Schon zum zweiten Mal wurden die Wähler in diesem Jahr in Israel an die Urnen gerufen – und erneut haben sie keinen eindeutigen Regierungsauftrag erteilt. Der amtierende Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte für den Fall seines Sieges die Annexion von Teilen des Westjordanlands und Hebrons angekündigt, aber sich auch damit keine eindeutige Mehrheit sichern können.
Die Regierungsbildung in Israel bleibt auch nach den gestrigen Parlamentswahlen schwierig. Diese mussten angesetzt werden, da nach der letzten Wahl im April dieses Jahres keine Koalition gebildet werden konnte.
Bündnis „Blau-Weiß“ ist keineswegs „Mitte-Links“
Nach der Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmen werden sowohl der Likud-Partei Netanjahus wie auch dem Parteienbündnis Blau-Weiß jeweils 32 von 120 Sitzen in der Knesset vorhergesagt.
In deutschen Medien wird die Liste Blau-Weiß (Kachol-Lavan), zu der sich erst am 21. Februar dieses Jahres zwei der wichtigsten israelischen Oppositionspolitiker des Landes zusammenfanden, nämlich der frühere israelische Generalstabschef Benny Gantz sowie der frühere TV-Moderator und Finanzminister Jair Lapid, absurderweise unter dem Etikett „Mitte-Links“ einsortiert.
Auf inhaltlicher Ebene unterscheidet Gantz dabei gar nicht so viel von Netanjahu. Er will weder die jüdischen Siedlungen in den Palästinensergebieten antasten noch die Golanhöhen an Syrien zurückgeben noch eine Teilung Jerusalems akzeptieren. Er kann sich „Präzisionsschläge“ gegen die Hamas, die Hisbollah und den Iran vorstellen. Sein im Wahlkampf immer wiederholtes Mantra lautet, dass im Nahen Osten nur die Starken überleben.
Unterscheiden will er sich von Netanjahu vor allem durch eine saubere Regierungsführung ohne Korruption und Vetternwirtschaft, nicht aber durch große politische Kursänderungen. Die israelische Linke, die in den Anfangsjahrzehnten nach der Staatsgründung eine wichtige Rolle spielte, ist mittlerweile nur noch ein Schatten ihrer selbst.
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Vor den Wahlen im Frühjahr stellte selbst Jochen Stahnke in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung fest, dass es in Israel einem „politischen Todesurteil“ gleichkommt, als „Mann der Linken“ bezeichnet zu werden. Deshalb versuchte Netanjahu auch schon, die Liste Blau-Weiß trotz ihrer äußerst konservativen Positionen als „schwache linke Partei“, wie er auf Twitter erklärte, darzustellen.
Forderte Netanjahu Geschenke ein?
Auf Netanjahu lastet eine Anklage wegen Bestechlichkeit, Betrugs und Untreue, die die israelische Generalstaatsanwaltschaft im Februar dieses Jahres erhoben hat. Insbesondere die Anklage wegen Bestechlichkeit wiegt schwer, sie kann einen gewählten israelischen Volksvertreter bis zu zehn Jahre in Haft bringen. Mehr als 20 israelische Staatsanwälte haben drei Jahre zu insgesamt drei Komplexen der Korruptionsaffäre ermittelt.
In dem als „Fall 1.000“ bezeichneten Komplex geht es um Geschenke in Form von teuren Zigaretten, Schmuck oder Champagner im Wert von 250.000 Euro, die Netanjahu teilweise von seinen Gesprächspartnern sogar eingefordert haben soll, um im Gegenzug deren geschäftliche Interessen in Israel zu fördern.
In „Fall 2.000“ geht es um siebenstündige Tonaufnahmen, die der Staatsanwaltschaft vorliegen, und die beweisen sollen, dass Netanjahu dem Verleger der auflagenstarken Zeitung Jedi’ot Acharonot wirtschaftliche Vorteile versprochen haben soll, falls dieser die in seiner Publikation geübte Kritik an ihm drosseln würde.
Im „Fall 4.000“ geht es um einen ähnlichen Vorgang. Nach seiner Wiederwahl im Jahr 2015 hatte Netanjahu in Personalunion auch noch das Kommunikationsministerium übernommen. In dieser Funktion habe Netanjahu dem Eigentümer des Telekommunikationsunternehmens Bezeq Vorteile in dreistelliger Millionenhöhe verschafft, damit dieser im Gegenzug auf dem Netzportal Walla, einer Tochter des Unternehmens, für eine positive Berichterstattung über ihn sorgen sollte, so der Vorwurf der israelischen Generalstaatsanwaltschaft.
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Die Einflussnahme Netanjahus auf die Berichterstattung von Walla soll laut der Anklageempfehlung der Ermittler so weit gegangen sein, dass er phasenweise „täglich interveniert“ und Mitsprache bei der Einstellung von Journalisten gefordert habe. Der israelische Premier reagierte gelassen auf die Vorwürfe und versprach seinen Anhängern, dass die Vorwürfe gegen ihn „wie ein Kartenhaus“ zusammenbrechen würden.
Avigdor Lieberman ist wieder Königsmacher
Allerdings müsste er weiter Ministerpräsident bleiben, um ein ihm auf den Leib geschneidertes Gesetz durchzubringen, das ihn vorerst vor einem Prozess schützt. Um eine Koalition zu bilden, wäre er erneut auf den „Königsmacher“ Avigdor Lieberman und dessen säkular-nationalistische Partei Israel Beitenu angewiesen, die laut aktuellen Hochrechnungen neun Sitze in der Knesset gewonnen hat.
Lieberman hatte zuletzt aber die Sondierungsgespräche im Frühjahr zu Fall gebracht, weil er keinen weiteren Ausnahmenregelungen zustimmen wollte, die ultraorthodoxe Juden von der Ableistung ihres Wehrdienstes schützen. Schon im vergangenen Jahr war er als damaliger Verteidigungsminister wegen des Waffenstillstandes mit der Hamas im Gaza-Streifen aus dem Kabinett des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu ausgetreten und hatte die Regierung so zu Fall gebracht.
Israel steht also erneut vor einer enorm schwierigen Regierungsbildung. Laut einer neuesten Hochrechnung, die heute Vormittag veröffentlicht wurde, kommt der rechts-religiöse Block Netanjahus auf 56 Sitze in der Knesset und hätte damit dort eine denkbar knappe Mehrheit von einem Sitz.