In Rastatt (Baden-Württemberg) soll die Matinee zum Tag der Deutschen Einheit nach über 35 Jahren nicht mehr jährlich stattfinden – die Stadt nennt überraschende Gründe. COMPACT-Geschichte „Schicksalstage der Deutschen“ erinnert an die wichtigsten Daten unserer Historie – von Karl dem Großen bis zum Fall der Mauer. Hier mehr erfahren.

    _ von Lea Schneider

    Konzertmusik, historische Kostüme und Liebe zur Heimat: Seit mehr als 35 Jahren findet in Rastatt am Tag der Deutschen Einheit eine festliche Matinee statt. Nun plant Oberbürgermeisterin Monika Müller (SPD), mit dieser Tradition zu brechen – und sorgt für hitzige Diskussionen.

    Revolutionäre auf den Barrikaden in Berlin 1848. Foto: Archiv

    Revolution und Wiedervereinigung

    In der Geschichte hat die Stadt in Baden-Württemberg eine besondere Rolle gespielt. Im Jahr 1849 herrschte in Deutschland große Unzufriedenheit. Viele Menschen setzten sich besonders im Süden des Landes für Demokratie ein. Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. verweigerte jedoch die Anerkennung. In der Folge kam es zu Aufständen.

    In Rastatt spitzte sich die Lage am 9. Mai 1849 zu: Soldaten wechselten zur revolutionären Bürgerwehr. Offiziere konnten ihre Truppen nicht kontrollieren, was die Situation weiter anheizte. Der Kriegsminister floh aus Angst. Am nächsten Tag musste Großherzog Leopold, Herrscher von Baden, Karlsruhe verlassen.

    Die Revolutionäre marschierten anschließend in Karlsruhe ein und bildeten eine eigene Regierung. Auch an dieses Ereignis soll die alljährliche Matinee erinnern. Seit Jahrzehnten verbindet sie Musik und Reden zur Erinnerung an die deutsche Wiedervereinigung und die Revolution von 1849 in Rastatt.

    Schuld sind „Rechtsextreme“

    Nun will Oberbürgermeisterin Müller mit dieser Tradition brechen. Warum? Als Hauptgründe nennt die Sozialdemokratin die Angst vor Störungen durch „rechtsextreme Gruppen“ und die angespannte Haushaltslage, die einen Kostenaufwand von rund 35.000 Euro nicht mehr zulasse. Die AfD hält diese Begründung für fadenscheinig.

    Emil Sänze, der finanzpolitische Sprecher der AfD-Landtagsfraktion, erklärte dazu:

    „Finanzpolitische Gründe können hier nicht vorherrschen, vielmehr scheinen ideologische Motive eine Rolle zu spielen. Gerade die SPD hat in Regierungszeiten finanzielle Probleme verursacht, unter denen Kommunen heute leiden.“

    Und weiter: „Dass nun eine SPD-Oberbürgermeisterin die finanzielle Lage beklagt, sollte sie bei ihrer Partei anmahnen. Warum der Nationalfeiertag so zurückgestellt wird, ist nicht nachvollziehbar. Stattdessen werden andere Veranstaltungen wie der ‚Diversity-Tag‘ weiterhin finanziert.“

    Nur noch alle fünf Jahre

    Nach massivem Gegenwind präzisierte Oberbürgermeisterin Müller (SPD) nun, dass die festliche Matinee zum Tag der Deutschen Einheit doch nicht ganz abgeschafft werden, aber nur noch alle fünf Jahre stattfinden soll. AfD-Stadtrat Phillip Helber ist damit jedoch nicht zufrieden.

    Helber bemängelt widersprüchliche Begründungen bezüglich Sicherheit und Kosten, fordert mehr Transparenz bei den Ausgaben und plädiert für eine jährliche Feier am 3. Oktober. Müller wiederum regt an, die Rastatter Demokratiegeschichte künftig stärker in den Mittelpunkt zu rücken – mit dem 9. Mai. Doch damals fegten demokratiebegeisterte Bürger eine korrupte Elite hinweg. Das sollte den Roten eigentlich zu denken geben.

    _ Lea Schneider kommt aus Baden-Württemberg und absolviert derzeit ein Praktikum in der COMPACT-Redaktion.

    Großer Ruhm und tragische Momente: In COMPACT-Geschichte „Schicksalstage der Deutschen“ erinnert Historiker Jan von Flocken an die wichtigsten Daten unserer Historie – von Karl dem Großen bis zum Fall der Mauer. Gehört in jeden deutschen Haushalt. Hier bestellen.

    Kommentare sind deaktiviert.