Anfang November beginnt vor dem Oberlandesgericht in Dresden der Prozess gegen die Anführer der berüchtigten Hammerbande. Jetzt sorgt eine Veröffentlichung anderer Linksextremisten für Aufruhr: Die Szene entzieht Johann Guntermann und Co das Vertrauen. Erfahren Sie mehr über linksextreme Strukturen und ihren Krieg gegen Rechts in unserem aus drei hochinformativen Heften bestehenden COMPACT-Paket Krieg gegen Rechts – nur 9,99 € statt 15,40 €. Hier mehr erfahren.

    Auf der Startseite des einflussreichen Portals „Indymedia“ prangt seit Beginn dieser Woche eine Stellungnahme der – natürlich korrekt mit Gendersternchen versehen – „Solistrukturen um den anstehenden Prozess gegen Antifaschist*innen in Dresden“. Und der Inhalt hat es in sich: Unter der Überschrift „Der „Antifa-Prozess-Dresden“ – Herausforderungen und Widersprüche unserer Solidaritätsarbeit.“ wird davor gewarnt, dass 4 von 7 Angeklagten das Vertrauen entzogen wird, da sie gegen die Standards der linken Szene verstoßen hätte.

    Eine Erklärung mit Sprengkraft, die an den Fall Johannes D. erinnert: D. war Mitbeschuldigter von Lina Engel und eine treibende Kraft in den ersten Jahren der Hammerbande. Noch während des Ermittlungsverfahrens veröffentlichten andere Linksextremisten Stellungnahmen, in denen sie vor D. warnten und behaupteten, der damalige Linksautonome hätte innerhalb der Szene Sexübergriffe begangen. Belege dafür gab es, wie sich später herausstellte, keine, doch D. wurde verstoßen und wandte sich in seiner neuen Einsamkeit den Ermittlungsbehörden zu, denen er fortan als Kronzeuge bereit stand und wesentlich dazu beitrug, das gesamte Netzwerk der Bande zu enttarnen.

    Lina Engel in Polizeigewahrsam. Die überführte Antifa-Verbrecherin wurde noch am Tag ihrer Verurteilung auf freien Fuß gesetzt. Foto: RONALD WITTEK/EPA-EFE/Shutterstock

    Und jetzt, kurz vor dem nächsten Prozess, gibt es möglicherweise wieder einen neuen „Fall Johannes D.“, denn erneut wird mehreren Angeklagten sexuelle Gewalt vorgeworfen. Wohlgemerkt: In der linksextremen Szene fällt mitunter schon ein falscher Spruch unter diesen Begriff, es muss sich nicht zwangsläufig um körperliche Übergriffe handeln.

    In der Erklärung heißt es:

    „Solidarität kann jedoch nur dann ehrlich gelebt werden, wenn klar ist wem oder was sie gilt. Daher wollen wir zu Beginn unserer öffentlichen Arbeit und noch vor Prozessstart Kritiken an patriarchalem und misogynem Verhalten, Täterschutz und Täterschaften bis hin zu sexualisierter Gewalt – gegenüber den Beschuldigten und in den Solistrukturen – thematisieren.“

    Und weiter:

    „Auch in diesem Verfahren müssen wir einen Umgang mit Kritik an patriarchalem und misogynem Verhalten, Täterschutz (durch konkrete Personen und politische Strukturen) und Täterschaften (patriarchale Gewalt in verschiedenen Facetten) finden. Das betrifft sowohl mehrere Beschuldigte, als auch Teile der Solistrukturen. Wir haben uns dafür entschieden dies, noch vor Prozessbeginn, öffentlich zu thematisieren. Ein ehrlicher Umgang und Transparenz sind Bedingungen für eine solidarische Haltung der Unterstützenden.“

    Aus dem Antifa-Szene-Speech übersetzt heißt das: Ja, Solidarität muss wohl nach außen erst einmal gezeigt werden, aber eigentlich ist ein großer Teil der Angeklagten aus unseren Reihen verstoßen.

    Das wird auch im weiteren Teil der Erklärung deutlich: „Uns ist mehr als bewusst, dass es Teil des Problems ist, dass sich Leute mit Vorwürfen über Jahre in unseren Kontexten bewegen können, ohne sich tatsächlich mit ihnen auseinanderzusetzen und Konsequenzen daraus zu ziehen“.

    Anhänger der Hammerbande – darunter Maja T. – bei einem Überfall im Februar 2023 in Budapest. Foto: privat

    Den Angeklagten droht, nachdem sie die nächsten Jahre vermutlich im Gefängnis verbringen, sogar ein Prozess vor dem linksextremen Szene-Gericht:

    „Wir fordern von den Angeklagten, ob in U-Haft oder nicht, genauso wie von uns selbst, Verantwortung zu übernehmen und sich mit dem eigenen patriarchalem Verhalten (weiterhin) auseinanderzusetzen. Wir fordern ebenfalls, dass nach der Haft kollektive Prozesse zur Aufarbeitung (wieder) aufgenommen werden.“

    Seit Jahren szeneinterne Kritik an Guntermann und Co

    Dass die Strukturen der Hammerbande auch innerhalb der linksextremen Szene kritisch beäugt wurden, ist kein Geheimnis: Insbesondere das mackerhafte und prollige Auftreten des Langzeit-Untergetauchten Johann Guntermann, der erst im Herbst 2024 festgenommen werden konnte, stieß bei vielen Genossen übel auf. Dazu beigetragen haben dürfte jedoch auch, dass sich Guntermann während der Haftzeit von seiner ehemaligen Verlobten Lina Engel abgewendet hat und Affären mit diversen anderen Damen aus dem linksextremen Milieu begonnen hat.

    Zwar wird Guntermann bisher in der anonym gehaltenen Erklärung nicht namentlich benannt, doch es spricht viel dafür, dass er einer der zentralen Adressaten ist. Welche weiteren Genossen Opfer ihrer szeneinternen Verfolgung werden, wird sich möglicherweise, wenn weitere Hintergründe aus dem Innenleben der Hammerbande bekannt werden, in den nächsten Monaten und Jahren herausstellen. Weit über 70 Verhandlungstage sind im größten Mammutprozess, den die linke Szene seit Ende der RAF erlebt, bis Mitte 2027 angesetzt. Verantworten müssen sich die brutalen Schläger dann aber nicht wegen flotten Sprüchen oder der Auswahl falscher Freundinnen innerhalb der eigenen Szene, sondern für ganz konkrete Vorwürfe: Die Bildung einer kriminellen Vereinigung, diverse gefährliche Körperverletzungsdelikte und auch versuchter Mord.

    Wir haben genau hingeschaut: Erfahren Sie mehr über linksextreme Strukturen und ihren Krieg gegen Rechts in unserem aus drei hochinformativen Heften bestehenden COMPACT-Paket Krieg gegen Rechts – nur 9,99 € statt 15,40 €. Hier mehr erfahren.

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