Paukenschlag: Ex-Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen hat am Mittwoch seinen Austritt aus der Werteunion erklärt, auch zahlreiche seiner Gefolgsleute verlassen die Partei. Damit scheitert ein Projekt, das von Beginn an unter keinen guten Vorzeichen stand. Dabei wollte die Organisation eigentlich eine Alternative zum Establishment sein, das wir in COMPACT-Spezial „Die Altparteien – Wie sie uns belügen und betrügen” näher vorstellen. Hier mehr erfahren.

    Schluss, aus und vorbei: Nach wochenlangen Streitigkeiten zog der Werteunion-Chef Hans-Georg Maaßen am Mittwoch die Reißleine und gab nicht nur seinen Rücktritt, sondern sogar den Austritt aus der von ihm gegründeten Partei bekannt. Mit ihm gehen zudem mehr oder weniger bekannte Namen, u.a. die Bundesvorstandsmitglieder Jürgen Rappert, Udo Kellmann, Michael Kuhr und Daniel Schlör. Damit steht die nur 1400 Mitglieder kleine Partei faktisch führungslos da.

    In einer Austrittserklärung begründet Maaßen seinen Schritt:

    „Wenn man bei einem Projekt erkennt, dass sich die Rahmenbedingungen so dramatisch verschlechtert haben, dass das Ziel nicht mehr erreicht werden kann, darf man nicht einfach weitermachen, sondern muss die Konsequenz ziehen und das Projekt für sich abbrechen. Wenn etwas früher richtig und zukunftsfähig war, bedeutet es nicht, dass es auch unter veränderten Bedingungen immer noch richtig und zukunftsfähig ist. Wir hatten in den letzten 18 Monaten einiges erreicht und dafür bin ich auch dankbar. Wir hatten großartige, saalfüllende Wahlkampfveranstaltungen, wir hatten für unsere Verhältnisse sehr gute Ergebnisse von einzelnen Wahlkreiskandidaten erzielt, wir hatten Menschen mobilisiert und ihnen Hoffnung gegeben. Ich bin dankbar für den teilweise enthusiastischen Einsatz der vielen Mitglieder, Unterstützer und Sponsoren in der Partei und auch für mich. Es fanden sich neue Teams zu produktiver Arbeit zusammen, und es wurde ein von breiter Mitgliedschaft geteiltes Grundsatzprogramm mit originellem und zeitgemäßen Parteiprofil entwickelt.“

    Tatsächlich blieb die Werteunion jedoch von Beginn an unter den hoch gesteckten Erwartungen zurück, landete bei den Ost-Wahlen deutlich unter einem Prozent und verfehlte damit sogar die Parteienfinanzierung, was zu einer angespannten Finanzlage führte.

    Der frühere AfD-Vorstandssprecher Jörg Meuthen ist war zwischenzeitlich bei der Zentrumspartei gelandet, ging dann zur Werteunion. Screenshot: AfD-TV

    Nachdem sich die Partei um einige abtrünnige AfD-Politiker, insbesondere den ehemaligen Parteichef Jörg Meuthen, verstärkt hatte, brachen offene Flügelkämpfe aus. Meuthen, der zuvor schon spaltend in der AfD gewirkt hatte – statt als Vorsitzender auf die Einheit der Partei hinzuwirken – und dem es sogar bei der Zentrums-Partei gelang, Unruhe zu stiften, plante mit einigen Anhängern den Putsch gegen Parteigründer Maaßen, es folgten übliche parteipolitische Geplänkel mit Disziplinarmaßnahmen und gegenseitigen Schuldvorwürfen.

    Polit-Egomanen an vorderster Stelle

    Ursächlich für die Bedeutungslosigkeit der Partei ist jedoch längst nicht nur der jüngste Streit: Immer wieder wird versucht, eine vermeintliche Repräsentationslücke zwischen CDU und AfD zu schließen, doch ganz abgesehen von der Frage, wie groß diese politische Zielgruppe wirklich ist, scheitern diese Organisationsneugründungen stets an sich selber. Von Parteien wie „Wir Bürger“, den „Liberalkonservativen Reformern“, „Alpha“, dem „Bündnis Deutschland“ oder „Team Petry“ spricht heute niemand mehr, was jedoch einige Protagonisten nicht davon abhält, trotz stetiger Negativerfahrungen neue Parteien auf dem Weg zu bringen, wie ganz aktuell das „Team Freiheit“, erneut um Frauke Petry, ihren Mann Marcus Pretzell und den ehemaligen Kurzzeit-Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich.

