Als im vergangenen Jahr der Missbrauchs-Skandal um Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein hohe Wellen schlug, gehörte sie zu den prominentesten Klägerinnen: Asia Argento. Jetzt wirft ihr ehemaliger „Schützling“ dem Star ebenfalls Missbrauch vor. Frau Argento bestreitet den Vorwurf.

    _ von Robert Weber

    Die Tochter des Horror-Kultregisseurs Dario Argento wurde als Darstellerin in dessen Filmen wie „Das Stendhal Syndrom“ (1996) bereits als Teenager zum Star. 1997 begegnete der Produzent Harvey Weinstein der 22jährigen in Cannes und soll sie dort, in seinem Hotelzimmer, zum Oralverkehr gezwungen haben. Weinstein bestreitet den Vorfall. Später habe es allerdings einvernehmlichen Sex zwischen beiden gegeben. Wobei Asia Argento das „Einvernehmen“ ihrerseits mit Angst vor Karrierezerstörung begründete (Sie hatte inzwischen in Weinsteins Thriller „B.Monkey“ gespielt).

    Drei Jahre nach diesem Vorfall drehte die junge Italienerin ihren autobiographischen „Scarlett Diva“ (2000): Darin versucht ein Filmproduzent die junge Diva im Hotel zu verführen, indem er Interesse an ihrem Drehbuch heuchelt. In letzter Sekunde kann sie dem gierigen Zugriff des Moguls entfliehen. Im Zuge der Weinstein-Outings und #Metoo-Kampagne erklärte Argento im vergangenen Jahr, dass diese Szene eine Anspielung auf die Weinstein-Begegnung, eine Verarbeitung des mit ihm Erlebten sei.

    Jetzt ist Frau Argento allerdings – laut einem Bericht der New York Times – selbst als Täterin aufgeflogen. Opfer soll ihr Schauspiel-Schützling Jimmy Bennett gewesen sein. Mit ihm hatte sie ihre zweite Regiearbeit realisiert: „The Heart Is Deceitful Above All Things“ (2004) über eine drogenabhängige Stripperin, die ihren siebenjährigen Sohn schlägt und auf den Strich schickt. Künstlerisch ist dieser Film ein Meisterstück: Selten wurden sexuelle Ausbeutung und emotionale Abhängigkeit mit solch eisiger Klarheit in Szene gesetzt.

    Für den damals siebenjährigen Jimmy war Frau Argento weit mehr als eine Regisseurin: Sie war ihm auch Mutterersatz und Mentorin. Sie selber sprach im Interview von einer „Mutter-Kind-Beziehung“. Als sie ihn, zehn Jahr darauf, also 2013, im kalifornischen Hotel Ritz-Carlton (in Marina del Rey) wiedertraf, soll Asia Argento ihn mit Alkohol abgefüllt, geküsst, aufs Bett geworfen und Oralsex an ihm verübt haben. Anschließend hätte sie sich auf ihn gelegt und mit Verkehr gehabt.

    Jimmy Bennett und Asia Argento im Hotel. Screenshot: Instagram

    Da im U-Bundesstaat Kalifornien geschlechtliche Handlungen erst ab dem 18. Lebensjahr zulässig sind, hätte sie sich selbst bei einvernehmlichem Sex strafbar gemacht. Dass Jimmy Bennett sie allerdings nicht als Liebespartnerin begriff, zeigt sein Tweet, den er einen Monat später postete: „Vermisse dich, Mama!!!!“

    Natürlich haut Bennetts Anwalt auf die Pauke: Argentos Übergriffshandlung hätten seinen Mandanten derart traumatisiert, dass als Folge dessen Arbeitsfähigkeit – und damit auch sein berufliches Einkommen – eingeschränkt seien. Der Fall wurde außergerichtlich mit 380.000 Dollar Schweigegeld beendet.

    Weinsteins Anwalt betonte, dass diese Einigung parallel zu Frau Argentos öffentlichen Attacken gegen seinen Mandanten lief, Das zeige ein „atemberaubendes Level an Scheinheiligkeit von Asia Argento.“ Noch im Frühjahr forderte sie bei einer Rede in Cannes Ächtung und Ausschluss des Hollywood-Produzenten.

    Sie selber streitet Jimmy Bennetts Vorwürfe ab. Gestern sagte sie: „Ich dementiere und weise den Inhalt des von der New York Times veröffentlichten Artikels, der in den internationalen Medien zirkuliert, zurück. Sie sei über diese „absolut falschen“ Nachrichten „zutiefst schockiert“. Sie bezeichnete die Berichterstattung als „Verfolgung“.

    Auch hier gilt freilich wie im Fall Wienstein: Das können Medien nicht entscheiden. Das ist allein Sache der Anwälte. Argentos Mitstreiterinnen aber, die bei dem Filmproduzenten keine Gnade kannten, lernen jetzt andere Maßeinheiten kennen: Rose McGowan, eine der härtesten Weinsteinkriterinnen, mahnt im Falle von Argento: Niemand wisse, was genau passiert sei, was noch herauskomme: „Seid behutam!“

    Eine weitere Weinstein-Kriterikerin, Rosanna Arquette orakelt: „Trauma erzeugt Trauma“ Also ist Weinstein auch an diesem Mißbrauch schuld, weil er Frau Argento zuvor mißbraucht hat?… #Meetoo-Begründerin Tarana Burke sorgt sich, dass die jüngsten Berichte das Ziel erfolgten, ihre glorreiche Bewegung zu diskreditieren. Keiner ruft zum Boykott ihrer Filme auf. Keiner fordert den Herausschnitt ihrer Szenen aus fertigen Filmen.

    Und das soll hier auch nicht nachgeholt werden! Der Mensch ist ein Tier – das wissen wir spätens seit De Sade. Wann immer seine Outbreaks auffliegen, müssen Gerichte über Ausmaß und Reparationszahlung entscheiden. Mehr geht nicht. Die #metoo-Welle hat eine Fiktion zur Grundlage: Danach ist nur ein Teil der Menschen (der weiße Mann) „tierisch“, der andere (Frauen) hingegen gut und leidend.

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    Natürlich muss so ein Blödsinnskonstrukt einstürzen. Selbstverständlich haben auch viktimisierte Engel ihre Keller voller Leichen. Manche #metoo-Aktiistin fordert jetzt auch Männer auf, sich als Missbrauchs- und Gewalt-Opfer zu outen. Das wird lustig. Die Folge dürfte ein Opferwettbewerb werden: Deutschland sucht das Superopfer. Preis: der Opfer-Oscar.

    Fazit: Ich, der Autor dieses Textes, bleibe weiterhin Asia Argento-Fan. Außerdem zieh ich mir weiterhin Filme aus dem Hause Weinstein rein. #Metoo? – Fuck you!

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