal“, wie er sagte –, um Veränderungen an den Ständen zu beobachten.
Auf die Frage, welches Risiko er während der 64-sekündigen Tat selbst getragen habe, antwortete al-Abdulmohsen: „Jede Sekunde hätte die letzte meines Lebens sein können. Ich ging davon aus, dass ich von der Polizei gestoppt werde.“
Als ein Anwalt ihn darauf hinwies, dass er nach der Tat rief „Nicht schießen, ich kooperiere“, obwohl er sich als „Kämpfer“ bezeichne, erklärte al-Abdulmohsen: „Kämpfer sein heißt nicht, kein Mensch zu sein. Als der Angriff vorbei war, war ich wieder ein Freund von Deutschland und den deutschen Menschen.“
Morgen, am 19. November 2025 findet Prozesstag 5 statt. Wir halten Sie auf dem Laufenden. In COMPACT-Spezial „Mädchen. Messer. Morde“ haben wir außerdem ausführlich über Taleb al-Abdulmohsens Anschlag auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt berichtet. Hier bestellen