    Frauke Petry: Foto: blu-news.org, CC BY-SA 2.0, Wikimedia Commons

    All diese „liberalen“, „freiheitlichen“ und „bürgerlich-konservativen“ Formationen haben jedoch, wie auch die WerteUnion, gemeinsam, dass sie nicht in der Lage sind, als Teamplayer aufzutreten und mindestens das von ihr angepeilte, politische Spektrum zwischen CDU und AfD zu einigen. So traten die Werteunion und das Bündnis Deutschland, die sogar über eine Fusion nachdachten, gleichzeitig parallel bei mehreren Landtagswahlen gegeneinander an und reduzierten ihre Stimmergebnisse somit noch weiter, statt sich räumlich aufzuteilen und mit gesamter Kraft der eigenen Organisation Schwerpunktwahlkämpfe zu führen.

    Es drängt sich eher der Eindruck auf, als würden sich in diesem Bereich auf den verschiedensten Ebenen Einzelpersonen tummeln, die Parteiprojekte für ihren persönlichen Status benötigen und denen es dabei weniger um die Sache, als um ihre persönlichen Macht- und Selbstdarstellungsinteressen, geht.

    Maaßen lässt mögliche Unterstützung der AfD offen

    Tatsächlich war die Werteunion innerhalb des Spektrums „links der AfD“ bisher das aussichtsreichste Modell, stammten ihre Strukturen doch zumindest teilweise aus der CDU, aus der heraus enttäuschte Parteimitglieder abgeworben werden sollten. Und hatte die Partei mit Hans-Georg Maaßen ein prominentes Zugpferd. Doch nach den ersten Fehlgriffen, vor allem der Aussage Maaßens, die CDU als „Premiumpartner“ für eine mögliche Koalition zu sehen, sank die Akzeptanz rapide, zuletzt dominierten Spott und Schadenfreude über immer neue Rosenkriege innerhalb der Partei die Kommentarspalten der sozialen Medien.


    Von der Bildfläche wird der ehemalige Verfassungsschutz-Chef, in dessen Amtszeit nicht nur die mutigen Äußerungen zur erlogenen Hetzjagd von Chemnitz fielen, sondern etwa auch die Mitverantwortung für die Datenweitergabe von Bundesbürgern an amerikanische Geheimdienste im Zuge der sog. NSA-Affäre und das Versagen rund um den Fall Anis Amri, jedoch nicht. Maaßen kündigte an, sich zeitnah Gedanken über eine neue Ausrichtung zu machen und lässt sogar, auch wenn nicht explizit genannt, eine Unterstützung der AfD offen:

    „Wir müssen und wir werden uns anders organisieren. Wir werden in den nächsten Monaten eine neue Organisationsform finden. Es kann, aber es muss keine Partei sein, und wir können uns auch vorstellen, eine andere Partei, die unser gemeinsames Ziel einer Politikwende erreichen kann, zu unterstützen. Ich bin mir sicher, dass wir dieses Ziel erreichen werden, wenn wir uns anders und besser organisieren. Wir haben bis zur nächsten Bundestagswahl Zeit, aus Fehlern zu lernen, Kräfte zu sammeln und uns so aufzustellen, dass wir als eine geschlossene bürgerliche Kraft die Mehrheit gewinnen.“

    Ob die Partei den – bisher parteipolitisch stets gescheiterten – Wertkonservativen mit offenen Armen empfangen wird, dürfte jedoch alles anderes andere als sicher sein.

    Die Werteunion ist Geschichte, doch möglicherweise löst das faktische Ende von Maaßens Parteiprojekt neue Impulse im oppositionellen Lager aus. In COMPACT-Spezial „Die Altparteien – Wie sie uns belügen und betrügen” zeigen wir, warum es dringend Zeit wird, um die Kartellparteien durch echte Alternativen abzusetzen. Jetzt bestellen!

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